Foto: © EPFL Interviews / 2018 / März

Georg Pangl: "Wir wollen die kleineren Klubs ermutigen, die Champions League nicht kampflos aufzugeben"

Der ehemalige Bundesliga-Vorstand Georg Pangl, aktuell Generalsekretär der European Professional Football Leagues (EPFL), im ausführlichen Interview mit 90minuten.at über die Auswirkungen der Champions-League-Reform auf Fußball-Europa und die daraus resultierende Strategie, der negativen Entwicklung entgegenzuwirken.

Wie sieht die mittelfristige Strategie aus? Gibt es auch Überlegungen für Kampfmaßnahmen? Eigene Champions League der kleineren Länder?

Georg Pangl: Bei uns liegt der Schwerpunkt derzeit auf Dialog, Kampfmaßnahmen sind vorerst keine geplant. Was ich seitens der Klubs vernommen habe ist in Diskussion,  die Zahl der Europa League Teilnehmer auf 64 anzuheben  …

 

… oder anders gesagt: Man hat sich mit der Chancenlosigkeit in der Champions League abgefunden und will mit der Europa League eine „eigene“ Champions League?

Georg Pangl: „Sich damit abfinden“ ist nicht die Meinung der Europäischen Ligen, auch nicht meine persönliche. Eines ist natürlich klar: Für die mittleren und kleineren Klubs sind die Umsätze der  Großen, und bald wird zum Beispiel der FC Barcelona die Milliardenmarke erreichen, außer Reichweite und werden es auch bleiben. Ich vernehme immer häufiger, dass viele Klubs mit der Europa League zufrieden sind, es aus deren Sicht nachhaltiger sei, dort zu  spielen als in der Champions League sportlich deklassiert zu werden. Die Europäischen Ligen werden auf jeden  Fall versuchen, den Zyklus 2021 bis 2024 so zu gestalten, dass es für die mittleren und kleineren Länder wieder mehr Perspektiven in der Champions League gibt.  Wir wollen diese Klubs ermutigen, die Champions League nicht kampflos aufzugeben.

 

"Sportlich stehen wir mit Red Bull Salzburg sehr gut da und der Fixplatz in der Champions League ist in Reichweite. Die Konsequenz wird sein, (...) dass die Ausgeglichenheit bzw. Spannung noch weiter sinken wird." - Georg Pangl

In welcher Position sehen Sie Österreich?

Georg Pangl: Sportlich stehen wir mit Red Bull Salzburg sehr gut da und der Fixplatz in der Champions League ist in Reichweite. Die Konsequenz wird sein, wenn Red Bull zu seinem aktuellen Budget von über € 100 Mio noch weitere € 20 bis 30 Mio erhält, dass die Ausgeglichenheit bzw. Spannung noch weiter sinken wird. Auch Österreich muss sich trotz der Infrastrukturoffensive weiterentwickeln, um nicht den Anschluss zu verlieren. In vielen vermeintlich kleineren Ländern geht ein permanenter Prozess in Sachen Infrastruktur vor sich. Damit  meine ich nicht nur die neuen Stadien, sondern auch Projekte wie Verbandssportanlagen. Die Uefa unterstützt ihre 55 Mitglieder tatkräftig und es ist erfreulich, dass in vielen Ländern tolle Sportanlagen enstehen. ÖFB-Präsident Leo Windtner ist Vizepräsident des sog. „Hattrick-Komitees“, das u.a. finanzielle Unterstützungen bewilligt. Und ich bin überzeugt, dass er für Österreich für die kommenden Jahre einen Plan hat und auch versuchen wird, Projekte zu initiieren. Viele Verbände haben in den vergangenen Jahren einiges an Fördergeldern lukriert, die durch die Champions League gespeist wurden. Hier muss man jetzt auch ein wenig wachrütteln und die bedürftigen Ligen und Klubs unterstützen. Fakt ist: Das Haus des europäischen Fußballs aus Sicht der Ligen bröckelt, wir müssen es dringend renovieren.

 

Letzte Frage: In Österreich wurde gerade von der neuen Regierung angekündigt, die Pyrotechnik-Ausnahmeregelung deutlich zu verschärfen. Damit wird der Pyro-Einsatz so gut wie unmöglich gemacht. Denken Sie, dass dies ein sinnvoller Schritt ist, immerhin hat die Ausnahmeregelung eigentlich gut funktioniert?

Persönlich wäre ich für Null-Toleranz in Sachen Pyrotechnik. Wie meine Ex-Kollegen in der Bundesliga versichern, wird es keine bessere praktische Lösung geben, als die aktuelle Ausnahmeregelung und in weiterer Folge Zusammenarbeit mit den Klubs und Anhängern, die erfolgreich gelebt wurde. Das sollte man sich seitens der Politik vor Augen halten und weitere Gespräche führen.

Danke für das Gespräch!

 

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