Uruguay fehlte gegen Frankreich die Durchschlagskraft im Umschaltspiel

Die Franzosen gewannen gegen die ohne ihren Startstürmer Edinson Cavani angetretenen Uruguayer mit 2:0. Den Südamerikanern fehlte am Ende die Durchschlagskraft in Umschaltspiel, welche sie bisher im Turnier ausgezeichnet hatte.

Eine Spielanalyse von David Goigitzer

 

Die südamerikanische Raute gestaltete sich als sehr flexibel and und zeigte dabei viele Vorteile. Im Ballbesitz hatte der rechte Achter bei Uruguay Nandez immer wieder die Möglichkeit die Breite situativ zu besetzen, um eine Ausweichstation für die eigenen Außenverteidiger zu sein. So bildeten sich immer wieder asymmetrische 4-3-3-Staffelungen, die den Vorteil der 2v2-Situationen am Flügel gegen das französische 4-4-2-Pressing hatten, aber eben auch die Möglichkeit weiterhin das Zentrum mit drei Spielern und somit numerischer Überlegenheit zu besetzen. Aus dieser Staffelung versuchten die Südamerikaner mit viel Direktheit und Intensität nach vorne zu kommen. Da jedoch mit Cavani ein wichtiger Mann fehlte, der die richtigen Räume anläuft und für andere öffnet, stockte das Vorwärtsspiel der Mannschaft von Oscar Tabarez.

Dass die Raute auch in der Defensive sehr wirksam sein kann, zeigte uns die ganze Saison über Red Bull Salzburg. Die Dichte im Zentrum wussten die Uruguayer gut zu nutzen. Aus dieser kompakten Position heraus wurde immer wieder intensiv gepresst, die Franzosen kamen nur mit großen Problemen in die Mitte. Selbst der sehr schnelle Mbappé wurde auf den Flügeln öfters aufgehalten indem Achter Vecino immer wieder gemeinsam mit dem linken Außenverteidiger Laxalt den Jungstar doppelte. Die zentrumslastige Formation half ihnen ebenfalls enorm im Gegenpressing. Die Südamerikaner hatten kurze Wege nach Ballverlust und zeigten sich in ihrer gesamten Spielanlage geprägt von Intensität, sodass es an jener nach Ballverlust ebenfalls nicht fehlte.

Kollektiv starke Franzosen

Die Franzosen zeichneten sich einmal mehr über individuelle Qualität im Sturm und über Stabilität dahinter aus. Mbappé agierte wie zuvor schon etwas breiter, während Griezmann den Zehnerraum und Giroud das Sturmzentrum besetzte. Giroud komplementierte die gesetzten Griezmann und Mbappé perfekt, war er doch Gegnerbinder und stetige Anspielstation für Ablagen. So konnten die zwei pfeilschnellen Stürmer immer wieder in von ihm gerissene Löcher starten. Die Uruguayer verteidigten den Raum dahinter jedoch gut und zogen sich immer sehr schnell zusammen, weshalb die Franzosen es öfters über Spielverlagerungen suchten. Dort hatte man stets dynamische Spieler, die mit Hereingaben für Gefahr sorgen konnten. Immer wieder bewegte sich Giroud klug im Strafraum, sowie auch Tolisso lauerte auf der zweiten Stange und brachte einmal nach einer Flanke den Ball per Kopfballablage gefährlich zurück in den Strafraum. Aus dieser guten Chance jedoch konnten die Franzosen kein Kapital schlagen.

Das französische 4-4-2-Pressing musste sich aufgrund der asymmetrischen 4-3-3-Staffelung der Uruguayer besonders kompakt im Zentrum, jedoch auch besonders aggressiv auf den Flügeln zeigen. Diese zwei „Hauptschlachtfelder“ der Südamerikaner behaupteten die Franzosen mit hoher Intensität und konnten dem sehr physisch angelegten Spiel der Uruguayer mit ihren eigenen physisch starken Spielern wie Tolisso, Kanté, Pogba, Umtiti und Varane entgegensetzen. In der Defensive agierten die Franzosen organisiert, legten aber eben auch die nötige Aggressivität gegen den Ballführenden an den Tag. Nicht nur individuell, sondern auch kollektiv. Diese Kollektivität hatte sie zuvor noch nicht derart ausgezeichnet in diesem Spiel zeigte die Equipe Tricolore jedoch ein anderes Gesicht. Ein klareres, saubereres Gesicht mit klarer, wenn auch nicht überm#ßiger Überlegenheit. Vor allem Varane zeigte eine starke Partie, rückte immer wieder mit perfektem Timing heraus und hinderte Suárez daran dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Im Mittelfeld ragte auch einmal mehr Kanté defensiv heraus, der ebenfalls ein gutes Timing beim Rausattackieren zeigte. Er nutzte immer wieder den Umstand, dass der Zehnerraum bei Uruguay unbesetzt blieb und die Stürmer bei Umtiti und Varane in guten Händen waren, um aggressiv auf den Ballführenden herauszupressen. Er wusste, dass der Raum hinter ihm nicht bespielbar war und so errang er einige Male den Ball.

Frankreich klarer und gefährlicher

Die EM-Finalisten von 2016 waren nicht drückend überlegen, in ihren Angriffs- sowie Defensivaktionen aber klarer und auch gefährlicher. Zwar war gerade in Halbzeit eins die Qualität der Chancen auf beiden Seiten nicht überaus groß, jedoch konnte die von Didier Deschamps trainierte Mannschaft öfters in Situationen rund um das gegnerische Tor kommen, in denen ein sauberer Abschluss von hoher Wahrscheinlichkeit war. Durchbrüche an der seitlichen Strafraumgrenze und abgeblockte Hereingaben, sowie in letzter Sekunde von den geborenen Innenverteidigern Gimenez und Godín abgefangene und geklärte Pässe in die Tiefe waren das Damoklesschwert des Gegentores, das über Uruguay hing. Es brauchte eine Standardsituation in der 40. Minute, die Varane für Frankreich zum 1:0 köpfelte. Die Freistoßflanke, getreten von Antoine Griezmann, brachte er im Tor unter, nachdem er sich großartig mit einer Täuschung von seinem Manndecker gelöst hatte.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit war es aber Uruguay, das sich die Chancen herausspielte. Meist kam man jedoch nur über Flügelüberladungen hinter die Kette und brachte von weit außerhalb des Strafraums Hereingaben. Zentralere Durchbrüche waren seltener, und dies war dahingehend problematisch, als dass die Franzosen in der Endverteidigung äußerst stabil sind und mit Suárez nur eine wirkliche Waffe sich im Strafraum befand. In Minute 61 erhöhte Griezmann sogar auf 2:0, als sein Schuss von Torwart Muslera schwach geblockt wurde und er den Ball ins eigene Tor leitete. Die Uruguayer versuchten weiterhin mit hoher Intensität und Direktheit nach vorne zu kommen, weshalb durchaus der Anschlusstreffer in der Luft lag. Diese Intensität äußerte sich jedoch dann auch in Streitereien mit dem Gegner. Jene brachten die Südamerikaner nicht weiter, und so stand es am Ende 2:0 für Frankreich.

 

Frankreich eliminierte einen starken Gegner, der jedoch vor allem daran litt, dass sein zweiter Starstürmer fehlte. Cavanis Verletzung war ein herber Schlag für das uruguayische System. Zwar schafften es die Südamerikaner öfters durch viele Flanke mehr oder weniger gefährliche Situationen zu kreieren. Jedoch fehlte es an eben dieser Star-Qualität, die auch schwierig zu verwertende Hereingaben und Situationen in Tore ummünzt.

 

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