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Qatar 2022: Die Totengräber des Sports

Lesenswerter Leitartikel von Reinhard Göweil (Wiener Zeitung, 19. November 2013 - Text: Presseinformation Wiener Zeitung): .

 

Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften sind eigentlich gedacht als Wettstreit hervorragender Sportler der verschiedenen Nationen dieser Welt. Es sind auch Veranstaltungen der multikulturellen Begegnung und des gegenseitigen Kennenlernens, gute Stimmung inklusive (mit Ausnahme von Berlin 1936). Grundsätzlich.

Die Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi 2014 und die Fußball-WM 2022 im Golf-Emirat Katar tragen den Sinn und Zweck internationaler Sportveranstaltungen allerdings endgültig zu Grabe. Als Totengräber haben Weltfußballverband Fifa und das Internationale Olympische Komitee die Schaufeln in der Hand. Geblendet und verwöhnt vom großen Geld applaudieren die (meist) älteren Herren in vornehmem Tuch den gigantischen Plänen. Sotschi wird (Korruption eingerechnet) etwa 48 Milliarden Dollar kosten. Katar pumpt 120 Milliarden Dollar in eine Fußball-WM und baut gleich eine neue Stadt rund ums Stadium.

Und bisher schaut die Völkerverständigung so aus: Hunderte Gast-Arbeiter, vor allem aus Asien, sind wegen miserabler Arbeitsbedingungen an beiden Standorten für den Bau der Sportstätten bereits ums Leben gekommen. Sie werden schlecht, manche gar nicht bezahlt. Ihre Unterkünfte verfügen über keinen Strom, kein Wasser; Papiere werden ihnen abgenommen, listete Amnesty International auf.

Während der Sprecher der Top-Klubs Europas, FC Bayern-Chef Rummenige mit zwei Rolex-Uhren aus Katar heimkehrte (und 249.000 Euro Strafe zahlen musste, weil er die sündteuren Uhren nicht deklarierte), verzweifeln dort in Elendsquartieren Menschen. In Sotschi wiederum wird in industriellem Maßstab Korruption betrieben, aber auch Ausbeutung. Tausende Gastarbeiter wurden erst nicht angemeldet, dann ließ man sie schuften, um sie nun als "Illegale" aus dem Land zu werfen - ohne Löhne auszuzahlen.

Sportler, die in Sotschi und in Katar an den Wettbewerben teilnehmen werden, mögen es gut meinen. Sinn haben derartige Monstrositäten keinen mehr. Und die einzige Sinnstiftung, die von ihnen ausgeht, ist die bittere Erkenntnis, dass Geld und Macht - in trauter Runde mit Fifa und IOC - keine Skrupel kennen und immer gewinnen. Im Gegensatz zu den meisten Sportlern, die dort antreten werden.

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