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Matthias Luttenberger: "Der E-Sport wird in Österreich noch immer belächelt"

Ende März kündigte die Bundesliga den ersten offiziellen E-Sport-Bewerb eines Sportverbandes in Österreich an. Die eBundesliga. Einer, der im E-Sport national und auch international bereits seit einigen Jahren erfolgreich ist, ist der Paldauer Matthias Luttenberger. Im Gespräch mit 90minuten.at äußerte sich der 29-Jährige unter anderem zu den Plänen der Bundesliga und auch zur heimischen E-Sport-Szene. Das Gespräch führte Stefan Berndl.

90minuten.at: Sie sind jetzt doch schon einige Jahre in der Szene aktiv. Gab es in Österreich schon einmal ähnliche Bestrebungen, wie das jetzt mit der eBundesliga der Fall ist?

Luttenberger: Also in diese Richtung gab es bis jetzt nichts Vergleichbares. Es gab immer wieder kleine Staatsmeisterschaften, aber das war in einem eher familiären Umfeld. Da gab es in FIFA sicher keine 70, 80 Spieler österreichweit. Es ist in Österreich einfach ein sehr komisches Thema. Den Medien ist es noch nicht so bewusst, was sich da eigentlich tut. Als Beispiel hat erst vor kurzem LAOLA1 redaktionell eine E-Sport-Sektion gegründet. Das ist zumindest in Österreich ein Novum. Und ich glaube auch, der Schritt zwischen FIFA oder PES und dem echten Fußball ist dann doch sehr gering. Da kann man viele Interessierte erreichen. Die eBundesliga wird da der ganzen Szene hoffentlich einen Schub geben.

 

90minuten.at: Wie hat sich die Außenwirkung des E-Sports in den letzten Jahren verändert?

Luttenberger: In Österreich hat sich von Beginn an sehr wenig getan. Ich merke es nur international. Da merkt man, dass es von Jahr zu Jahr professioneller wird. Mit Filmteams und Kommentatoren, marketingtechnisch enorm gut aufgezogen. Da werden nicht nur Turniere abgehalten, sondern die Spieler werden wirklich in den Fokus gerückt. Da ist wirklich viel passiert in den letzten Jahren. Und mit Streams und anderem werden ja extrem viele Leute erreicht. Das merken immer mehr auch die Organisationen, die dann an Spieler oder Streamer herantreten, die schon eine gewisse Reichweite haben.

Matthias Luttenberger (hinten sitzend) in Aktion. Der Grazer ist bei Wettbewerben meist die Ruhe in Person.

90minuten.at: Stichwort Professionalität. Wie sieht es da in Österreich aus mit Sponsoren und Preisgeldern?

Luttenberger: Ich kann nur von FIFA und PES sprechen. Da gibt es sponsorentechnisch eigentlich nichts. Da gibt es kaum Bestrebungen, dass irgendwelche Spieler gesponsert werden. Man kann nur hoffen, dass man den internationalen Schritt schafft und bei Vereinen unterkommt. Ob das jetzt bei Schalke oder Wolfsburg ist. Ich glaube da gibt es in Europa schon rund 15 Vereine, die bereits E-Sportler unter Vertrag genommen haben. Da fängt das ganze erst an. In Österreich sind wir da noch sehr, sehr weit davon entfernt. Nur Red Bull ist da immer mehr tätig, aber das ist im Grunde die einzige Institution, die in diesem Bereich ein wenig etwas macht. Da werden Turniere oder Spieler gesponsert. Etwa ein FIFA-Weltmeister aus Dänemark, August Rosenmeier, der sogar privat von Red Bull gesponsert wird. Ich glaube, dass da Red Bull eine Triebfeder in den nächsten Jahren sein wird.

 

90minuten.at: Sie spielen jetzt seit rund 20 Jahren Fußball auf der Konsole. Zu welchem Zeitpunkt kam der Gedanke, da auch an Turnieren teilzunehmen?

Luttenberger: Das war bei mir 2005. Wir bekamen dann damals eine bessere Internetverbindung und ich habe angefangen, bei Turnieren mitzuspielen. Da gab es Ranglisten, in der man sich rauf und runter spielen konnte. So bin ich erstmals mit dem E-Sport in Verbindung gekommen. Die ersten Jahre habe ich PES gespielt, die 2008er-Version hat mir dann aber nicht gefallen und ich bin auf FIFA 08 umgestiegen. Damals gab es bei der E-Sport-Szene in Österreich auch ein wenig einen Aufschwung, da fanden große Turniere statt. Etwa die Electronic Sports Pro Series, von der ESL, die zwei Tage lang im Gasometer gespielt wurde. Da wurden Österreich, die Schweiz und Liechtenstein zu einer Liga zusammengefasst. Die besten vier Spieler haben im Gasometer um den Titel gespielt. Und das war das letzte große Event in Österreich. Dann kam die Finanzkrise und das E-Sport-Thema ist komplett eingeschlafen. Zum damaligen Zeitpunkt waren wir in Österreich eigentlich schon weiter, als jetzt im Jahr 2017.

"PES ist das direktere Spiel, es reagiert alles etwas schneller. FIFA wurde in den letzten Jahren immer träger, mit dem Hintergrund, dass es realistischer werden wollte." - Matthias Luttenberger

90minuten.at: Wie Sie bereits erwähnt haben, sind Sie zwischenzeitlich auf FIFA umgestiegen, sind also sowohl damit als auch PES gut vertraut. Was macht aktuell den größten Unterschied zwischen den beiden Spielen aus?

Luttenberger: Der größte Unterschied ist sicher einmal die optische Aufmachung bei FIFA, die sehr stark gemacht ist. Da spielen die Lizenzen eine große Rolle, da hat PES ein Problem. Man hat etwa in England nur drei lizenzierte Teams, also mit originalen Vereinswappen und Trikots. Chelsea heißt etwa London FC. Die Spieler wollen dann doch gerne mit den originalen Teams spielen. Das ist der größte Vorteil, den FIFA bietet. Spielerisch ist es eine reine Geschmackssache. Da ist PES das direktere Spiel, es reagiert alles etwas schneller. FIFA wurde in den letzten Jahren immer träger, mit dem Hintergrund, dass es realistischer werden wollte.

 

90minuten.at: Rein marketingtechnisch hat FIFA natürlich ganz klar die Nase vorne. Wie sieht das in der Community aus? Ist da FIFA dem Konkurrenten ebenfalls voraus?

Luttenberger: Das geht eigentlich Hand in Hand. FIFA ist das größere Spiel. In Europa ist FIFA sicher der weit größere Titel, in Südamerika ist es aber PES. Wieso? Das liegt einfach daran, dass dort die Ligen original sind. Also in Brasilien, Argentinien, Mexiko. Da sind einfach die Lizenzen ganz wichtig. 2018 werden die Rechte der deutschen Bundesliga neu vergeben und das wäre natürlich eine Möglichkeit - wenn die finanziellen Mittel bei PES vorhanden sind - dass der europäische Markt doch etwas besser bedient werden könnte. Deshalb hoffen die Spieler von PES, dass der Hersteller Geld in die Hand nimmt und Lizenzen kauft. Und davon ist dann abhängig, wie erfolgreich der Titel im jeweiligen Land ist.

 

>>> Seite 3 - Matthias Luttenberger: "Der Fokus liegt darauf, den Titel zu holen"

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