Foto: © GEPA Taktik / 2018 / Q1

Thomas Letsch' Ideen werden schon beim Austria-Debüt ersichtlich (2)

Die Wiener Austria gewinnt das erste Spiel unter Interimscoach Thomas Letsch gegen den Wolfsberger AC mit 2:0. 90minuten.at analysiert, was im Gegensatz zu den letzten Spielen anders ablief.

Das Ballbesitzspiel

Im Ballbesitz formierte sich die Austria im 4-3-3, eine Formation die man auch schon unter Fink gezeigt hatte, obwohl der Ex-Bayern-Spieler eine 4-2-3-1 Formation bevorzugte. Sofort ersichtlich war, dass Holzhauser nun nicht mehr abkippte. In einigen wenigen Situationen ergab es sich zwar, es war jedoch kein fokussiertes taktisches Mittel für den Ballvortrag wie noch unter Fink. Die beiden Innenverteidiger standen, wie auch bei Napoli üblich, recht eng. Serbest gab den Anker vor ihnen, während die Außenverteidiger situativ tiefer zur Unterstützung kamen und eine verschobene Dreierkette bildeten. Nach Ballvortrag wurde diese jedoch auch gleich wieder aufgelöst. Mehr Spieler der Austria befanden sich nun im Zwischenlinienraum, man hatte als Ballführender mehr Anspielstationen in alle Richtungen.

 

Abbildung 3: Serbest hat hier gleich mehrere Möglichkeiten abzuspielen. Das Spiel der Austria wird somit für den Gegner schwieriger ausrechenbar.

Mehr Spieler im Zwischenlinienraum banden auch mehr Spieler des WAC, jener agiert nämlich recht mannorientiert im Pressing. Somit wurden die Außenverteidiger oft befreit und hatten viel Platz, das Spiel nach vorne zu tragen. Hierbei hat man mit Stangl und Klein jedoch nicht die unbedingt spielmachenden Typen, man kann gespannt sein auf die folgende Entwicklung.

 

Abbildung 4: Klein mit viel Platz. Prokop und Holzhauser binden ihre Gegenspieler.

Ebenfalls auffällig war, wie sich die Formation der Austria nach vollzogenem Aufbau zusammenzog. In den ersten Phasen des Aufbaus formierte man sich, wie in den Grafiken oben ersichtlich, breit und versuchte den Raum für das Ballbesitzspiel zu maximieren. Hatte man jedoch den Aufbau vollzogen und sich ins letzte Drittel bewegt, rückten die ballfernen Außenverteidiger weit ein und wahrten Kompaktheit. Dies komplementierte den generellen Fokus auf kurze Kombinationen, der vor allem in den Bewegungen der Achter ersichtlich war. Jene bewegten sich nämlich oft weit zur Ballseite hinüber, um den Ballführenden zu unterstützen.

Dies hat Vor- aber auch Nachteile. Als Vorteil ist natürlich zu nennen, dass der Ballführende mehr kurze Anspielstationen hat, es so einfacher ist dynamisch und mit wenigen Kontakten Kombinationen durchzuführen und Durchbrüche zu generieren. Zudem hat man durch die kompakte Formation auch besseren, schnelleren Zugriff im Gegenpressing.

Nachteilig ist jedoch, dass durch das ständige Annähern am Ballführenden die Weiträumigkeit des Ballbesitzspiels leidet. Verlagerungen von der Austria waren selten zu sehen, nicht allzu oft konnte man den WAC zum weiträumigen, schnellen Verschieben zwingen. Pep Guardiola predigt ja „Kombinieren auf der einen, attackieren über die andere Seite“. Gegner sollen angelockt werden und ballferne Spieler freigespielt werden. Dies geschah bei der Austria noch eher selten. Durch das weite Rüberschieben der Achter war der ballferne Halbraum auch oft frei. Verlagerungen dorthin sind oft sehr effektiv, dafür braucht es jedoch einen Breitengeber und einen Spieler im ballfernen Halbraum. Diese sind öfters flexibel durch eingerückte Außenverteidiger und nach außen rückende Flügelstürmer.

 

Abbildung 5: Auf kleinstem Raum befinden sich der Großteil der Spieler. Die Austria hat unmittelbar in Ballnähe viele Spieler, kann also schnell kombinieren und gegebenenfalls auch gegenpressen.

Es gab auch veränderte Spielerrollen. Madl und Borkovic waren ein sich gut ergänzendes Innenverteidigerpaar. Borkovic konnte einige Male durch Andribbeln den Ball nach vorne tragen, während Madl immer wieder Bälle in die Räume hinter die Wingbacks der Kärntner suchte. Auch Blauensteiner zeigte jedoch schnelle und gute Positionierungen und half der Austria im Ballvortrag.

Das Einrücken der Außenverteidiger wurde nun ebenfalls nicht mehr fokussiert angewendet. Zwar kam es bisweilen vor, dass Klein und Stangl enger agierten als Pires und Venuto, jedoch war dies kein fokussiertes taktisches Mittel, sondern situative Bewegungen für die Strukturerhaltungen. Diese simplere Anlage ermöglichte es der Austria mehrere Spieler im Zwischenlinienraum zu haben. Zwar sind Venuto und Pires keine Nadelspieler, die sich mit guten Körperpositionen im Halbraum anbieten und von dort für Durchbrüche sorgen können. Jedoch haben beide eine starke Ballbehandlung und können so Bälle zumindest unter Druck behaupten und zu nachrückenden Mitspielern abspielen, die ein besseres Sichtfeld haben.

Holzhausers höhere Rolle als Achter ermöglichte es ihm mehr gefährliche Pässe in die Tiefe zu spielen. Der junge Mittelfeldspieler hat ja oft sehr gute Ideen, überzeugte dieses Mal auch mit gutem Pressingverhalten. Sein Spielverständnis und die Qualität, vorbereitende Pässe zu spielen, kam in dieser Rolle sehr zur Geltung. Fink hatte ihn auch schon in dieser Rolle eingesetzt, ihm war im Endeffekt jedoch Stabilität in der ersten Aufbaulinie wichtiger, beziehungsweise dachte er, dass er sie nur so implementieren könnte.

 

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