Kampf alleine reicht nicht aus: Strukturschwaches Rapid verliert das Derby
Djuricin fordert von seiner Mannschaft mehr Mut und mehr Aggressivität. Dabei liegen die Problem vielmehr in strukturellen und strategischen Defiziten. Von Momo Akhondi
Nach dem Spiel überraschte Rapid-Interimstrainer Djuricin auf der Pressekonferenz, gefragt nach seiner Marschroute für das Cup-Spiel gegen den LASK, mit folgender Forderung an die Mannschaft: „Aggressiver sein! Und Mutiger!“
Rapid Wien hat zu diesem Zeitpunkt wenige Minuten zuvor das 321. Wiener Derby mit 0:2 verloren. Und auch wenn das Spiel immer wieder in die andere Richtung hätte kippen können, war der Sieg des Erzrivalen aus Favoriten insgesamt verdient. Die Hütteldorfer hatten dabei aber nicht nur viel mehr Ballbesitz, sondern konnten auch die Zweikampfstatistik mit 51% für sich entscheiden und begingen mehr Fouls als der Gegner. Die Luftduelle gingen auch mehrheitlich an die Rapidler (58,3%).
Waren die Rapidler am Sonntag-Nachmittag also wirklich schlicht und ergreifend nicht aggressiv und nicht mutig genug? Steffen Hofmann brachte es nach dem Spiel auf den Punkt: „Ich denke nicht, dass irgendeiner heute nicht wollte“. Viel eher waren es strukturelle Mängel mit und ohne den Ball, welche Rapid ins Verderben stürzten.
Dabei fing alles mit einer klugen Umstellung der Wiener Austria im Spielaufbau an.
Neue Rolle bringt Serbest endlich mehr zur Geltung
Normalerweise ist im Spielaufbau der Wiener Austria Raphael Holzhauser die prägende Figur. Mal kippt er zwischen, mal links, mal rechts von den beiden Innenverteidigern Filipovic und Rotpuller ab. Je nachdem was Holzhauser vorgibt, reagiert die restliche Mannschaft und baut ihre Aufbaustaffelung dementsprechend um. Kippt Holzhauser zum Beispiel rechts neben Lukas Rotpuller ab, schiebt Rechtsverteidiger Larsen vor. Auf der Gegenseite gesellt sich Linksverteidiger Martschinko zur Aufbaureihe und bildet mit Filipovic, Rotpuller und Holzhauser eine lupenreine Viererkette im Spielaufbau. Die schnellen Angreifer der Austria suchen jedoch oft die letzte Linie, zudem hat Grünwald oft die Tendenz auf die Flügel auszuweichen, weshalb der junge Tarkan Serbest oft den gesamten restlichen Raum abdecken muss. Eine fast unmögliche Aufgabe.
Tarkan Serbest, very interesting guy, but playing the most difficult role in the Austrian Bundesliga pic.twitter.com/c4c0FfDzXx
— Alex Belinger (@AlexBelinger) 16. April 2017
Bereits im Laufe der zweiten Halbzeit gegen Mattersburg am letzten Spieltag nahm das Trainerteam der Austria eine Änderung vor. Serbest übernahm die Rolle von Holzhauser im Spielaufbau, wenngleich er diese um einiges zentraler interpretierte als der Ex-Stuttgart-Legionär. Dieser konnte hingegen konstant eine höhere Position einnehmen und musste nicht mehr als einziges Bindeglied zwischen den Verteidigern und den Stürmern fungieren.
Gegen Rapid war diese neue Ausrichtung gleich doppelt von Vorteil. Zum einen kann Serbest mit seinen technischen Fähigkeiten eine Vielzahl kleinräumiger Drucksituationen sehr erfolgsstabil lösen, andererseits bringt er damit neue Vielseitigkeit in den initialen Spielaufbau der Wiener Austria.
Einerseits erkennt man auf diesem Bild, wie Serbest mit den Innenverteidigern und dem Torwart eine Raute bildet, andererseits bindet er alleine durch seine Präsenz die Rapid-Stürmer Hofmann und Joelinton und öffnet in weiterer Folge Raum für Rotpuller und Filipovic. Dabei muss auch erwähnt werden, dass Serbest in dieser Situation ohne weiteres selber angespielt werden kann und technisch in der Lage ist, solche Situationen zu lösen.
Das Eigengewächs der Veilchen fühlt sich in engen Situationen extrem wohl und ist zudem äußerst pressingresistent – eine Fähigkeit, die Holzhauser in diesem Ausmaß nicht besitzt. Während Holzhauser in derartigen Situationen die Tendenz hat, sich dem Druck des Gegners zu entziehen, um dann hohe Bälle schlagen zu können, sucht Serbest diesen Druck förmlich, mit dem Wissen, dass er den Gegner im Zweifelsfalle überwinden könnte. Dementsprechend oft sucht Serbest die spielerische Lösung und passt den Ball vertikal durch die Linien des Gegners.
Holzhauser hingegen konnte dadurch höher agieren, als es Serbest üblicherweise auf dieser Position darf. Abgesehen von der dadurch resultierenden, klassischeren Rolle der Außenverteidiger, war auch Grünwald weniger oft gezwungen auf die Flügel auszuweichen und die Austria konnte mit Holzhauser und Grünwald die zentralen Achterräume konstant besetzen und damit schneller in die Spitze spielen als sonst.
Dabei spielte ihnen Rapid auch immer wieder in die Karten.