Foto: © GEPA Interviews / 2018 / November

Reinhard Herovits: "Vor Jahren war es im Sommer die Kultliga, wenig später die Todesliga" (2)

Wie lautet die erste Zwischenbilanz der Bundesliga zur neuen 2. Liga? 90minuten.at hat den zuständigen Vorstand Reinhard Herovits zum Interview gebeten und vor allem bei den Themen Zuschauern, Medienpräsenz und Kosten nachgehakt.

90minuten.at: Kommen wir zur TV-Präsenz. Den Ligaauftakt haben auf ORF Sport+ knapp 50.000 Menschen gesehen, Vorwärts gegen Ried. Laut ÖWA hatte Laola1.tv 145.000 Unique Clients und 250.000 Visits. Wie zufrieden sind Sie?

Herovits: Wir hatten vor zwei Wochen eine Klubkonferenz mit Vertretern vom ORF und Laola1, beide waren sehr zufrieden mit der Entwicklung. Seit Ligastart gab es 1,2 Millionen Videozugriffe bei laola1, also etwa 120.000 pro Runde. Vor einem Jahr wären wir mehr als zufrieden gewesen, wenn wir national mit einem Live-Spiel und weiteren Highlight-Zusammenfassungen sichtbar sind. Wenn uns da jemand gesagt hätte, dass alle Spiele der 2. Liga live stattfinden können, hätten wir sofort „Danke“ gesagt. Es ist alles sehr kompakt und schaut gut aus.

 

90minuten.at: Regionalität ist ebenfalls ganz wichtig. Zumindest im Print stagnieren Auflagezahlen bei Regionalzeitungen oftmals. Sind die Klubs zufrieden mit der Präsenz in den Medien? Ein Sponsor will Sachen ja schwarz auf weiß.

Herovits: Es orientiert sich grundsätzlich sehr stark Richtung Onlinemedien, wir haben dazu schon eine Auswertung beauftragt. Ein Vertreter von Vorwärts Steyr hat uns neulich gesagt, dass das Medieninteresse sehr stark zugenommen hat. Das ist eine gute und klare Rückmeldung. Die Regionalität in der 2. Liga ist natürlich viel höher. Wenn es gut geht, sind die Sponsorenbeträge sechsstellig, sonst eher fünfstellig. Da sind die Werbewerte nicht das einzig Ausschlaggebende.

 

" Vor Jahren war es im Sommer auf Grund der zahlreichen Traditionsklubs die „Kultliga“, wenig später war es mit der Insolvenz von Austria Salzburg die „Todesliga“." - Wirtschaftliche Stabilität ist der Bundesliga wichtig.

90minuten.at: Nächstes Thema: Es wird die Bundesliga nicht gefreut haben, dass Blau Weiß Linz nicht aufsteigen will.

Herovits: Ich sehe das nicht so kritisch. Der Zeitpunkt ist vielleicht überraschend früh, normalerweise fallen diese Entscheidungen erst im Jänner oder Februar. Es zeigt grundsätzlich aber schon, dass die Strukturänderung notwendig war. Wir haben diese Bewusstseinsschaffung in den letzten Jahren betrieben und ich finde die Entscheidung mutig und gut, dass man sich nicht dem kurzfristigen sportlichen Erfolg hingibt, sondern mittelfristig plant. Früher war es ein extremer Kampf, nicht abzusteigen. Dass man nun mehr Möglichkeiten hat, sich vorzubereiten, entspricht genau dem Konzept als Drehscheibe. So kann man sich gezielt auf einen etwaigen Aufstieg vorbereiten. Für Spieler, Zuschauer und Fans mag es ernüchternd sein, aber der Fan wird schon merken, dass das so besser ist, als Gefahr zu laufen, den Klub im Sommer gar nicht mehr zu haben.

 

90minuten.at: Ist die Liga schon laufend in Kontakt mit den Topklubs?

Herovits: Es ist so wie immer, dass die Infrastruktur am kosten- und zeitintensivsten ist. Die 25 Profispieler muss man im März nachweisen und die Finanzunterlagen umfangreicher prüfen lassen. Das kann man auch schon im Jänner vorbereiten. Darum kann man sich im Winter gewissenhaft vorbereiten, der sportliche Erfolg alleine soll nicht ausschlaggebend sein. Blau Weiß Linz hat die Entscheidung nun einfach früher getroffen. Unerwarteter sportlicher Erfolg ist auch immer ein Kostenfaktor!

 

90minuten.at: Es ist schon fast ironisch, denn oftmals hatten potentielle bzw spätere Aufsteiger Probleme mit der Infrastruktur.

Herovits: Kurzfristige Aufstiege, die „passieren“, waren dann meistens auch wenig nachhaltig, siehe Grödig. Hartberg muss man Respekt zollen, was sie in kurzer Zeit hergestellt haben. Man wird aber erst sehen, wie nachhaltig das ist.

 

90minuten.at: Aus den Regionalligen waren acht Klubs beim Workshop. Ist das eine Anzahl, mit der die Liga leben kann?

Herovits: Es haben alle Klubs teilgenommen, die Aufstiegschancen in sportlicher Hinsicht haben. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich die Klubs jetzt schon darum kümmern.

 

90minuten.at: Traditionsverein Austria Lustenau hatte einmal einen Schnitt von über 4.000, mittlerweile ist man deutlich unter 2.000. Was sagen langjährige Zweitligisten, wie etwa auch der KSV?

Herovits: Der Lustenau-Präsident hat eine beharrlich kritische Einstellung. Wir werden nie müde zu betonen, dass es früher Schlagzeilen gab, die wir nicht wieder haben möchten. Vor Jahren war es im Sommer auf Grund der zahlreichen Traditionsklubs die „Kultliga“, wenig später war es mit der Insolvenz von Austria Salzburg die „Todesliga“. Grödig stieg in dieser Saison auch freiwillig von der Bundesliga direkt in die Regionalliga ab. Man muss aber auch offen zugeben, dass der verpflichtende Profibetrieb mitunter künstlich hochgehalten wurde. Es gab eine super Verpackung mit Sky, das hat einen sehr professionellen Eindruck vermittelt. Sky hat die Rechte aber auch nicht separat gekauft, sondern in einem Paket mit der Tipico Bundesliga. Das wollten sie nicht mehr. Außerdem kam vom Finanzministerium der Erlass, dass alle Profibetriebe ausgegliedert werden müssen. Das war schwierig für die Klubs. Auch die pauschale Reiseaufwandsentschädigung ist im Zuge der Ausgliederungsnotwendigkeit weggefallen. Das Alles, gemeinsam mit der Forderung der Regionalligen nach dem Direktaufstieg, war der Auslöser dafür, die Anforderungen zu senken. Dennoch werden jetzt 2,3 Millionen Euro an die Zweitligisten ausgeschüttet. Sockelbetrag und Österreichertopf machen ca. 100.000 Euro pro Klub aus. Wenn man sich lizenzieren lässt und nicht aufsteigt, bekommt man einen weiteren Lizenzbonus von bis zu 250.000 Euro. Da ist man in Summe nicht so weit von den 400.000 Euro weg, die man früher bekommen hat. Zudem entfallen in der 2. Liga die Schiedsrichterkosten und ein einheitlicher Adidas-Ligaball wird kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

90minuten.at: 25 Profis waren ja auch viel, die Gehaltskosten sind meistens der größte Brocken.

Hervotis: Im März mussten Regionalligisten 15 melden, dann 20 haben. Jetzt kann ein Klub sich im März ohne Profis die Zulassung für die 2. Liga holen und dann in der Liga nach Bedarf aufstocken. Profi im Sinne des ÖFB-Regulativs ist ja auch einer, der 20 Stunden arbeiten geht. So lang er mehr bekommt, als sein Aufwand ist, gilt er schon als Profi im Sinne des Regulativs.

 

90minuten.at: Wie wichtig sind die Namen dennoch? Blau Weiß Linz, Austria Lustenau sind nächstes Jahr ziemlich sicher fix dabei, dazu eventuell der GAK.

Herovits: Dornbirn, GAK, vielleicht schafft es irgendwann auch der WSC. Wir sind aber auch von Lafnitz sehr überrascht. Die haben 1.400 Einwohner und einen Zuschauerschnitt von knapp 800. Mittlerweile sind sie ein fixer Bestandteil und schlagen sich gut. Die Liga ist allgemein sehr homogen. Nach den ersten zehn Runden war der Punkteabstand zwischen Erstem und Letztem trotz 16 Klubs mit 4,2 deutlich niedriger als in den drei vorangegangen Jahren (Anm.: Der Erste hat 4,2 Mal so viele Punkte wie der Letzte). Im Jahr davor war es das Fünffache, davor das Achtfache, einmal sogar das Zehnfache. Die Punkteabstände waren vor drei Jahren im Schnitt bei 2,5, vor zwei Jahren 2,4, letztes Jahr bei 2,2 und jetzt sind wir bei 1,07. Es ist tabellenmäßig extrem eng und davon sind wir auch positiv überrascht.

 

90minuten.at: Was hat man sonst aus den ersten Monaten 2. Liga gelernt?

Herovits: Es gibt keine Extremergebnisse, jeder kann jeden schlagen. Wir haben 72 Prozent Österreicher. Ich will es nicht schönreden, aber wir haben Zahlen und kennen die Meinungen der Klubs. Die Aufsteiger sind sehr zufrieden. Kleinere Klubs wie der FAC finden, dass es so das Ideale für sie ist.

 

90minuten.at: Kritik gab es am 10:30-Termin. Ist geplant, das oder andere Dinge kurzfristig zu ändern?

Herovits: Es gibt ja Kilometer-Begrenzungen, wie Spiele angesetzt werden dürfen und man hat nicht jedes Wochenende ein 10:30-Spiel. Laola ist mit dem Termin sehr zufrieden. Amstetten hat vor der ersten Partie noch gejammert, nach der zweiten waren sie zufrieden, weil es von den eigenen Fans sehr gut angenommen wurde. Kritik von Auswärtsfans ist schon verständlich, aber abgesehen von den „Picks“ von ORF und Laola haben die Klubs eine sehr große Bandbreite, wann sie die Spiele ansetzen.

 

90minuten.at-TV: Und so sieht die neue Hütte von Tottenham aus