Red Bull Salzburg scheitert gegen Lazio Rom mehr an sich selbst [Spielanalyse]

Lazio Rom gewinnt das Hinspiel im Europa League-Viertelfinale gegen Red Bull Salzburg mit 4:2 und schafft sich eine gute Ausgangslage. Die Bullen ließen dabei vor allem defensiv viel vermissen.

Von Georg Sander

 

Natürlich ist Lazio Rom eine ganz andere Hausnummer als Real Sociedad oder Borussia Dortmund, denn die Römer befinden sich als Tabellenfünfter der Serie A mehr in Form als die vorherigen Gegner aus Spanien und Deutschland. Dennoch lag die verdient hohe Niederlage im Stadio Olimpico nicht nur am klugen Gegner. Das illustrieren einige Daten: So war es die erst zweite Pflichtspielniederlage für Red Bull Salzburg in dieser Saison. Drei Gegentreffer kassierten die Bullen zuletzt am 29. September 2016 gegen Schalke, vier Gegentore kassierte man am 9. November 2014 (!) in Altach. Zwischen diesem 1:4 in Vorarlberg und dem gestrigen 2:4 liegen 176 Spiele, in denen gegen Teams wie Villarreal, Schalke, Krasnodar, Nizza oder Marseille und den beiden KO-Gegnern dieser Saison nie vier Gegentore hingenommen werden mussten. Was deuten diese Zahlenspiele an? Dass es eben nicht nur am starken Gegner lag, dass man verlor, sondern eben auch am eigenen Unvermögen. Gestartet wurde alles in den gewohnten Formationen, also 3-5-2 bei Lazio, 4-4-2 mit Raute bei Salzburg.

 

Offensives Lüftchen

Bevor wir uns der Defensive widmen, soll die Offensive abgehandelt werden. Gemäß expected Goals ergibt sich ein Wert von 2,5 zu 0,5 plus dem Elfmeter. Gemessen an der Chancenqualität ist das Ergebnis also vertretbar. Salzburg kreierte einfach nicht genug Chancen, um ein Remis zu erzielen. Die Römer konnten die Angriffe der Bullen gut auf die Flügel lenken, von wo durch die Dreierabwehrkette wenig Gefahr zu erwarten war – so wie es Salzburg über weite Strecken gegen Dortmund und La Real klug gemacht hatte. Man legte wie so oft einen zu hohen Fokus auf die linke Seite, auch wenn Dabbur und Gulbrandsen öfters durch Seitenwechsel Überrsaschungsmomente zu genererieren versuchten. Der starke Zentralblock mit drei Innenverteidigern und gut einem gut verschiebenden Vierermittelfeld verunmöglichte aber die sonst so gefährlichen Kombinationen in den 16er. Dabei setzte Lazio auf das, was schon vor dem Spiel bekannt war. Man stand mit drei bis vier Spielern hoch, zwischen der Mittellinie und dem letzten Drittel, zwang die Gäste zu langen Bällen, dazu eine gute Portion Härte. Wenn man so will, schlug man die Bullen hierbei weitgehend mit den eigenen Waffen. Allerdings hatten auch schon andere Gegner versucht, mit Pressing den Salzburgern die Schneid abzukaufen. Bis zum 2:2 kann man sagen, dass die Gäste damit halbwegs gut zurecht kamen. Hinten postierte sich Lazio dann ein tiefer 3-4/3-5-Block. Die Szene vor dem Elfer illustriert die Lenkung auf die Seite, das Zustellen der Mitte sowie die Überzahl in der Defensive.

 

Simone Inzaghi hatte also genau hingesehen und verlegte sich vor allem drauf, Xaver Schlager und Valon Berisha weitgehend aus dem Spiel zu nehmen. Die weiten Kreise des Neo-ÖFB-Teamspielers wurden von dem erwähnten Block gut gestört, Berisha musste das Spiel sehr oft sehr tief aufbauen, um die erste Pressinglinie zu überspielen, wo er dann, siehe später, auch immer wieder zu Fehlern gezwungen wurde. Der Elfer mag sich nun als Geschenk anfühlen, aber es war zum einen ein Foul, zum anderen bringen sich die Bullen eben oft in Situationen, in denen derartige Szenen provoziert werden. Die Österreicher schossen zudem wieder zwei Tore, was für Europacup-Auswärtsspiele ein guter Wert ist. Die Probleme lagen ohnehin in der Defensive.

 

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Defensive Zuordnungsprobleme

Die Hausherren gingen mit dem jeweils ersten Schuss aufs Tor nach Anpfiiff und Pause in Führung. Das Momentum war gewissermaßen auf ihrer Seite, auch wenn man sich nach dem Elfer ungerecht behandelt fühlte und ungestüm und ungeordnet agierte. Das erste Tor fühlte sich an wie ein Tor, das Lainer oftmals Dabbur selbst auflegt. Das erste Gegentor kann man vielleicht ein bisschen aus der Rechnung rausnehmen. Lazio begann wie schon Real Sociedad oder der BVB stark. Hierbei muss erwähnt werden, dass auch die beiden anderen KO-Gegner durchaus einige Chancen vorfanden. La Real schoss 15 Mal aufs Tor, Dortmund 13 Mal, Lazio 15 Mal, jeweils zu mindestens 60 Prozent innerhalb des Strafraums. Zudem hatten jeweils die Spanier und die Deutschen früh in den Heimspielen gute Chancen auf den Führungstreffer, nun gelang er eben den Italienern. Die Rose-Elf braucht stets ein bisschen, um ins Spiel reinzufinden. Fällt dann das Gegentor, geht man mit einer Hypothek ins Spiel. Und auch wenn beide Gegentreffer letztlich egalisiert werden konnten, zeigen sie grundsätzliche Probleme in der Defensivordnung an diesem Tag. Denn statt wie in den zwei vorangegangenen KO-Duellen die Seiten aufzudoppeln und abzusichern, zog es ausgerechnet Valon Berisha viel zu oft in die Mitte oder ganz wo anders hin. Die Gegentreffer Andreas Ulmer umzuhängen, ist also viel zu kurz gedacht. Bei beiden Toren wird er von seinen Mitspielern alleine gelassen.

 

 

 

Ramalho und Caleta-Car hatten immer wieder Probleme haben, die Ordnung zu halten. Wenn es dann schnell geht, wird es schwierig. Das betrifft übrigens nicht nur dieses Spiel, war auch schon zuvor in den EC-Spielen so. Beim 3:2 etwa verlor man in der Gesamtheit die Ordnung.

 

Bitter für die Bullen war, dass man kurz nach dem dritten Gegentor den Römern wieder in Person von Dabbur einen Umschaltmoment gönnte, der dann so gut wie gar nicht mehr verteidigbar war.

 

Salzburg einfach defensiv schwach

Marco Rose war die Enttäuschung nach dem Spiel ins Gesicht geschrieben. Über die Defensive meinte er:„Es ist einfach schade, dass wir in dem Bereich heute nicht am Limit waren und dadurch vier Tore kassiert haben.“ Es hätten in weiterer Folge freilich noch ein, zwei mehr sein können, wohingegen die Möglichkeiten auf ein drittes Auswärtstor sehr eingeschränkt vorhanden waren. Um im Rückspiel bestehen zu können, braucht es in erster Linie vor allem eine bessere Defensivleistung. Wie gesagt, dass man auswärts wieder zwei Tore schießt, egal wie diese zustande kommen, ist beachtlich. Wie nah Erfolg und Misserfolg letztlich zusammen hängen, zeigt sich aber schon am 3:2. Wäre Berisha hier einen Schritt schneller gewesen, hätte er Anderson mit einem Gelbfoul stoppen können und wer weiß, wie Lazio dann reagiert hätte.

 

So bleibt am Ende ein Gegner, der sich auf seinen Stärken ausruhen konnte und im Grunde nicht mehr gezeigt hat, als das, was vor dem Spiel bereits bekannt war. Im Heimspiel gibt es sicherlich noch Chancen, auch wenn die Ausgangslage sehr schwierig ist. Marco Rose muss sich nun etwas einfallen lassen, die Defensive der Gegner vor eine große Aufgabe zu stellen. Es braucht jetzt einen Sieg mit zwei Toren Unterschied oder mehr sowie nicht mehr als zwei Gegentore. Zudem ist man gezwungen, umzustellen.

 

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