Diese Offensiv-Probleme muss Österreich in den Griff bekommen [Spielanalyse]

Die österreichische Nationalmannschaft hatte in den vergangenen Länderspielen vor allem Probleme im letzten Drittel und konnte in weiterer Folge daher zu wenig Torabschlüsse generieren.

Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

Österreich konnte das letzte Nations-League-Spiel gegen Nordirland gewinnen, hatte aber gegen den tiefstehenden Gegner Probleme, zu Abschlüssen zu kommen. Danach spielte man gegen Dänemark in einem Freundschaftsspiel und verlor mit 0:2. In beiden Spielen und auch zuvor gegen Bosnien und Schweden agierte man mit verschieden Aufstellungen. Gegen Dänemark gab es aus österreichischer Sicht nur ein Schuss aufs Tor. Sobald man in das letzte Drittel kam, passierten zu viele Fehlpässe oder die Zuspiele waren auch viel zu ungenau (siehe Bild 1).

In einem Umschaltmoment bekommt Marcel Sabitzer den Ball in der Mitte von Luis Schaub. Jedoch war der Pass zum Leipzig-Legionär unsauber, sodass er ein wenig Tempo herausnahm. Dadurch hatte der Gegenspieler mehr Zeit, ihn unter Druck zu setzen. Dann versuchte Sabitzer einen diagonalen Chipball über die Abwehr zu Guido Burgstaller, der aber abgefangen wurde. Auch wenn der Pass angekommen wäre, hätte sich der Stürmer gegen drei Dänen durchsetzen müssen, da sie in dieser Zone in Überzahl waren.

Eine andere Möglichkeit wäre einen Pass zu Valentino Lazaro auf die rechte Seite gewesen. Lazaro hätte nicht nur in eine 1-gegen-1 Situation dribbeln können, sondern wäre auch in einer guten Position gewesen, um zu flanken oder auf das Tor zu ziehen, da der Innenverteidiger der Dänen einen sehr großen Abstand zum Außenverteidiger hatte. Allerdings war  Sabitzers Blick eher nur auf die linke Seite fokussiert und fand den Chipball eine bessere Lösung. Einige Minuten später kommt es aber zu einer ähnlichen Situation, in der Lazaro den Ball bekam und sich durch sein Dribbling Platz für eine Flanke verschaffte. Auch in der nächsten Szene wurde ein Pass gespielt, der zu einem unnötigen Ballverlust führte.

In der Situation hat Schaub den Ball und spielte einen Lochpass zu Sabitzer. Jedoch kommt der Ball zu ungenau und Dänemark hatte danach wieder Ballbesitz. Wenn Schaub den Pass nicht gespielt und ein wenig gewartet hätte, gäbe es genug Raum, um nach innen zu Alessandro Schöpf zu spielen, der danach zum Abschluss hätte kommen können. Sabitzer sprintete in die Tiefe und machte damit drei Gegenspieler auf sich aufmerksam, die sich durch ihn ein wenig fallen ließen. Durch diesen Lauf öffnete er Schaub den Raum vor dem 16er, der jedoch nicht genützt wurde. Es gab auch andere Situationen, in denen der Pass in die Mitte, die besser Lösung gewesen wäre.

Nach einer Balleroberung bekam Schöpf den Ball, musste aber abdrehen, da er nach vorne keine Anspielstation hatte und er unter Druck gesetzt wurde. Danach spielte er den Pass zu Florian Kainz. Der Bremen-Legionär konnte zwar mit einer Verlagerung die Seite wechseln, jedoch hätte sich Stefan Ilsanker durch einen Lauf nach vorne anbieten können. Mit einem Pass von Schöpf in den Raum vor Ilsanker hätten sie nicht nur das Mittelfeld überspielt, sondern Ilsanker hätte mit Tempo auf die 4er-Kette der Dänen zu dribbeln können. Der Leipzig-Legionär schaute zwar vor dem Pass auf Kainz auf den rechten Flügel, sieht aber entweder den Raum nicht vor sich oder er erwartete schon den Pass auf den Flügel und blieb zur Absicherung in der Mitte. Jedoch hätten auch Schöpf oder Kainz zur Absicherung dienen können, falls Ilsanker den Pass bekommt und in ein Dribbling geht. Auch gegen Nordirland gab es eine ähnliche Situation, in der Ilsanker nicht angespielt wurde.

Andreas Ulmer hatte den Ball am Flügel und spielte einen vertikalen Pass zu Marko Arnautovic, der direkt zu Sabitzer weiterspielen wollte. Allerdings wurde der Pass abgefangen. Auch in dieser Situation gab es die Möglichkeit Ilsanker anzuspielen. Er sieht zwar den freien Raum vor sich, aber bietet sich zu langsam und zu spät an. Der Außenverteidiger setzt schon zum Pass zum West Ham–Legionär an und erst dann kommt das Zeichen vom zentralen Mittelfeldspieler für einen mögliches Zuspiel. Durch den Lauf von Arnautovic und Sabitzer öffnete sich mehr Raum für Ilsanker, da sie zwei gegnerische Mittelfeldspieler aus der Mitte herausziehen, aber der in dieser Situation wieder nicht benützt wurde.

 

Diagonalität fehlt

Durch die Verletzung von David Alaba durfte Ulmer die letzten Länderspiele von Beginn an starten. Nicht nur der linke Außenverteidiger, sondern auch Stefan Lainer spielen bei Red Bull Salzburg sehr viele flache Diagonale Pässe in die Spitze. Meistens sind die Bewegungen von Munas Dabbur oder Takumi Minamino perfekt geeignet. In der Nationalmannschaft fehlte es dazu noch ein wenig. Wie im Spiel gegen Nordirland kam Ulmer in eine Situation, in der ein diagonal Ball eine gute Lösung gewesen wäre.

Ulmer hatte den Ball am linken Flügel und starte ein Dribbling Richtung Tor. Österreich spielte in einem 4-4-2 und beide Stürmer (Arnautovic und Burgstaller) ließen sich auf die gleiche Seite fallen. Nachdem der England-Legionär nicht gleich den Ball bekam, bot er sich nicht mehr richtig an und ließ Ulmer mit dem Ball weiterlaufen. Arnautovic hätte einen diagonalen Lauf in die Mitte starten und dadurch auch durch einen Pass vom Außenverteidiger auf die gegnerische Abwehr dribbeln können. Zudem zieht Burgstaller zwei Gegenspieler mit sich und schuf damit mehr Raum für seinen Stürmerpartner. Jedoch musste Ulmer die Linie entlang spielen. Auch im Spiel gegen Dänemark gab es eine Situation, in der Ulmer einen diagonalen Pass hätte spielen können, Burgstaller sich jedoch aber nicht anbot.

Der Außenverteidiger hatte am Flügel wieder den Ball und wurde dabei von der Seite attackiert. Der diagonale Pass wäre möglich gewesen, jedoch bot sich Burgstaller nicht an und blieb im Deckungsschatten vom Innenverteidiger. Falls der Stürmer kurz gekommen wäre, hätte er mit dem ersten Kontakt auf den hinterlaufenden Mitspieler passen können, der dann die Möglichkeit hätte, zu flanken.

 

Was kann Österreich in den nächsten spielen besser machen?

Die österreichische Nationalmannschaft sollte vor allem im mittleren Drittel aktiver sein, um den Übergang in das letzte Drittel besser zu ermöglichen. Oft gab es Situationen, in denen die Außenspieler keine Anspielstationen in der Mitte hatten, obwohl es genug freien Raum gab.  Noch dazu sollten sie auch nicht immer den Pass zum ersten in die Tiefe sprinteten Mitspieler spielen, sondern auch den Raum nützen, den der Lauf aufreißt. Außerdem sollten sie die Stärken der spielaufbauenden Verteidiger nutzen. Wie zum Beispiel die diagonalen Pässe in die Spitze von Ulmer oder Lainer, die oft bei Salzburg gespielt werden, um die Mittelfeldlinie zu überspielen.

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