Scouting vor dem Fernseher

Liest man sich die Transferlisten durch, so bekommt der geneigte Beobachter den Eindruck, Sportdirektoren pfeifen auf's Scouting und schauen nur fern.

Ein Kommentar von Georg Sander

 

Die Austria verpflichtete in diesem Sommer mit Vorliebe (ehemalige) Sturm-Kicker, Rapid fiel nicht mehr ein, als sich zwei Grazer zu schnappen. Auch der SK Sturm will nun ein Veilchen holen, Kevin Friesenbichler ist ein Kandidat für die Alar-Nachfolge. Hier geht es nicht drum, dass Kicker von kleineren Vereinen zu größeren gehen, wie etwa Pink vomn Mattersburg zu Sturm oder beinahe eine gesamte Admiraelf nach Wien. Das ist ein Bäumchen-wechsel-dich-Spielchen, das sich zwischen direkten Konkurrenten abspielt.

Natürlich gibt es für jeden Transfer eine Geschichte und es ist das gute Recht der Wiener Austria, Spieler zu holen, die kommen wollen. In der Vergangenheit gab es ebenfalls ein reges Wechselspiel, vor allem zwischen Graz und Wien. Selbst wenn die drei Klubs finanziell doch einiges trennt, so gelten sie ja doch als die zweite heimische Riege nach Red Bull Salzburg. Aber rechtfertigt das die vielen Transfers untereinander?

 

Fernsehscouting ist teuer

Jetzt will man natürlich keinem Klub vorwerfen, dass man aus Prinzip nicht scoutet. Aber es ist dann schon etwas komisch, wenn die genannten drei Klubs Spieler übersehen, die quasi vor der Haustür kicken. Christoph Monschein etwa wurde der Admira von der Austria abgekauft, obwohl er 2014/15 und 2015/16 eine beachtliche Torquote für Ebreichsdorf hatte, in der Landesliga 27 Treffer in 29 Spielen, in der Ostliga bis zum Transfer nach Maria Enzersdorf acht in 16 Spielen. Das Potential von Christoph Knasmüllner war nie ein Geheimnis, den schnappte sich aber die Admira, ehe er via Barnsley bei Rapid landete. Nicht gratis, logischerweise. Und Sturms Markus Pink, immerhin ablösefrei, wäre öfters zu holen gewesen. Jetzt ist er 27 und der Weiterverkaufswert ist wohl eher gering, das Gehalt teurer als vor ein paar Jahren. Klassisch auch andere Fälle. Oder Sasa Kalajdzic! Der Admira-Kicker wäre ohne seiner Verletzung ebenfalls ein Kandidat für die genannten Vereine. Er zeigte schon 2014/15 und 2015/16 in der Ost- und Stadtliga auf. Aufgefallen ist das wieder nur den Südstädtern. Wäre kein Wunder, wenn er in den nächsten Transferperioden um eine nette Ablöse bei einem größeren Klub landet. Mathias Honsak ist vielleicht aus so ein Fall. Er war in der Austria-Jugend, kickte 2012/13 schon als 16-Jähriger in der Stadtliga. Geschnappt haben ihn sich die Bullen.

Sind das die richtigen Signale?

Apropos Red Bull Salzburg. Die grasen den heimischen Talentemarkt bekanntlich ab. Dass sie sich viele Talente sichern können, liegt aber auch an den anderen Klubs. Ein Dominik Stumberger war beispielsweise in der Sturm-Jugend. Neo-Lieferinger David Schnegg kickte 2017/18 noch in der Tiroler Liga, wechselte nun von Wattens nach 15 Kampfmannschaftseinsätzen zu Liefering. Natürlich ist es attraktiv für junge Kicker, doch nicht einmal alle Youth League-Sieger schafften es nach oben! Bei den anderen Klubs müssen einfach bessere Angebote her. Vertrauen in junge Kräfte, das herrscht in Hütteldorf, Favoriten oder Graz nicht immer. Sonst hätte ein Sandi Lovric mit mittlerweile 20 und trotz Bundesligadebüts 2014/15 wohl nicht erst jetzt den Durchbruch geschafft, dann wäre der Fall Wöber Regel, nicht Ausnahme. Weitere Beispiele kennt jeder Fan selber.

 

Weil man die beiden Punkte nicht ordentlich hinbekommt, muss man eben nehmen, was man bekommt - und im Fernsehen sieht.

 

>>> Nächste Seite: Traum 2. Deutsche Bundesliga: Was aus Österreichs Transfers wurde