SK Rapid: Schnelles Ende der Jugendbewegung?
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SK Rapid: Schnelles Ende der Jugendbewegung?

Am Donnerstag trifft der SK Rapid auf Ex-Spieler Jovan Zivkovic. Dem ehemaligen Top-Talent blieb der Sprung in die erste Mannschaft verwehrt - wie viel Schuld hat daran die Planung des Vereins? 90minuten analysiert die grün-weiße Jugendarbeit.

Vor zwei Jahren wurde Jovan Zivkovic von Transferexperten mit größeren Vereinen wie Manchester City, Bayer Leverkusen und Mainz in Verbindung gebracht. Damals hatte er kurz vor seinem 17. Geburtstag einen ersten Einsatz für Rapid II absolviert, heute trifft er kurz nach seinem Abschied mit dem ETO FC Györ auf seinen Ex-Verein (19 Uhr im LIVE-Ticker).

Im 90minuten-Interview übte der Offensivspieler zuletzt Kritik: "Ich hatte nicht viele Chancen, mich am Spielfeld zu beweisen."

Unter Sportgeschäftsführer Markus Katzer wurde die bereits leicht eingestaubte Vereinsstrategie umgekrempelt, mehrere Neuzugänge wurden in den letzten Jahren gewinnbringend weiterverkauft. Die Qualität im Kader ist hoch, er ist inzwischen gespickt mit Legionären.

Die dazu schon von Zivkovic angedeutete These lautet: Die eigene Jugend - lange das Prunkstück des Vereins - hat bei Rapid einen schweren Stand. 90minuten hat sich einige Zahlen dazu angeschaut.

Aushängeschilder verloren

Blickt man nur auf den Zeitraum bis Sommer 2024 könnte man dem SK Rapid attestieren, Opfer des eigenen Erfolges geworden zu sein. Mehrere große Talente, die zumindest einen Teil ihrer Ausbildung in Hütteldorf absolviert haben - wie Dejan Ljubicic, Nikolas Sattlberger, Leopold Querfeld oder Yusuf Demir - haben früh den Schritt ins Ausland gemacht. Drei der Top-9-Verkäufe in den letzten Jahren waren Eigenbauspieler.

Abgänge

Kolportierte Basisablöse

Isak Jansson

10.000.000

Mamadou Sangare

8.000.000

Yusuf Demir

6.000.000

Emanuel Aiwu

3.500.000

Nicolas Kühn

3.500.000

Fally Mayulu

3.500.000

Leopold Querfeld

3.000.000

Robert Ljubicic

3.000.000

Nikolas Sattlberger

2.500.000


Kein Platz für die eigene Jugend

Die Rahmenbedingungen, unter denen diese Spieler in der Kampfmannschaft Fuß gefasst haben, wurden seit Sommer 2024 aber drastisch geändert. Mit dem Ausstieg aus dem Österreicher-Topf sind die Legionärsbeschränkungen für den Spieltagskader gefallen. In der Bundesliga bleibt deshalb oft nicht einmal mehr auf der vergrößerten Bank Platz für den ein oder anderen Nachwuchsspieler. Die Chance auf Kurzeinsätze, in denen man auf sich aufmerksam machen könnte, ist damit praktisch dahin.

Über die ersten drei Saisonspiele 2025/26 wurden lediglich zwei U23-Spieler aus der eigenen Akademie in den Kader nominiert: Furkan Demir (20) und Nikolaus Wurmbrand (19). Die beiden bringen es gemeinsam auf 54 Einsatzminuten. Im Vergleich mit den vergangenen Spielzeiten ist der Rückgang eklatant, gegenläufig ist die Zahl der Legionäre "explodiert". Mit Mamadou Sangare hat einer von ihnen den Verein zwar wieder verlassen, der noch nicht spielberechtigte Martin Ndzie und ein weiterer kolportierter Neuzugang, Marco Tilio, halten den Pegel aber hoch.

Eigene Jugend vs. Legionäre:


Dass es für junge Spieler aus dem grün-weißen Nachwuchs sehr schnell deutlich schwieriger geworden ist, in der Kampfmannschaft Fuß zu fassen, lässt sich demnach mit Zahlen belegen.

Einsatzzeiten Eigenbauspieler:


2018/19 fiel die Bilanz unter den Trainern Goran Djuricin und Didi Kühbauer sowie Sportdirektor Fredy Bickel zuletzt ähnlich aus. Damals waren mit Boli Bolingoli, Andrei Ivan und Andrija Pavlovic drei Legionäre als Stammspieler gesetzt.

Gesamtminuten von Eigenbauspielern:


Nachwuchstalente, die erste Schritte in der Bundesliga machen sollten, wurden in den letzten Jahren mehrfach verliehen. Aktuell spielen Benjamin Böckle - kein Eigenbauspieler - für die WSG Tirol und Dominik Vincze für den TSV Hartberg. Bis jetzt war diese Strategie noch nicht von Erfolg gekrönt: Furkan Demir ist der einzige im Verein verbliebene Bundesliga-Leihspieler seit 2022.

Einsatzminuten der Rapid-Leihspieler innerhalb der Bundesliga:


Akademie-Output ist ausbaufähig

Jugendspieler haben es beim SK Rapid aktuell so schwer, wie seit Jahren nicht - das lässt sich mit Zahlen belegen. Ob es daran liegt, dass die sportliche Leitung den eigenen Nachwuchs als qualitativ zu schwach einordnet, oder das Verkaufspotenzial externer Spieler höher bewertet, bleibt offen. Möglicherweise treffen auch beide Aspekte zu.

Fest steht: Gemessen an ihren guten Voraussetzungen zieht der SK Rapid aktuell kaum Nutzen aus seiner Akademie.

Bundesliga-Einsätze eigener Nachwuchsspieler für den SK Rapid nach Jahrgang:

Spieler mit den meisten Einsätzen ist hervorgehoben


Der Jahrgang 2004 hat vor allem dank Nikolas Sattlberger seine Spuren hinterlassen, mit Furkan Demir und Nicolas Bajlicz stehen aktuell nur noch zwei weitere Spieler in den Kadern der ersten und zweiten Mannschaft. Ähnlich sieht es beim Jahrgang 2005 aus, erst zwei Talente - Armin-Elias Gröller und Furkan Dursun - haben in der Bundesliga für die Kampfmannschaft debütiert, letzterer wurde inzwischen nach St. Pölten verliehen. Beide Spieler werden im Lauf der Saison 21 Jahre alt.

Erfolg könnte recht geben

Jovan Zivkovic hat es in wenigen Auftritten nicht geschafft, sich beim SK Rapid weiterzuentwickeln und eine fixe Rolle zu erspielen. Dafür trägt der Spieler ebenso Verantwortung, wie der Verein.

Mittelfristig werden sich Markus Katzer, Peter Stöger und Akademieleiter Willi Schuldes aber überlegen müssen, wie junge Spieler aus den eigenen Reihen eine realistische Perspektive in die erste Mannschaft finden sollen.

Die sportlichen Erwartungen in der Saison 2025/26 sind hoch - gelingt der Gewinn der Meisterschaft, würde der Erfolg der aktuellen Strategie recht geben. Scheitert Rapid, hätte man wohl auch gleich mehrere Nachwuchsjahrgänge in den Sand gesetzt.


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