Spiel-Analyse Austria gegen Milan: Gute Idee, schlampige Ausführung

Die Austria verliert gegen AC Milan wie im Hinspiel mit 1:5. Dabei waren die Ideen von Thorsten Fink eigentlich brauchbar. Die stärkere individuelle Klasse und die schlampige Ausführung ermöglichten aber einen weiteren deutlichen Sieg der Italiener.

Von David Goigitzer

 

Die Austria startete mit einer 4-1-4-1 Formation, wobei bis zur Führung Dominik Prokop als rechter Flügel eine höhere Rolle hatte und somit der Formation Asymmetrie gab. Im Pressing agierten die Austrianer im tiefen Mittelfeld und störten die Mailänder nicht beim frühen Spielaufbau. Mannorientierungen nahm man situativ auf, im Laufe der Spielzeit wurden die Gegner immer weiträumiger verfolgt. Im Ballbesitz versuchte die Austria mit direktem Spiel zum Erfolg zu kommen. Direkt nach Ballgewinn suchte man Christoph Monschein mit hohen Bällen, Prokop als zusätzlich etwas höher agierender Akteur sollte Unterstützung bieten, was sich jedoch kaum wirklich realisieren ließ. In der etwas ruhigeren Ballzirkulation, die man weder selten zustande bekam, noch scheinbar wirklich suchte, wandte man wie immer Positionswechsel an. Auch das Herauskippen von Raphael Holzhauser auf links, sowie eher selteneres Abkippen von Tarkan Serbest gab es zu beobachten.

Abbildung 1: Austrias asymmetrisches 4-1-4-1 Pressing, mit höherem Prokop und manndeckendem Alhassan.

Die Mailänder verteidigten in einem 5-3-2/4-4-2 Hybrid. In tieferen Zonen und durch Mannorientierungen tendierte man deutlicher zur Fünferkette, während man im höheren Mittelfeld- und Angriffspressing in einem mannorientierten 4-4-2 agierte und sofort Zugriff auf die Aufbauspieler der Wiener suchte. Im Balbesitz stellte man eine 3-4-1-2 Formation her mit einem nach links fokussierten, aber frei beweglichen, Calhanoglu, Biglia im Zentrum und Kessié als etwas höher agierendem rechten Achter. Mit geduldiger, flacher Ballzirkulation suchte man Flügeldurchbrüche, nach Kombinationen Wingback-Achter-Stürmer, was anfangs überhaupt nicht gelang, jedoch im Verlaufe des Spiels besser wurde. Fokussiert wurde auf Flanken, den Strafraum besetzte man dynamisch mit der Doppelspitze, dem dazukommenden Calhanoglu und dem ballfernen Wingback.

 

Abbildung 2: Pires wechselte oft die Position, was ihn anspielbar macht.

Austrias tiefes Zustellen

Die Austria formierte sich in einem asymmetrischen, tiefem 4-1-4-1 Mittelfeldpressing, in dem Prokop auf dem rechten Flügel höher agierte und ein Anspiel auf Zapata verhindern und die Mailänder auf ihre rechte Seite leiten sollte. Diese wussten dies jedoch mit hohen Verlagerungen auf den linken Wingback Rodriguez zu umgehen. Eine höhere Position Prokops konnte auch zu einer extra Anspielstation für Konter sorgen. Prokops Fähigkeiten unter Druck und seine hohe Geschwindigkeit sind eine gute Ausgangslage dafür. Die Austria übte in der gegnerischen Hälfte nur sehr vereinzelt Druck aus, meist nach Rückpässen auf die Dreierkette. Ansonsten orientierte man sich zurück und versuchte die eigene Hälfte zu beschützen, tat dies jedoch nicht in hohem Tempo, weshalb die Mailänder diese Passivität mit schnellen Angriffen nutzen konnten.

Zwar gab es auch Mannorientierungen, aber die tiefe Stellung erhöhte die Kompaktheit auf natürliche Weise, weshalb man sagen darf, dass sich die Austria dahingehend implizit verbessert hat. Weiträumig wurden die Gegner nicht verfolgt, wenngleich man doch immer wieder gegenspielersuchend agierte und im Zweifelsfalle auch immer eher der Mann als der Passweg „gedeckt“ wurde. Im Laufe des Spiels führte das dann immer mehr zu Problemen, da Milan öfter Positionen tauschte, Austria-Spieler mitzog und lokal für Löcher und Unkompaktheiten sorgte. Der generelle Mannschaftsverbund der Veilchen bliebt damit aber meist kompakt. Vor allem aber Alhassan hatte Schwierigkeiten zu entscheiden, wann und wie weit er seinem Gegenspieler folgen durfte, er ließ sich am öftesten von allen Austrianern vom Ball wegziehen. Wobei hier auch die Vermutung vorliegt, dass er Manndecker von Calhanoglu war, da er ihn teilweise bis in die letzte Linie verfolgte. 

Wenig Druck auf den Ball

Problematisch war, dass man sich wie bereits erwähnt, sehr passiv verhielt und nur selten Druck auf den Ballführenden ausübte. Vor allem im Zentrum konnten Biglia auf der zentralen Sechs, Musacchio als rechter Halbverteidiger und Bonucci als Innenverteidiger immer wieder Andribbeln und viel Raum gewinnen. Die Austria hat, über die Saison gesehen, zwei verschiedene Herangehensweisen gezeigt: „mannorientiert, unkompakt und zugriffssuchend“ oder „mitspielerorientiert, kompakt und zugriffslos“. Beide Varienten haben ihre Vor- und Nachteile. Vor allem das Problem der Kompaktheit bei ersterer Variante, oder der fehlende Zugriff bei zweiterer, sind jedoch nicht zwingend nötig und könnten durchaus beseitigt werden.

In den ersten Minuten wirkte das Austria-Pressing recht stabil. Das Mittelfeld stand eng zusammen und versperrt die Mitte, ließ Milan dadurch auf die Flügel spielen. Zwar orientierten sich die Austrianer doch noch am tornächsten Gegenspieler, verfolgten diesen jedoch nicht weiträumig. Sie rückten jedoch, wie bereits erwähnt, auch nicht aus ihren Positionen auf, um Druck auf den Ballführenden zu machen. Die Veilchen agierten sehr passiv und ließen Milan recht einfach nach vorne kommen, beschränkten dies jedoch auf die Flügel. War der Ball beim Wingback, schob zuerst Pires auf links nach, um ihn unter Druck zu setzen, während Salamon absicherte und kurze, unterstützende Anspielstationen versperrte. Holzhauser kam dann auch dazu und so konnte man Rückpässe erzwingen. In Minute sechs konnte man so einen Ball gewinnen und einen 3-gegen-4 Konter fahren, der jedoch nichts einbrachte.

 

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