Juni

Rapid gewinnt überraschend gegen ideenlosen LASK [Spiel-Analyse]

Der Linzer ASK hatte längere Ballbesitzphasen und kontrollierte das Spiel mehr als der SK Rapid Wien, konnte sich aber nur weniger Chancen erspielen. Die Wiener hatten zwar kaum Offensivaktionen, konnten jedoch mit einer starken Defensivleistung und einem Aufbaufehler des LASK das Spiel mit 1:0 für sich entscheiden.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Nach dem 4:0 Sieg gegen den SK Sturm Graz veränderte der SK Rapid Wien die Startformation auf einigen Positionen. Zudem wechselte Didi Kühbauer auf eine 5-2-3-Formation, um in der Defensive gegen den LASK mannorientiert agieren zu können. Ercan Kara, der im Winter vom SV Horn in die Hauptstadt wechselte, begann bei seinem Startelfdebüt in der Sturmspitze. Stephan Auer sowie Srdjan Grahovac bekamen seit einigen Partien wieder eine Chance in der Startformation. Bei den Linzern gab es nur zwei Veränderungen in der Startelf. Andres Andrade kam zu seinem dritten Bundesligaeinsatz und ersetzte, im Vergleich zum Spiel gegen den WAC, Rene Renner von Beginn an. Petar Filipovic startet in der linken Innenverteidigung anstatt Christian Ramsebner.

Rapid presste, im Vergleich zum Heimspiel gegen Sturm Graz, viel höher und setzte die Linzer schon früh in ihrem Aufbau unter Druck. Kara leitete mehrmals den Spielaufbau des LASK mit einem Bogenlauf auf den inneren Innenverteidiger auf eine Seite. Dadurch kam es zum Pressingtrigger, der ein Pass auf den äußeren Innenverteidiger, der daraufhin von Stefan Schwab oder Kelvin Arase angelaufen wurde, oder ein Pass auf den Außenspieler der Linzer war. Durch den Formationswechsel agierten die Wiener in diesem Spiel im Pressing mannorientiert. Das heißt, dass die drei Offensivspieler jeweils für die drei Abwehrspieler der Gastgeber zuständig waren und auch das Mittelfeld deckten ihren direkten Gegenspieler.

Üblicherweise pressten die Linzer den Gegner auch hoch an und ließen Rapid ihren Spielaufbau kaum flach gestalten. Der Unterschied zwischen den beiden Mannschaften war, dass das Pressing beim LASK ein wenig intensiver war und auch der Deckungsschatten der vordersten Reihe besser benützt wurde. Das heißt, dass Dominik Frieser, Marko Raguz und Husein Balic die kurzen Passoptionen für den ballführenden Innenverteidiger in ihren Rücken stellten und der Gegner hatte somit geringere Passmöglichkeiten.

 

Der dribbelnde Innenverteidiger als Aufbaulösung

Der LASK agierte im Spielaufbau mit einer flachen Dreierkette. Da die Gäste aus Wien sehr hoch pressten und dies auch gut funktionierte, wurde die Linzer Innenverteidiger immer wieder gezwungen, hohe Bälle nach vorne zu schlagen. Zwar spielten die Gastgeber auch gegen tiefstehende Gegner absichtlich hohe Bälle, um daraufhin mit dem zweiten Ball die Unordnung des Gegners auszunutzen, jedoch hatten sie auch Phasen, in denen sie versuchten das Pressing flach zu überspielen. Vor allem die erste Pressinglinie wurde einige Male versucht, mit flachen Lösungen zu überbrücken. Da vertikale Pässe aus der ersten Aufbaulinie kaum ankamen, begannen die Innenverteidiger in 1-gegen-1-Situationen zu gehen oder das Anlaufen des Gegners auszunutzen, um in frei geöffneten Raum vor sich hineinzudribbeln. Wie zum Beispiel in der 18. Minuten. (Abbildung 1)

Abbildung 1: Trauner überspielte die erste Pressinglinie mit einer Mitnahme in den freien Raum

Gernot Trauner bekam von Philipp Wiesinger den Ball. Der Kapitän wurde daraufhin von Kara in einem Bogen angelaufen. Durch den Bogenlauf des Rapid-Stürmers öffnete sich kurz ein Raum hinter der ersten Pressinglinie. Kara lief den Innenverteidiger so an, um den rechten Abwehrspieler in den Deckungsschatten zu stellen. Diesen freien Raum nützte Trauner auch aus und mit der Mitnahme überspielte er den Stürmer und dribbelte dort hinein. Durch dieses Andribbeln ergaben sich mehrere Passoptionen für den Innenverteidiger, weil bei Rapid eine Unordnung entstand und ein Spieler aus seiner Position herausrücken musste, um den ballführenden Innenverteidiger zu attackieren. Nun war mindestens ein Linzer Spieler, wegen dem mannorientierten Pressing, nicht mehr gedeckt und diente als Passmöglichkeit. In einigen Szenen kam es nach dem Andribbeln auch zu einem hohen Ball hinter die gegnerische Abwehr.

Allerdings nutzten die Linzer nicht nur das Andribbeln in den freien Raum um die erste Pressinglinie zu überspielen. Die Innenverteidiger gingen auch oft in 1-gegen-1_Situationen und spielten den Offensivspieler der Wiener aus. Solche  Situationen kamen vor allem nach einem Seitenwechsel über die Dreierkette vor. Das heißt, dass der LASK die Gegenspieler mit kurzen Kombinationen zunächst auf eine Seite in den ballnahen Raum lockten und daraufhin über die Innenverteidiger die Seite wechselten. Nach dem Seitenwechsel spielten die Innenverteidiger mit einem Dribbling den Gegner aus und versuchten dann mit einem diagonalen flachen Pass den ballfernen Halbraum zu bespielen. Durch das Verschieben des Gegners und die gewonnene 1 gegen 1 Situation öffnete sich der Raum für einen diagonalen Pass. Mit dem diagonalen Zuspiel überbrückten die Linzer noch dazu das Mittelfeld und gelangen so in das letzte Drittel. Wie zum Beispiel in der 40. Minute. (Abbildung 2)

Abbildung 2: Wiesinger spielte nach der gewonnenen 1 gegen 1 Situation einen diagonalen Ball auf Michorl.

Wiesinger bekam nach einem flachen Seitenwechsel über die zwei anderen Innenverteidiger den Ball von Trauner. Der Abwehrspieler wurde von Schwab angelaufen, allerdings öffnete der Rapid-Kapitän durch sein Anlaufen den Weg in die Mitte. Mit seinem zweiten Kontakt dribbelte Wiesinger diagonal in die Mitte und überbrückte so die erste Pressinglinie. Daraufhin spielte er einen diagonalen Pass auf Peter Michorl, der sich gut in den Halbraum bewegte und somit nun auch das Mittelfeld überspielte. In der Anschlussaktion spielte Michorl auf Andrade, der eine Flanke in die Mitte schlug.

 

Mangelnde Strafraumszenen in der 1. Halbzeit

Beide Mannschaften pressten von Beginn an hoch an und setzten den Gegner früh unter Druck. So kam es sowohl von den Linzern als auch von den Grün-Weißen immer wieder zu hohen Bällen. Zwar versuchten beide einige Male die Mittelfeldspieler flach anzuspielen, jedoch waren die Gegenspieler so nah dran, dass beinahe immer der Ball prallen gelassen und daraufhin hoch nach vorne geschlagen wurde. Da die hohen Bälle nicht immer genau waren, kam es bei beiden Mannschaften ständig zu einem Ballverlust und einem Ballbesitzwechsel. Somit erspielten sich in der ersten Halbzeit weder Rapid Wien noch der LASK Chancen. Erst in den zweiten 45 Minuten hatten die Linzer noch mehr Kontrolle über das Spiel und konnten sich auch in das letzte Drittel hineinkombinieren. In der zweiten Hälfte hatten sie auch viel längere Ballbesitzphasen in der gegnerischen Hälfte, taten sich aber dennoch schwer in den Strafraum zu kommen und hatten nur ein paar Schüsse aus der Distanz, die aber Tobias Knoflach ohne Probleme halten konnte.

Rapid versuchte besonders über die Umschaltmomente Torchancen zu kreieren, aber war nach den Ballgewinnen zu hektisch, um die Unordnung der Linzer auszunutzen. Viele Bälle gingen wieder verloren, weil einige Spieler nach einer Balleroberung unbedingt den tiefen Pass spielten und dieser oft ungenau war oder abgefangen wurde.

 

Wie gewann jedoch der SK Rapid Wien?

Das Spiel endete mit einem 1:0 für die Grün-Weißen. Doch wie? Der LASK hatte mehr Ballbesitz und kontrollierte beinahe die ganzen 90 Minuten das Spiel und kreierten vor allem in der zweiten Hälfte einige Abschlussmöglichkeiten. Rapid Wien leistete sehr gute Arbeit in der Defensive und ließ die Linzer kaum in den Strafraum. Der Gastgeber hatte nur vier Schüsse im Strafraum. Im Vergleich zum Spiel gegen den WAC hatten die Linzer 14 Abschlüsse im Sechzehner. Zudem waren viele der gesamten Abschlüsse auch nicht in gefährlichen Situationen. Das bedeutet, dass die Wiener die Gastgeber hervorragend von ihrem Sechzehner fernhalten konnten. Das hohe Pressing spielte zudem eine wichtige Rolle bei diesem Sieg, da der LASK kaum flache kontrollierte vertikale Pässe in den Halbraum oder in den Zwischenlinienraum der Abwehr und dem Mittelfeld spielen konnte.

Zwar konnte sich Rapid kaum Chancen nach Umschaltsituationen erspielen, allerdings nutzten sie, nach einem Aufbaufehler von Wiesinger, der im Spielaufbau direkt zu Taxiarchis Fountas spielte, den Patzer aus und erzielten das einzige Tor in dieser Partie.

 

Fazit

Beide Mannschaften spielten viele hohe Bälle, um das Pressing des Gegners zu überspielen. Da die hohen Zuspiele nicht immer genau waren, kam es immer wieder zu einem Ballbesitzwechsel. Die Linzer hatten zudem große Probleme in der zweiten Halbzeit den Ballbesitz im letzten Drittel richtig auszunutzen, um Torchancen zu kreieren. Sie hatten kaum Ideen, um im Strafraum zum Abschluss zu kommen. Nach dieser Niederlage ist der LASK nun auf dem vierten Tabellenplatz und bereits elf Punkte hinter dem FC Red Bull Salzburg.

Zwar gewann Rapid Wien und hat nun drei Punkte Vorsprung auf den dritten Platz, jedoch sollten die Fans der Grün-Weißen so einen Sieg mit vorsichtig genießen. Rapid zeigte einerseits eine gute defensive Leistung, anderseits kam es zu beinahe keiner richtig-erspielten Offensivaktion. Im Ballbesitz und auch in vielen Umschaltsituationen haben die Wiener noch große Probleme. Besonders mit dem Ball müsste sich der SK Rapid Wien um einiges verbessern.

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