Österreich in Israel ohne defensive Stabilität [Spiel-Analyse]

Nach einer guten Anfangsphase und dem Führungstreffer konnten die Österreicher nicht nachlegen und kassierten noch vor der Pause zwei Gegentreffer. In der zweiten Hälfte reagierte zwar Franco Foda,die versprochene defensive Stabilität konnte aber nicht gefunden werden.

Eine Spiel-Analyse von Simon Goigitzer

 

Die österreichische Nationalmannschaft begann in einer 5-1-2-1-1 Formation. Peter Zulj, der als Zehner agierte, schob im Pressing auch einige Male auf die Höhe von Marko Arnautovic. So ergab sich manchmal auch ein 5-3-2. Man übte die meiste Zeit ein Mittelfeldpressing aus. Nur in gewissen Situationen, wie bei einem schlechten Zuspiel im Aufbau der Gastgeber, presste man höher und versuchte weiter vorne den Ball zu gewinnen. Arnautovic versuchte den Spielaufbau von Israel auf eine Seite zu leiten, um dann den Gegner auf der Seite in einem engen Raum zu attackieren. In der Offensive wurde die Formation zu einer Dreierkette mit einer Raute im Mittelfeld. Die Außenverteidiger standen sehr breit und schalteten sich auch meistens in den Angriff mit ein. Wie zum Beispiel beim Führungstreffer der Österreicher. (Abbildung 1)

Abbildung 1: Wechselpass von Baumgartlinger

Israel schob sehr stark auf die ballnahe Seite und so war es für Julian Baumgartlinger möglich, einen diagonalen Wechselpass auf den breit postierten Valentino Lazaro zu spielen. Der Hertha-Legionär entschied sich dann nicht für eine Flanke, sondern für einen horizontalen Pass auf Zulj am Sechzehner, der dann für Arnautovic auflegte. Im Ballbesitz konnte man durch vertikale Zuspiele von Martin Hinteregger auf den Zehner oder Achter auch öfters mehrere Linien überspielen. Man ließ dann auf einen nachrückenden Mitspieler prallen und spielte danach auf den Flügel. Dadurch konnten meistens gleich zwei Pressinglinien der Gegner überspielen.

Auch die Israelis, die in einer 5-3-2-Formation spielten, versuchten den Halbraum mit vertikalen Pässen zu bespielen. Vor allem direkt nach Ballgewinn probierte man schnell nach vorne zu spielen und unbesetzte Räume der Österreicher auszunutzen. Einige Minuten nach dem Führungstreffer der Österreicher kam Israel besser in das Spiel und hatte auch immer mehr Ballbesitz im letzten Drittel. Die Gäste hingegen kamen kaum noch in defensive Zweikämpfe und auch im Ballbesitz kam es zu vielen Fehlern.

Fehlerhafte Entscheidungen im Ballbesitz und kaum Chance

Im eigenen Ballbesitz kam es zu Entscheidungen vom Ballführenden, die oft nicht passend waren für die jeweilige Spielsituation. Zu oft verloren die Österreicher den Ball in der gegnerischen Hälfte und gaben dadurch Israel eine Chance zum kontern oder man schoss den Ball hoch nach vorne. Wie zum Beispiel in der Situation von Abbildung 2.

Abbildung 2: Ball wird von Hinteregger hoch nach vorne geschossen, obwohl eine kurze Anspielstation frei ist.

Baumgartlinger bekam den Ball am Flügel und wurde von drei Spielern attackiert. Er merkte, dass er unter Druck stand und spielte somit einen Pass auf Hinteregger. Der gegnerische Stürmer verfolgte den Pass und versuchte den Innenverteidiger zu attackieren. Der Stürmer aus Israel lief den Augsburg-Legionär direkt an ohne einen Spieler auch in den Deckungsschatten zu stellen. Hinteregger schoss in dieser Situation den Ball hoch nach vorne, obwohl die Möglichkeit bestand einen Pass auf Aleksandar Dragovic zu spielen. Dragovic hätte dann auch die Möglichkeit gehabt einige Meter anzudribbeln, da er viel Platz vor sich hatte. So kam Israel wieder in Ballbesitz. Auch die Szene in der Abbildung 3 ähnelt der vorherigen. Der Ball wurde wieder hoch nach vorne geschossen, obwohl eine kurze Anspielstation (Maximilian Wöber) frei gewesen wäre.

Abbildung 3

Auch im Umschaltverhalten in der Offensive traf man nicht die passenden Entscheidungen und verlor auch da wieder den Ball an Israel. Vor allem gab es Situationen, in denen man noch in der eigenen Hälfte beim Umschalten den Ball verlor und so den Gastgebern eine Konterchance schenkte. Wie zum Beispiel als Zulj am eigenen Sechzehner den Ball erobern konnte (Abbildung 4).

Abbildung 4: Nach Ballgewinn wird der Ball wieder verloren

Nachdem der Anderlecht-Legionär den Ball in einem Zweikampf gewann, dribbelte er einige Meter nach vorne. Marcel Sabitzer und Xaver Schlager liefen dabei in die Tiefe und versuchten eine Anspielstation für einen tiefen Pass zu sein oder Gegner auf sich zu ziehen. Zulj wurde  von einem Gegenspieler, der gleichzeitig Schlager in den Deckungsschatten nahm, attackiert. Der Mittelfeldspieler entschied sich für den Pass zu Schlager, der dann abgefangen wurde und Israel hatte den Ball in der Nähe vom österreichischen Tor wieder erobert. Zulj hätte in dieser Situation passendere Entscheidungen treffen können. Die Erste wäre ein Chipball auf Arnautovic gewesen. Dadurch hätte man die erste Gegenpressinglinie überspielen können und der Stürmer hätte durch sein starkes Zweikampfverhalten den Ball behaupten und danach auf aufrückende Mitspieler passen können. Auch gäbe es die Möglichkeit auf den rechten Flügel zu Lazaro zu spielen, der auch durch eine Vorwärtsbewegung anspielbar gewesen wäre.

Allerdings schaffte man es auch nicht im letzten Drittel passende Entscheidungen zu treffen, um zu wirklich vielen gefährlichen Torabschlüssen aus dem Spiel zu kommen. Vor allem nach der Umstellung von Foda und der Einwechslung von Marc Janko kam es vermehrt zu hohen Bällen. Eine halbe Stunde vor dem Schluss kam es zu dem Doppelwechsel und eine Formationsänderung bei den Österreichern. Man spielte nun in einem 4-4-2, was aber in der Offensive eher zu einem 4-1-2-1-2 wurde. Das heißt, dass die Raute im Mittelfeld blieb, aber man spielte mit eher breiteren Achtern und auch mit einer Viererkette. Besonders frühe Flanken häuften sich, obwohl der Strafraum meist nur von den zwei Stürmern besetzt war.

Abbildung 5: Verfrühte Flanke, obwohl nur ein Stürmer im Strafraum ist.

Beispielsweise eine verfrühte Flanke von Zulj (Abbildung 5). Der zentrale Mittelfeldspieler bekam den Ball und versuchte auf Arnautovic zu flanken. Der österreichische Stürmer war der einzige im Strafraum und wurde auch noch von zwei Gegenspielern gedeckt. Eine passendere Option wäre ein Pass auf den hinterlaufenden Andreas Ulmer gewesen. Durch den Pass hätte man auch den Offensivspieler mehr Zeit gegeben sich in den Strafraum zu bewegen und für einen Stanglpass zu positionieren. Der Außenverteidiger hätte mehr Anspielmöglichkeiten gehabt. Auch gab es weitere Situationen, in denen man viel zu früh flankte. (Abbildung 6)

Abbildung 6: Flanke aus dem Halbfeld

Schlechtes Defensivverhalten

Beim ersten Gegentreffer ließ sich die Abwehr und das Mittelfeld sehr weit zurückdrängen und sie standen gemeinsam am Sechzehner. Beram Kayal wurde nicht richtig unter Druck gesetzt und konnte immer wieder einen Pass zum Stürmer probieren. Nachdem der Ball nicht richtig geklärt wurde, konnte Israel den rechten Flügel bespielen. Eli Dasa wurde von Ulmer nicht schnell genug attackiert und so konnte der Außenverteidiger ohne wirklichen Druck flanken. Eran Zahavi kam danach vor Hinteregger zum Kopfball, da sich der Innenverteidiger nur auf den Ball konzentrierte und nicht mehr auf den Gegner schaute. Der zweite Gegentreffer war aus einer Standardsituation. Es gab keine richtige Zuteilung und so rannten mehrere Spieler nach der Flanke allein auf das Tor zu. Zahavi schoss das 2:1, jedoch waren auch Mitspieler hinter ihm komplett frei die das Tor hätten machen können. Das 3:1 entstand durch einen Weitschuss von Zahavi (Abbildung 7)

Abbildung 7: Das 3:1 von Zahavi

Dasa bekam am Flügel den Ball und konnte in die Mitte ziehen. Der Außenspieler wurde von Ulmer nur „begleitet“ und nicht wirklich attackiert. Daraufhin konnte er ein horizontaler Pass auf Zahavi spielen. Baumgartlinger schaute sich per Schulterblicke nicht um und sah auch nicht, dass sich der israelische Stürmer aus dem Deckungsschatten bewegte. Nach dem der Pass gespielt wurde, setzte man den gegnerischen Offensivspieler auch nicht schnell genug unter Druck, sodass er aus 20 Metern in das Kreuzeck abschließen konnte.

 

Fazit

Die österreichische Nationalmannschaft verliert das zweite Spiel der Euro-Qualifikation. Zwar konnte man schnell in Führung gehen, jedoch machte man zu viele Fehler im Ballbesitz und kreierte nicht viele Chancen aus dem Spiel heraus. Auch in der Defensive machte man Gruppentaktisch und individuell mehrere fehlerhafte Entscheidungen, die Israel gut ausnützte. Zudem war die Umstellung von Foda auf das 4-4-2 war nicht sehr effektiv, da der Ball dann vermehrt hoch gespielt und eher auf Glück gehofft wurde, als kontrolliert nach vorne zu spielen.

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