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Amir Shapourzadeh: "Geht nicht um unpopuläre Entscheidungen, sondern darum gerechter zu verteilen" (2)

Die Admira ist Letzter. Manager Amir Shapourzadeh lässt im 90minuten.at-'Jahresgespräch' die letzten Monate Revue passieren. Dabei geht es nicht nur um den Sport, sondern auch um einen Klub, der den Finger in Wunden legt.

90minuten.at: Was erwarten Sie im Winter? Einen Vorteil hat es, wenn man schlecht spielt: Die Spieler stehen nicht so stark im Fokus!

Shapourzadeh: Ich denke schon, dass wir ein gutes Spielerportfolio haben. Wir haben viele gute, junge Spieler. Es gibt national und international Anfragen für mehrere. Aber wir beschäftigen uns damit gerade nicht. Wir wollen im Winter einen Feinschliff machen und uns gut für die Rückrunde vorzubereiten, damit wir unser großes Ziel erreichen.

 

90minuten.at: Wenn also wer beispielsweise Kalajdzic haben will, muss er marktüblich bezahlen?

Shapourzadeh: Auch damit beschäftigen wir uns nicht. Ansonsten klar: Der Markt bestimmt den Preis.

"Es geht nicht darum, unpopulär zu sein. Der TV-Vertrag ist höher dotiert als vorher, aber davon haben die kleineren Vereine fast nichts. Das dann nach Zuschauerzahlen zu legen … das hat mich und uns überrascht." - Amir Shapourzadeh

90minuten.at: Wenn man nach 18 Runden Letzter ist, muss auch ein möglicher Abstieg Thema sein. Ist das ein Thema auf Funktionärsebene oder auch bei den Spielern?

Shapourzadeh: Ich sehe tagtäglich, wie die Mannschaft arbeitet. Sie ist intakt, das ist eine gute Ausgangsposition. Ich glaube an die Mannschaft und das Trainerteam. Im Fußball und im Leben kriegt man nichts geschenkt. In der Vereinsspitze muss man das aber natürlich besprechen. Das ist unsere Pflicht und Verantwortung, sich auch auf das Abstiegs-Szenario vorzubereiten. Alles andere wäre fahrlässig. Die letzten zwei, drei Jahre waren sehr erfolgreich. Wenn man das geringste Budget hat und die jüngste Mannschaft, braucht man auch immer Zeit und Geduld. Es wird nicht jedes Jahr so sein, dass man um die Europa-League-Plätze spielt. Wir wollen die Klasse halten und Spieler aus der Akademie heranführen, sie auf den nächsten Karriereschritt vorbereiten.

 

90minuten.at: Hartberg hat diese Saison aber weniger Geld.

Shapourzadeh: Ich habe Zahlen gelesen, da war ich auch überrascht. Die haben aber auch keine Akademie. Unsere kostet uns natürlich einiges. Somit haben sie mehr Geld für die Profimannschaft.

 

90minuten.at: Die Akademie würde es umgekehrt auch leichter verkraftbar machen, wenn man absteigt, oder?

Shapourzadeh: Nochmals: Ich beschäftige mich nicht damit. Wenn man gut arbeitet, wird man am Ende des Tages belohnt.

 

90minuten.at: Letze Woche gab es Aufregung rund um den TV-Vertragsschlüssel. Die einen pochen auf Vertragstreue, die anderen wollen mehr Solidarität. Dass der Vorschlag aus der Südstadt kam, ist eigentlich wenig überraschend. Hat sich hier auch generell die von ihnen einmal angesprochene Denke, das bestmögliche für den Klub heraus zu holen, auch wenn es vielleicht unpopulär ist, durchgesetzt?

Shapourzadeh: Es geht nicht darum, unpopulär zu sein. Es geht darum, dass man auch auf die kleinen Vereine in den beiden höchsten Spielklassen achtet. Es gibt keinen Sky-Vertrag mit der zweiten Liga, aber auch in der Bundesliga sollte man die kleinen Vereine nicht hängen lassen. Der TV-Vertrag ist höher dotiert als vorher, aber davon haben die kleineren Vereine fast nichts. Das dann nach Zuschauerzahlen zu legen … das hat mich und uns überrascht. Wir haben uns damals schon bei den ersten Gesprächen gewehrt, weil wir diesen Weg nicht mitgehen wollten, weil es unterschiedliche Voraussetzungen gibt und nur die großen Vereine profitieren. Da geht es nicht um unpopuläre Entscheidungen, sondern darum gerechter zu verteilen. Damit die Bundesliga spannend bleibt, die kleinen Vereine ein bisschen aufgefangen werden um man ein Auge auf die 2. Liga haben sollte. In Holland haben sich die Vereine, die Champions League spielen, solidarisiert und sie geben freiwillig einen Teil ihrer Gelder an die Liga ab. Das sollte auch irgendwann unser Weg sein. Viele kleinere Vereine haben mit Sponsoring schon auch zu kämpfen.

 

90minuten.at: Es ist zugegebenermaßen nicht das erste Mal, dass die Admira den Finger in die Wunde legt, Stichwort LASK. Altach-GF Längle bemängelt auch, dass es zu viele HInterzimmerabsprachen gibt. Ist der Fußball zu intransparent?
Shapourzadeh: Ich habe es auch gelesen und das hat nichts mit Hinterzimmerabsprachen zu tun. Wir haben uns kritisch zum TV-Vertrag geäußert. Warum sich kleinere Vereine gegen mehr Geld gewehrt haben, hat uns damals schon überrascht. Im Hintergrund werden sich die Leute immer über die Liga und wie man diese voranbringen kann, unterhalten. Von Hinterzimmerabsprachen zu sprechen … da musste ich ein bisschen schmunzeln. Es wurde geheim abgestimmt, jeder wurde gefragt. Die Wertung war knapp, es lag an einer Stimme. Man sollte eine Arbeitsgruppe gründen, um dieses Thema noch einmal zu besprechen. Aber es ist ja kein Geheimnis, wenn man miteinander spricht. Wir legen den Finger in die Wunde, wenn es transparenter und fairer sein könnte.

 

90minuten.at: Aber es kommt doch eh immer alles irgendwann raus. Wäre es nicht besser, viel transparenter mit mehr Dingen vorzugehen?

Shapourzadeh: Das würde ich auch befürworten, wenn das keine geheimen Abstimmungen sind. Wir wollen transparent sein und die gesamte Liga voran bringen. Wenn wir ein ungutes Gefühl haben, werden wir immer kritisch hinterfragen. Es gab bei der Admira früher Lizenzprobleme, Punkteabzüge – das gibt es nicht mehr, wir arbeiten sauber und transparent. Anscheinend passt das nicht allen. Es wird nichts besser, wenn man unangenehme Dinge nicht offen anspricht.

 

90minuten.at: Im letzen Jahr ist die Admira, wenig beachtet, auch durch ein schnell produziertes Video gegen Homophobie aufgefallen. Waren Sie da involviert?

Shapourzadeh: Als Gesamtverein, ja. Wir haben eine Vorbildfunktion und die wollen wir erfüllen. Wir stellen uns diesen Themen.

 

90minuten.at: Fußball ist ein internationaler Sport, wie selbstverständlich liegen sich der Österreicher, der Deutsche, der Nigerianer und der Japaner in den Armen. Umgekehrt schweigt der Fußball trotz der Herkunft als Sport der einfachen Leut' zu gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Wäre es nicht wünschenswert, wenn die Vorbilder von Millionen von Kids sich hier öfters äußern würden?

Shapourzadeh: Man muss generell aufpassen. Ich bin kein Freund davon, Sport und Politik miteinander zu vertauschen. Wenn wir mit einer weltoffenen Sichtweise und der verbindenden Kraft des Sports nicht genug Inspiration für Politik und Gesellschaft sind, kann es nicht die Aufgabe des Fußballs sein, sich zu einer Bewegung mit politischer Aussage zu entwickeln. Das würde den Sport dann auch negativ verändern, fürchte ich.

 

90minuten.at: Wie würde der Verein reagieren, wenn Spieler sich äußern?

Shapourzadeh: Die Jungs sind alt genug zu wissen, was sie von sich geben und was nicht. Wir wollen ihnen nicht alles vorschreiben, aber es gibt natürlich ein paar Richtlinien. Wir setzen da auch auf den gesunden Menschenverstand…

 

 

 

90miuten.at: Sie sind seit zwei Jahren hier – wo steht der österreichische Fußball punkto Professionalität?

Shapourzadeh: In anderen Ligen gibt es ganz andere finanzielle Mittel. Budgets der kleineren Teams der österreichischen Bundesliga sind mit jenen bei deutschen Dritt- und Viertligisten zu vergleichen. Darum ist es insgesamt schwierig zu vergleichen. Es gibt Vereine, die gut und professionell arbeiten. Wenn ich auf uns schaue, gibt es immer Bereiche, die man professionalisieren kann.

 

90minuten.at: Das ist letztlich immer eine finanzielle Frage.

Shapourzadeh: Ja, etwa beim Videobeweis. Das kann in anderen Ländern schneller angeschoben werden. Wir wollen es auch unbedingt, weil es Sinn macht. Es ist aber eben auch eine Kostenfrage. Ich würde mir dennoch wünschen, dass es schnellstmöglich realisiert wird.

 

90minuten.at: Zum Abschluss: Was hat Sie positiv überrascht?

Shapourzadeh: Für die Größe der Liga und des Landes haben wir sehr viele gute Fußballer, die gut ausgebildet sind! 

 

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