Christoph Freund: "Auch Niederlagen werden irgendwann kommen" (2)

Red Bull Salzburg-Sportchef Christoph Freund kann auch ohne Champions League auf ein erfolgreiches Jahr 2018 zurück blicken und erzählt im 90minuten.at-Jahresgespräch von seinem Highlight, wagt einen Ausblick auf die Kaderplanung und findet das neue Ligenformat gut.

90minuten.at: Gibt es eigentlich einen eigenen Plan, wie junge Spieler eingesetzt werden?

Freund: Das muss man immer individuell sehen. Wenn sich einer mit 17, 18 Jahren bei unserem Kooperationspartner FC Liefering über einen längeren Zeitraum von acht bis zwölf Monaten etabliert und sich zu einem Führungsspieler entwickelt, dann tut er sich leichter, beim FC Red Bull Salzburg eingebaut zu werden. Wir haben da sehr positive Erfahrungen mit diesem Weg gemacht. Schlager, Wolf, Haidara oder Samassekou haben sich in Liefering durchgesetzt und eine Führungsrolle übernommen, sind also diesen Weg gegangen.

 

90minuten.at: Es gibt immer wieder vereinzelt disziplinäre Troubles - Oberlin, Onguene, Pongracic, Yabo – warum? Oder, wenn man Yabos Aussagen im Sommer wegnimmt, ist das bei der Arbeit mit jungen Menschen nun einmal so?

Freund: Grundsätzlich haben wir sehr professionelle und fokussierte Spieler, wie alle den Job leben und tagtäglich dran arbeiten, das Maximum heraus zu holen. Aber wir haben es mit Menschen zu tun und da passiert immer mal wieder etwas. Das ist aber sehr überschaubar, wir haben das ganz gut im Griff.

 

90minuten.at: Marco Rose kommuniziert auch stets sehr offen, wenn etwas ist.

Freund: Marco hat einen super Umgang mit den Jungs und weiß auch, wann er etwas öffentlich machen will oder soll. Er hat da ein gutes Gefühl und es ist ihm bewußt, dass er es mit vielen jungen Menschen zu tun hat. Er zieht da die richtigen Schlüsse.

 

90minuten.at: Ist das auch der Grund, warum der Trainer sich wie neulich nach dem Admira-Spiel hinstellen kann und sagen kann, dass man nicht so gut gespielt hat?

Freund: Er ist immer offen und ehrlich, in der Kabine und in der Öffentlichkeit, er ist sehr authentisch. Es ist wichtig für die Mannschaft, dass der Trainer glaubwürdig ist und klar kommuniziert.

Aktuell ist Marco bei uns Trainer und wir sind sehr glücklich darüber. Ich gehe davon aus, dass er noch mindestens bis Sommer da ist. Aber es ist die Aufgabe des Vereins, so gut wie möglich vorauszuplanen. Wenn die Situation dann eintritt, sollte man einfach vorbereitet sein.

Freund über Rose

90minuten.at: Finden Sie es übrigens auch unheimlich, dass diese Mannschaft nicht verliert?

Freund: Es ist weniger unheimlich, als vielmehr beeindruckend, wie die Spannung immer wieder hoch gehalten wird. Aber auch Niederlagen werden irgendwann kommen, das wissen wir alle.

 

90minuten.at: Ich denke, viele heimische Fans hätten auch nichts dagegen, wenn das zumindest im Europacup noch länger so bleibt.

Freund: (lacht) Wir haben da ebenfalls nichts dagegen. Aber es ist schon etwas Besonderes und keine Selbstverständlichkeit. Die Mannschaft, der Verein, das Team rund um das Team sind jedoch so gefestigt, dass wir das alles gut einschätzen und einordnen können.

 

90minuten.at: Es gibt den Spruch: Der Trainer denkt an die nächsten drei Spiele, der Sportdirektor an die nächsten drei Jahre. Sie werden sich wohl schon Gedanken über die Zeit nach Marco Rose machen, oder?

Freund: Aktuell ist Marco bei uns Trainer und wir sind sehr glücklich darüber. Ich gehe davon aus, dass er noch mindestens bis Sommer da ist. Er hat auch noch Vertrag bis 2020. Alles andere werden wir dann sehen. Er ist ein begehrter Trainer, weil er einen tollen Job macht und Vereine aus größeren Ländern können ihre Augen nicht davor verschließen. Wir haben einem Trainer aus unserem Nachwuchs die Chance gegeben und er macht das extrem gut und professionell. Wir genießen gerade die Zeit mit Marco Rose.

 

90minuten.at: Er wird nicht bis 2025 Trainer sein. Sie wissen, so wie sie junge Spieler einbauen, auch, welchen Trainer man holen könnte?

Freund: Es ist grundsätzlich der Job eines Vereins und eines Sportdirektors, zu planen, wie der Kader in sechs, zwölf oder 18 Monaten aussehen soll. Man kann nicht immer alles eins zu eins umsetzen, aber es ist die Aufgabe des Vereins, so gut wie möglich vorauszuplanen. Wenn die Situation dann eintritt, sollte man einfach vorbereitet sein. Damit muss man sich immer wieder auseinander setzen.

 

90minuten.at: Sprechen wir noch über die Liga selbst. Wie sehen Sie in Salzburg die neue Liga?

Freund: Es ist sehr spannend zu sehen, wie um das Meisterplayoff gekämpft wird. Auch die ersten vier Spiele im Frühjahr werden sehr interessant sein, weil es für viele Vereine noch um viel geht. Das gab es zuvor in dieser Phase der Meisterschaft nicht. Dann kommt noch die Punktehalbierung im Frühjahr, was für uns heuer eben kein Vorteil ist. Ich denke, dass dieses Format Zukunft hat.

 

90minuten.at: Das Niveau der Liga ist allgemein besser geworden, auch wenn die Namen „nur“ Hartberg und St. Pölten sind. Wäre es aber aus Ihrer Sicht besser, wenn andere Klubs näher dran wären?

Freund: Wir haben aktuell eine Ausnahmesituation und noch kein Spiel verloren. Andere Vereine haben Probleme, aber solche Phasen gibt es immer wieder. Wir waren letztes Jahr in der Winterpause auch nicht an erster Stelle. Die Spiele sind momentan oft auch sehr eng. Der Unterschied, wie er sich aktuell darstellt, ist auf Dauer nicht so groß. Und ich bin davon überzeugt, dass die großen Vereine bald wieder näher dran sein werden . Mit unseren innovativen Weg versuchen wir jedenfalls, am Ende ganz vorne zu stehen.

 

90minuten.at: Sehen Sie große Unterschiede zwischen Europa League und den Ligaspielen?

Freund: Wenn wir in der Liga nicht unser Maximum abrufen, werden wir gegen jeden Verein Probleme bekommen. Das haben wir auch am Wochenende wieder gesehen. Man kann in kein Spiel gehen und sagen, dass 80 Prozent reichen. Das ist aber auch nicht unser Zugang. Natürlich wirkt ein Spiel in der Europa League oft anders. Aber bei den Lauf- und Sprintwerten sehen wir keinen Unterschied zwischen diesen beiden Bewerben.

 

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