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Fredy Bickel: "Wir können diese Saison nicht den Anspruch haben, Salzburg zu jagen" (2)

Im Jänner ist Fred Bickel ein Jahr Rapid-Sportdirektor. Er kam in einer schwierigen Situation und es sieht so aus, dass er sie lösen konnte. Im großen Interview mit 90minuten.at spricht er über seine Vorstellungen von Fußball, die relative Wichtigkeit einer Spielphilosophie und sein Verhältnis zu Trainer Goran Djuricin.

Interview Fredy Bickel Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

90minuten.at: Das heißt, dass man die zweite Mannschaft auch in die neue zweite Liga bringen muss?
Bickel: Ich finde, das muss langfristig sein. Die zweite Mannschaft muss so weit wie möglich oben spielen. Es ist aber auch so, dass wir den Aufstieg diese Saison gerne nehmen, es ist aber nicht so, dass wir das mit allen Mitteln erreichen wollen. Aber ehrlicherweise sind wir auch hier noch nicht so weit. Das zweite Team ist noch nicht so mit Talenten übersät, dass dieser Schritt schon vollzogen werden kann. Wenn es klappt, ist es wunderbar, wenn nicht, ist es auch die Realität.

"Der Trainer muss zur Mannschaft passen. Wir brauchen keinen Coach, der irgendwie dazu passt, nur weil sich der Verein vorstellt, man muss das und das spielen." - Die Spielphilosophie ist bei Fredy Bickel nicht in Stein gemeißelt

90minuten.at: Soll das, was Goran Djuricin bei der ersten Mannschaft spielen lässt, auch bei der zweiten und im Nachwuchs praktiziert werden?

Bickel: Ich habe einen anderen Ansatz: Ich glaube, dass ein Klub für seine Charaktere steht und wir sind ein Team, das weiterhin mehrheitlich dominant auftreten wird. Man hat andere Spieler mit anderen Stärken. Der Trainer muss zur Mannschaft passen. Wir brauchen keinen Coach, der irgendwie dazu passt, nur weil sich der Verein vorstellt, man muss das und das spielen. Das ist das Gleiche im Nachwuchs. Mir ist es schon wichtig, dass die Spieler auf Positionen spielen, auf denen man sie in der ersten Mannschaft mal sieht. Das muss auf den Spieler bezogen sein, auf welcher Position er einmal etwas erreichen kann. Aktuelles Beispiel: Ein Junger, der auch der Sechs spielen kann, das in der U18 macht, kann dies vielleicht aber rein aus der körperlichen Konstellation im professionellen Fußball nicht, wird aber ein guter rechter Verteidiger. Somit sollte er dies auch schon im Nachwuchs spielen, auch wenn er dort auf der Sechs vielleicht noch besser ist.

 

90minuten.at: Aber kann man als Sportdirektor das so machen, dass man sich die Spieler anschaut und dann weiter schaut? Es geht ja um Grundprinzipien.

Bickel: Ich gewichte das nicht so sehr. Wir haben im Frühjahr gut analysiert, welche Spielertypen der Mannschaft fehlen. Bei Bolingoli wussten wir, dass wir auch Schnelligkeit, Überraschungsmomente, etwas Verrücktes brauchen und dass unsere Mannschaft intelligenten Fußball spielt. Er passte schon genau rein. Ebenso wichtig wie der Spieler selbst ist es auch, dass er ins System passt. 

Fredy Bickel im Gespräch mit Georg Sander

90minuten.at: Überspitzt formuliert wird aber, wenn die erste Mannschaft Ballbesitzspiel praktiziert, der U18-Trainer nicht nur 6-3-1-Konterfußball spielen.

Bickel: Das ganz bestimmt nicht.

 

90minuten.at: Kommen wir zum Trainer. Er war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, es gab wohl auch finanzielle Überlegungen.

Bickel: Ich sage es zwar immer, aber es ist noch immer nicht ausgeräumt: Es war nie eine finanzielle Geschichte. Es ist ja nicht so, dass wir wahnsinnig am Hungertuch nagen. Das Finanzielle hat keine Rolle gespielt. Er wusste, dass wir uns umschauen, er wusste, dass er eine Chance hat. Vom Gefühl dachte ich mir immer von Beginn weg, dass er das packen kann, dass ich ihm das zutraue. In der Übergangsphase spürte man schon, wie gut die Mannschaft auf ihn anspricht und so wuchs mit dem guten Gefühl auch die Sicherheit, dass es mit ihm klappt. Er hat auch Hunger, weiter zu lernen.

 

90minuten.at: Die Aufgabe ist sehr groß, auch, wenn es um Stabilisierung geht. Genießt Goran Djuricin Welpenschutz?

Bickel: Überhaupt nicht. So lange ich sehe, dass er diesen Weg weiter gehen will, ich spüre, dass er lernen will und bei der Sache ist, können wir auch zehn Mal hintereinander 0:1 verlieren. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Es braucht mehr als die Resultate, um das Urteil zu fällen, dass es nicht mehr passt.

 

90minuten.at: Geben Sie Djuricin viel vor?

Bickel: Man erwartet sich immer ein gutes Team am Platz. Gerade in unserer Liga gewinnt man nichts mit einzelnen Spielern. Das geht nur im Team. Wenn man das vorgibt, muss man das auch vorleben. Ich sehe mich nicht als der, der kommt und Vorgaben macht. Ich spreche Dinge klar an, den Umgang mit Spielern, die Medienarbeit, da kommt alles auf den Tisch. Aber ich will das gemeinsam besprechen und bestimmen, wie wir weiter tun. Bis heute haben wir das immer so gehandhabt.

 

90minuten.at: Unter welchen Umständen würden Sie eingreifen?

Bickel: Ich halte immer sehr lange am Trainer fest. Wenn Vertrauen gewonnen ist, dann zu hundert Prozent. Wenn es auf der Kippe steht, sage ich sofort, dass es keine Diskussion gibt. Das war ja auch schon der Fall. Ich hätte es auch gesagt, wenn es eine Diskussion geben würde. Ich denke, es ist wichtig, Dinge anzusprechen. Sobald man das Gefühl hat, dass der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht oder sie nicht mehr aus einem Tief bringen kann, es schadet der Mannschaft, da muss man reagieren. Ich musste das in der Vergangenheit zwei, drei Mal machen. Auch mit Damir Canadi oder in der Schweiz mit Uli Forte. Da habe ich alles versucht. Ich habe Forte fünf Monate später entlassen, obwohl das Team wie auch das Präsidium gemeint haben, ich solle etwas unternehmen. Es ist aber zu einfach, den Trainer zu wechseln.

 

90minuten.at: Die Spieler kamen und sagten: Bitte einen neuen Trainer?

Bickel: Das war bei den Young Boys. Ich versuche, mit den Spielern immer ein offenes Verhältnis zu haben. Was ich nicht mache ist, dass ich zu ihnen gehe und sie frage, ob sie mit dem Trainer zufrieden sind. Bei Bern war es der Spielrrat, der zu mir kam. Für mich war aber klar, dass ich beiden Parteien helfen will, habe aber zu spät realisiert, dass es tatsächlich nicht mehr geht.

 

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