News-Archiv / 2013

Hans Küpper: 'Da wurde eine Aufstiegsparty zum Bürgerkrieg umgedeutet'

Hansi Küpper ist einer der wenigen prominenten Fußball-Kommentatoren, die in den vergangenen Jahren offen Partei für die aktive deutsche Fanszene ergriffen und gleichzeitig Politiker und Sicherheitsbehören kritisiert haben. Im Interview mit 11freunde.de s

 

Demnach hat der Fußball laut Küpper in den heutigen Tagen einen historischen Zustand erreicht: "Noch nie haben sich mehr Menschen für Fußball interessiert, noch nie war es sicherer in den Stadien. Und trotzdem führen wir seit einer halben Ewigkeit hitzige Debatten darüber, wie gefährlich der Besuch eines Fußballspiels ist. Das finde ich paradox", und führt als Beispiel die Vorkommnisse beim Relegations-Rückspiel 2012 zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC an: "Das war das Groteskeste, was ich je beim Fußball erlebt habe: Dass eine Aufstiegsparty zu einem Bürgerkrieg umgedeutet wurde, obwohl tausende Fans und selbst die Polizei vor Ort es als genau das empfunden haben, was es war: eine Party. Pure Freude, Emotionen, das Glück von Fußball-Fans. Vielleicht etwas verfrüht, aber das war es dann schon. Über einen ausgerupften Elfmeterpunkt hätten wir uns alle zehn Jahre zuvor köstlich amüsiert – jetzt wurde das selbst von seriösen Medien als Auslöser für kriegsähnliche Zustände gewertet und monatelang breit getreten, bis endlich auf die Bremse getreten wurde. Unfassbar."

 

Großer Einfluss der Medien

Den Medien schreibt Küpper dabei einen großen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung zu: "Wenn pro Saison zwei Millionen Menschen in die Bundesliga-Stadien gehen – und dort die Chance haben, sich selbst ein Bild von der Situation zu machen, dann waren 80 Millionen nicht beim Fußball. Dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein, wenn man wegen zwei abgebrannten Pyrofackeln oder einem Platzsturm das Ende der zivilisierten Welt prophezeit."

 

Dennoch ist Küpper davon überzeugt, dass Pyrotechnik künftig nicht mehr erlaubt sein sollte: "Wenn Ultras behaupten, dass Pyro ein unverzichtbarer Bestandteil der Fankultur sei, dann halte ich das für Quatsch. Quatsch ist aber auch, dass die Gegenseite jeden Fan, der Pyro abfackelt, zum Gewalttäter macht. Ich sage: Wenn Pyro aus dem Stadien verschwinden würde, wäre damit allen geholfen. Die Kurven wären noch sicherer, und wir wären die unsachlichen Diskussionen darüber endlich los."

 

Lob und Kritik für Ultras

Küpper bewundert auch die Liebe, das Engagement und den Einsatz der Ultras für ihre Klubs, spart aber auch nicht mit Kritik: "Wenn die Schickeria in München an den ehemaligen jüdischen Präsidenten Kurt Landauer erinnert, der von Nazis verfolgt wurde, dann ist das nicht genug zu würdigen. Gleichzeitig schockiert mich die Schizophrenie der deutschen Ultra-Szene. Sie setzen sich an einem Tag vehement für basisorioentierte Fanarbeit ein und überfallen am nächsten Tag das Fanprojekts eines anderen Klubs. Sie protestieren gegen Zäune im Stadion und stürmen beim nächsten Spiel den Platz. Sie missbrauchen den Schal ihres geliebten Klubs, um sich zu vermummen. Das verstehe ich nicht", so Küpper.

 

Lesenswertes Interview auf 11freunde.de: »Pyros sind Symbol eines Stellvertreterkrieges«

Schon gelesen?