Mit taktischer Variabilität zum Youth-League-Sieg

Red Bull Salzburg holte sich mit einem 2:1-Sieg gegen Benfica Lissabon den Youth-League-Sieg. Das Team von Marco Rose zeichnete sich in dieser Saison vor allem durch eine unglaublich hohe taktische Variabilität aus. Eine Taktik-Analyse von David Goigitzer

Die Salzburger zogen sensationell ins Finale ein, dort traf man auf die U19 des portugiesischen Tradtionsklubs Benfica. Mit nur zwei Tagen Pause (eigentlich fahrlässige Körperverletzung seitens der UEFA) mussten beide Teams antreten. Die Salzburger haben jedoch ein kompetentes Trainerteam, das die Belastung wohl bestmöglich zu meistern wusste. Dies wurde einmal mehr deutlich, als die Salzburger ihr kraftraubendes Spiel beibehalten und sich den Youth League Titel sichern konnten.

 

Benficas Ballbesitz auf Stabilität fokussiert 

Die Portugiesen traten in einer 4-2-3-1 Formation im Ballbesitz an und waren deutlich direkter im Ballvortrag veranlagt als die bisherigen Salzburg Gegner. Dies zeigte sich im verstärkten Fokus von langen Bällen. Die Portugiesen spielten den Abstoß stets hoch und weit, generell spielte Torhüter Duarte eher hohe Bälle auf den Flügel oder den Halbraum, gesucht wurden hier die Flügelstürmer Félix und Filipe. Wurde dann doch mal flach im ersten Drittel gespielt, kamen die beiden Sechser Florentino und Fernandes sehr tief, um die auffächernden Innenverteidiger zu unterstützen und Anspielstationen zu bieten. Hierbei wurde jedoch die Verbindung zum Zehner Goncalves sehr schwach, da dieser meist deutlich höher blieb als die zwei Sechser. Dies führte dann oftmals dazu, dass der Aufbau recht früh und simpel auf den Außenverteidiger verlegt wurde, dessen Optionen beschränkt waren.

 

Fokussiert wurde vor allem die rechte Seite der Portugiesen mit Außenverteidiger Buta, der viel Unterstützung von Rechtsaußen Félix, sowie Zehner Goncalves bekam. Zur Absicherung dieses Rechtsfokus rückte Linksverteidiger Araujo immer wieder weit mit ein und besetzte den ballfernen Halbraum in der Kette, sodass Buta hoch schieben konnte und oftmals höher als die eigenen Sechser agierte. Benfica formierte sich also zu fünft im Zentrum und wollte sich so für Ballverluste absichern. Zudem hatte man so gute Chancen um zweite Bälle zu gewinnen. Die hohen Bälle im Aufbau von Duarte kamen eben meist auf die rechte Seite, wo zugeschoben und um die zweiten Bälle gekämpft wurde. Dies tat man jedoch nur mit einer begrenzten Anzahl von Spielern, der Fokus auf Risikominimierung war groß bei den Portugiesen. Die Sechser blieben meist hinter dem Ball und sprangen nur selten aus ihren Positionen vor der Abwehr, sodass man Angriffe der Salzburger, wenn sie den zweiten Ball gewannen, zumindest auf die Seite leiten konnte. Dort kam es dann immer wieder zu Duellen und auch Direktpässen entlang der Linie nach möglichem Ballgewinn. Dies führte zu vielen Einwürfen auf diesem Flügel, die Benfica Schritt für Schritt erlaubten ihre Angriffe vorzutragen.

 

Flügelangriffe waren sowieso das beliebteste Mittel von Benfica. Die recht breite Ausgangsposition von Félix und Filipe wurde genutzt, um sie in Situationen mit etwas Zeit und Raum zu bringen. Von dort wurden dann Dribblings fokussiert. Vor allem Filipe zeigte seine starke Ballbehandlung, gepaart mit Schnelligkeit. Eine flache Hereingabe in Minute 13 hätte fast für die Führung der Portugiesen gesorgt. Ballfern sprintete Félix dynamisch in den Strafraum und schloss von dort ab. Der Salzburger Torhüter Zynel konnte den Ball jedoch noch zur Ecke abwehren. Auch die Rolle von Stürmer Gomes war recht simpel ausgewählt: Der bullige Stürmer pendelte primär horizontal, versuchte die Abwehr der Salzburger so weit wie möglich nach hinten zu drängen und den Block der Mozartstädter vertikal auseinander zu ziehen. Zudem war er Zielspieler für einige lange Bälle, wich also immer wieder weit mit auf die Flügel aus, versuchte Kopfballduelle zu gewinnen oder im Idealfall Bälle festzumachen und Ablagen auf nachrückende Mitspieler, primär die offensive Dreierreihe, zu spielen. Wichtig waren ebenfalls Halbraumsprints, die genutzt wurden um entweder Platz für Dribblings oder für Verlagerungen zu schaffen.

Ein Umschalt-Spiel 

Dass für Red Bull das Gegenpressing, sowie das Kontern ein sehr wichtiger und fokussierter Teil der Spielphilosophie ist, ist wohl mittlerweile allseits bekannt. Doch auch die U19 von Benfica arbeitete stark mit den auf Englisch sogenannten „transitions“, nur auf eine andere Art und Weise. Deswegen entwickelte sich das Umschalten zum Kernaspekt dieser Partie.

 

Beide Mannschaften bereiten sich bereits im Ballbesitz auf einen Ballverlust vor. Salzburg macht dies unter anderem durch die Formation und generelle Raumaufteilung. Durch die Raute in der Zentrale hat man eine geometrische Diagonalität in der Formation, sowie viele Dreiecke für die Ballzirkulation. Im Ballbesitz halten die Jungbullen immer recht enge Distanzen zueinander, um zum einen Kurzpässe zu spielen, zum anderen aber auch nach Ballverlust kurze Distanzen zum Gegenpressen zu haben. Dieses Gegenpressing vollstreckt man kollektiv und mit hoher Geschwindigkeit. So soll die Unordnung des Gegners nach gerade erlangtem Ballgewinn für Gegenkonter genutzt werden, oder der Gegner zumindest an einem erfolgreichen Konter gehindert werden.

 

Haben die Salzburger erstmal den Ball gewonnen, versuchen sie über flache Diagonalpässe schnell zu kontern. Hierbei spielt wieder die Formation eine große Rolle, da man leicht aus der generellen Ausgangsposition im Pressing diagonale Anspielstationen kreieren kann. So gut wie nie wird ein Ball unkontroliert nach vorne geschlagen, stets ist eine gewisse Absicht hinter Klärungsversuchen zu erkennen. Innenverteidiger Meisl ist einer der wichtigsten Spieler in diesen Umschaltmomenten, da er hervorragende Pässe spielen kann, ohne viel Zeit dafür zu beanspruchen. Flache Pässe über mehrere Linien sowie auch direkte hohe Diagonalbälle sind für den gebürtigen Salzburger kaum ein Problem. So kommen die Spieler von Rose/Maric immer wieder aus Pressing und Gegenpressingsituationen heraus, ohne die Kontrolle über den Ball zu verlieren. Hier ist ein direkter Diagonalball von Luca Meisl zu sehen.

 

Ebenfalls wichtig in diesem Spiel waren die Dribblings von Zehner Hannes Wolf. Nach Ballgewinnen konnte er immer wieder schnell wichtige Meter überbrücken und gleichzeitig versuchen, den kompakten Zentrumsblock der Portugiesen auszuspielen oder etwas auseinanderzuziehen, indem er Zweikämpfe einlud und die Portugiesen zum Verlassen ihrer Positionen zwang. Dies gelang jedoch nicht immer sonderlich gut. Benfica agierte passiv und kompakt, vor allem die beiden Sechser ließen sich selten vom Ball anziehen.

 

Damit kommen wir auch zur Spielanlage der Portugiesen im Umschaltspiel. Benfica sorgte mit tiefen Sechsern vor der Abwehr bereits im Ballbesitz für Absicherung. Auch die bereits erwähnten einrückenden ballfernen Außenverteidiger verstärkten das Zentrum, sodass im Falle eines Ballverlustes immer zumindest ein zentraler 3-2 Defensivblock zu überspielen war. Dieser hielt sich generell sehr zurück, auch wenn es im Kampf um den zweiten Ball ging. Hier ließ man vornehmlich die ballnahen Spieler gegenpressen, anstatt situativ dynamisch aus den Positionen zu springen und den Ballführenden im Verbund mit den Mitspielern zu attackieren. Diesen Kampf um den zweiten Ball hatte man recht oft, da man ja im Aufbau wie bereits erwähnt immer wieder einige hohe Bälle spielte.

 

Gewann man diese zweiten Bälle, suchte man einen sehr direkten Weg nach vorne. Dieser Fokus wurde durch folgende Faktoren bestärkt: Zum einen hatte man sehr dribbelstarke Offensivspieler im Mittelfeld, die enge Situationen immer wieder gut lösen konnten. Oft schon mit einer Mitnahme in den freien Raum, am Gegenspieler vorbei, konnten die Flügelstürmer Benficas den Angriff schnell nach vorne tragen oder Fouls ziehen. Auch Goncalves auf der Zehn zeigte immer wieder seine Nadelspielerfähigkeiten und konnte sich ein paar Mal gegen mehrere Gegenspieler behaupten. Das Kontern selbst erfolgte meist über die Flügel, wo man die stärksten Spieler hatte und ihre Fähigkeiten fokussieren wollte. Flache Hereingaben mit dynamischer Strafraumbesetzung von Gomes an der kurzen Stange, sowie dem ballfernen Flügelstürmer am Elfmeterpunkt sollten Chancen kreieren. Durch die einfache Flügelbesetzung der Salzburger und den starken Dribblingfähigkeiten der portugiesischen Außenspieler gelang dies auch bisweilen. Die Entscheidungsfindung der Benfica Spieler in Gegenpressingsituationen gegen ist ebenfalls hervorzuheben. Zwar besitzen sie eine recht hohe Pressingresistenz, wussten jedoch meist genau wann sie diese nutzen konnten und wann nicht. Bei letzteren Situationen schlugen sie dann den Ball weg und verweigerten Salzburg Zugriff auf den Ball und Möglichkeiten zur Balleroberung.

 

>>> Weiterlesen auf Seite 2 - Benfica mit leichten Vorteilen in Durchgang eins