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Österreicher in der großen Fußballwelt – eine Geschichte in Zahlen [Faktencheck]

Wie viele Legionäre gab und gibt es? Wie viele kicken in der Liga und wie viele bringt Österreich ins Ausland?

+ + 90minuten.at PLUS - Ein Faktencheck von Georg Sander + +

 

In der globalisierten Welt ist es für kleine Länder zugegebenermaßen nicht schwer, elf bis 25 gute Fußballer zu haben. Das schafft sogar Island, mit lediglich ein paar Tausend Einwohner:innen weniger als Vorarlberg. Die technologischen Möglichkeiten der Moderne spielen mit Sicherheit eine Rolle, wie ein Staat mit Sport umgeht, ebenfalls. Dass Masse aber nicht gleich Klasse ergibt, dürfte spätestens dann klar werden, wenn man daran denkt, dass China oder Indien im Fußball maximalst eine Nebenrolle spielen und selbst Nationen, die den Fußball der Propaganda Willen pushen – wie es Moskau eigentlich schon immer tut – nicht notwendigerweise automatisch Erfolg haben. Wieso Österreich ein Land der Legionäre ist, das zumindest in Europa zuletzt im Achtelfinale war, kann man hier sehr detailliert nachlesen.

In diesem Beitrag widmet sich 90minuten.at den nackten Zahlen. Etwa den Impact des Bosman-Urteils. Das führt Mitte der 90er-Jahre zu einem massiven Anstieg der Legionäre in der Bundesliga, bis dann zehn Jahre später, auf einer Sitzung im Jahr 2004/05, der Österreicher-Topf beschlossen wurde. Dies und diverse Finanzcrashs führten zu einem all-time-low in der Saison 2013/14. Apropos Finanzchrash: Nicht jeder Klub, der Geld von Mäzen oder nicht vorhandenes ausgibt, setzt sofort auf Legionäre. Der FC Tirol hatte viele Österreicher, ging 2002 unter. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, sich mit internationalen Stars zu schmücken, höher, Fans der Austria wissen das, ebenso jene von Red Bull Salzburg.

 

Wenn Österreichs Bundesliga viele Legionäre holen kann, gilt das auch umgekehrt. Der Kaderanteil an Fremdarbeitern im Nationalteam war in den 90ern recht niedrig, 1995 und 1996 waren es beispielsweise nur Toni Polster und Andreas Herzog. Die wegfallenden Ablösesummen nach Vertragsschluss sowie die Europacup-Erfolge von Salzburg, Rapid und Sturm führten aber zu mehr Fremdarbeiten. Kicker wie Arnold Wetl oder Wolfgang Feiersinger erspielten sich so Auslandsverträge. Rund um 2000 herum stieg der Legionärsanteil im Kader zwar, ein Stranzl, Pogatetz, Manninger, Kühbauer oder Weissenberger würden vermutlich auch heute noch im Nationalteam kicken.

Das gilt aber nicht für alle, die da so vor zwei Jahrzehnten in den Kadern aufschienen, wie beispielsweise Alen Orman, Rolf Landerl oder Gerald Wimmer und gar Stefan Lexa. Andere, wie Richard Kitzbichler oder Roli Kirchler, gehen statistisch als Legionäre durch, aber nicht viel mehr. Noch im Vorfeld der Euro 2008 wurden Legionäre in ganz Europa noch mit der Lupe gesucht. Erst vor rund 15 Jahren warfen die heimischen Akademien dann die ersten Früchte ab. Spätestens ab dem Jahr 2011 ist das gut ersichtlich. Natürlich probieren Trainer dann den einen oder anderen Spieler aus, manche sind nur kurz ein Thema für das Nationalteam. In den letzten Jahren kamen zudem vermehrt Kicker hinzu, die zuerst in Österreich stark spielten und später ins Ausland gingen, etwa ein Gernot Trauner oder auch die diversen Red Bull-Kicker, die dann wechselten.

 

Das Thema Red Bull ist auch bei Ablösesummen entscheidend. Mit Ausnahme von Rasmus Højlund (Sturm zu Bergamo) sind die 25 teuersten Kicker der heimischen Bundesliga allesamt Spieler aus Salzburg. Lediglich fünf der höchsten Ablösesummen, die gezahlt wurden (bzw. bei Seiwald/Sesko werden) fallen auf Kicker mit österreichischem Pass. Warum dem so ist, kann anhand des (ursprünglichen) Kaders für die kommenden EM-Qualifikationsspiele erklärt werden. Abgesehen von den nicht-Legionären Niklas Hedl, Alexander Schlager, Jonas Auer, Alexander Prass und Junior Adamu (sowie Seiwald, siehe oben) gingen die meisten Spieler entweder schon vor Jahren ins Ausland (Heinz Lindner, Gernot Trauner, Mathias Honsak, Florian Kainz, Dejan Ljubicic, Andeas Weimann, Karim Onisiwo, Michael Gregoritsch) oder eben vor dem großen Durchbruch bzw. in der Jugend. Das wären eben Alaba, Danso, Lienhart, Mewne, Posch, Baumgartner und Arnautovic. Lediglich Konrad Laimer, Maximilian Wöber, Marcel Sabitzer und Patrick Wimmer waren mehr oder weniger fertige Bundesliga, bevor das Ausland lockte.

 

Am Ende des Tages wird mit den Transfersalden ersichtlich, welchen Schritt die Liga gemacht hat. Es dauerte fast zehn Jahre, bis die Bundesliga bei den Transfereinnahmen die 10-Millionen-Euro-Marke knackte, seit 2014 explodieren die Einnahmen förmlich. Das hängt nicht nur, aber auch mit Salzburg zusammen und wird in den letzten Jahren durch andere Klubs vermehrt ergänzt. Sieht man sich die Ausgaben an, gibt es schon früh hohe Summen, was auch mit dem Start der Engagements von Stronach/Mateschitz erklärbar ist.

 

Während Österreich zeitweilig ein Land war, in dem viele Legionäre kicken, hat sich das wieder gedreht. Derzeit geht die Tendenz Richtung mehr Legionäre im Land, allerdings nicht oder noch nicht zulasten der heimischen Kicker, die dann Legionäre werden. Die Zukunft wird weisen, wie sich Österreich entwickelt.

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