Österreich Brasilien nicht nur individuell, sondern auch taktisch unterlegen [Spielanalyse]
Österreich zeigte eine durchwachsene Leistung und Brasilien ist sehr gut.
Eine Spielanalyse von Alex Belinger
Teamchef Franco Foda veränderte seine Startelf vom 2:1-Sieg in Klagenfurt gegen Deutschland nur an zwei Positionen. Im Tor bekam Heinz Lindner gegenüber Jörg Siebenhandl den Vorzug. Im offensiven Mittelfeld bekam Xaver Schlager an Stelle von Peter Zulj seine Chance. Die bisher erfolgreiche 3-4-2-1-Grundformation wurde also beibehalten. Brasiliens Teamchef Tite verzichtete so kurz vor Beginn der Weltmeisterschaft auf Experimente und stellte die seiner Meinung nach beste Elf auf. In dieser Elf hat Barcelonas Paulinho einen Platz im Dreiermittelfeld und Manchester Citys Gabriel Jesus kommt als Mittelstürmer zum Einsatz während Robert Firmino nur auf der Bank Platz nehmen darf. Grundformation Brasiliens ist ein 4-3-3.
Brasilien verteidigt zu stark
Das Spiel begann zunächst relativ ausgeglichen. Österreich versuchte wie üblich im 3-4-2-1 das Mittelfeld zu überladen, dazu positionierten sich Schlager und Schöpf in den Halbräumen zwischen den Linien. Baumgartlinger und Grillitsch blieben relativ nah am Dreieraufbau und sorgten für gute Anbindung an den Flügel. Immer wieder konnten die beiden Sechser ihre Pressingresistenz zeigen und enge Situationen gut auflösen.
Der Spielaufbau fokussierte sich in der ersten Spielhälfte vermehrt auf die rechte Angriffsseite. Dies ist eher ungewöhnlich, da normal der Aufbau über die linke Seite fokussiert wird, wo sich mit Alaba der eigentlich stärkere Flügelverteidiger und mit Hinteregger der spielstärkste der drei zentralen Verteidiger befindet. Doch da Paulinho und Willian etwas höher pressten als Neymar und Coutinho, wurde der Aufbau immer wieder auf die rechte Seite geleitet. Dies war jedoch kein Problem, da Lainer erneut eine sehr gute Leistung zeigte. Er verzichtete Großteils auf die für ihn typischen Diagonalpässe, welche man von Salzburg kennt, nahm weniger Risiko im Passspiel und traf auch unter Druck fast immer die richtige Entscheidung. Er brachte viele Bälle zurück ins Zentrum zu Baumgartlinger oder Grillitsch, welche dann einige Verlagerungen auf Alaba spielten. Dieser hatte auf der linken Außenbahn recht viel Platz zur Verfügung und nutzte diesen vor allem für frühe Hereingaben in den Strafraum Richtung Marko Arnautovic.
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Brasiliens Formation im Pressing wechselte zwischen einem 4-3-3 und einem 4-1-4-1. Häufig blieb die Sturmreihe mit Neymar, Gabriel Jesus und Willian im Spiel gegen den Ball auf einer Höhe, was zum Versperren von zentralen Räumen und einer guter Ausgangsposition für das Umschalten auf die Offensive führte. Dahinter schafften es Casemiro, Paulinho und Coutinho ganz gut, zu dritt das Vierermittelfeld von Österreich zu verteidigen. Dazu blieben die beiden Achten zunächst zwischen gegnerischem Sechser und Zehner positioniert und rückten ballnah aus ihrer Position heraus. Schöpf und Schlager konnte trotz des guten Aufbaus von Hinteregger und Prödl nur wenig aus ihren Positionen im Zwischenlinienraum machen. Doch die österreichischen Offensivspieler hatten generell ihre Probleme, denn die brasilianische Abwehr zeigte sich extrem stark in der Endverteidigung, spielte äußerst souverän und abgeklärt.
Österreich mit mutigem Pressing
Aus dem 3-4-2-1 wurde beim Spiel gegen den Ball ein 5-4-1 mit pendelnder Viererkette. Die Höhe des Pressing variierte und Phasen mit tiefem Mittelfeldpressing wechselten sich mit teils extrem hohen Offensivpressing ab. Interessant war schon das Pressing bei Abstößen von Torhüter Alisson. Franco Foda ließ diese nicht nur hoch zustellen, sondern verteidigte über den ganzen Platz hinweg manndeckend, womit eine 3vs3-Situation ohne Absicherung an der Mittellinie entstand. Dies funktionierte meistens auch, da lang gespielte Bälle von den Österreichern abgefangen wurden. Wurde flach aufgebaut, dann konnte durchaus einer der Mittelfeldspieler, speziell Paulinho, freigespielt werden.
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