Andreas Herzog: "In den ersten Tagen war ich überzeugt davon, dass ich den Job machen will"

Im Interview mit bwin spricht Andreas Herzog über die Rapid-Krise, deren Auswirkungen und warum er eines Nachts aufgewacht ist und dann wusste, dass er aktuell nicht Sportdirektor bei Rapid werden will.

Auszug aus dem Interview von Andreas Herzog mit bwin - das gesamte Interview ist hier zu finden.

 

Kommen wir zu Rapid Wien: Der Verein steckt in einer desaströsen Situation. Was waren die Fehlentwicklungen, die zum Absturz des Rekordmeisters vom Vizemeister zum Abstiegskandidaten geführt haben?
Begonnen hat alles mit dem neuen Stadion und den damit verbundenen riesigen Erwartungen im Verein. Die Saison hat mit Mike Büskens dann ja verheißungsvoll angefangen – im ersten Spiel wurde Ried mit 5:0 abgeschossen – und dann habe auch ich mir gedacht, dass Rapid mit dem qualitativ hochwertigen Kader um den Meistertitel mitspielen wird. Der Knackpunkt war dann das Derby gegen die Austria. Das Spiel war ein Riesenpech, ein seltsamer Elfmeter für die Austria, dann eine hundertprozentige Ausgleichsmöglichkeit und, anstatt dass der Kapitän Stefan Schwab den Ausgleich gemacht hat, bricht er sich den Knöchel. Dazu kamen dann die Verletzungen von Schobesberger, Mocinic, Traustason und Hofmann. Das hat eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die nicht mehr aufzuhalten war.


Apropos Mocinic und Traustason, haben diese beiden Neuzugänge bisher enttäuscht?
Am Anfang haben sie mir sehr gut gefallen. Wenn du neu bist, viel Geld gekostet hast und die Mannschaft spielt als Ganzes nicht gut, wird noch mehr von dir erwartet. Dann kam die Abwärtsspirale und das hat auch den Neuzugängen in ihrer Wahrnehmung nach außen geschadet. Steht der Verein dann nicht hinter solchen Spielern, verlieren sie komplett ihr Selbstvertrauen. Der Zlatko Kranjcar war in den 90ern ein Klassespieler bei Rapid und hatte ebenso ein schwieriges erstes Jahr und da hat ihn der Verein unterstützt und gepusht. Diese Unterstützung hat mir diese Saison bei den Neuzugängen ein bisschen gefehlt.


Michael Krammer hat bei der Bekanntgabe der Beurlaubung des Duos Mike Büskens und Andreas Müller öffentlich die Entlassung von Zoki Barisic bereut. War es im Nachhinein ein Fehler, dass der Wohlfühltrainer Barisic entlassen wurde?
Das weiß ich nicht. Die Hintergründe, warum der Zoki entlassen wurde, kenne ich nicht. Er hat bei Rapid auf jeden Fall einen großartigen Job gemacht. Er hat immer junge Spieler eingebaut und ist regelmäßig in die Europa League einmarschiert. Sein einziger Makel war, dass er immer nur Zweiter geworden ist. Wahrscheinlich sitzt er jetzt in der Türkei und denkt sich, dass er seinen Job anscheinend doch nicht so schlecht gemacht hat.

Hätte ich ihn (Anm. den Trainerjob bei Rapid) angeboten bekommen, hätte ich ihn angenommen.

Andreas Herzog

Wer sind denn derzeit die Hoffnungsträger und Talente in der Mannschaft von Rapid?
Mir gefällt der Tamás Szántó sehr gut, der sehr viel Potenzial hat und regelmäßig mit seinen Qualitäten aufzeigt. Heute ist es für junge Spieler leider besonders schwer, da die Mannschaft allgemein schlecht spielt. In einem Jahr, in dem man erfolgreich ist, ist es leichter sich durchzusetzen und auf sich aufmerksam zu machen.


Hat Louis Schaub, der als großes Talent gilt, den Absprung ins Ausland bereits verpasst?
Jetzt muss er zuerst zusehen, dass er zu seiner alten Form zurückfindet, fit ist und sein Selbstvertrauen wiederfindet. Die Saison ist ja auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Natürlich sollte er den richtigen Zeitpunkt für den Gang ins Ausland nicht verpassen, aber da mache ich mir bei ihm keine Sorgen. Die Qualität hat er auf jeden Fall.


Damir Canadi wird nachgesagt, dass er Hierarchien in der Mannschaft neu ordnen wollte und deswegen die Führungsspieler Hofmann und Schaub bewusst hart rangenommen hat. Außerdem soll es zwischen Canadi und der Mannschaft allgemein massive Probleme gegeben haben. Wie sehen Sie das?
Von außen ist das immer sehr schwierig zu beurteilen. Wäre ich ein Spieler gewesen, der das alles mitgekriegt hat, könnte ich mir eine Meinung bilden. Canadi hat die Mannschaft in einer sehr unangenehmen Situation übernommen. Die ersten Spiele waren gleich gegen Genk und Salzburg. Hätte er da Erfolg gehabt, wäre es sicher nach außen und auch innerhalb der Mannschaft leichter gewesen. Das ist nicht passiert, es gab überhaupt keinen positiven Trainereffekt und der Negativtrend hat sich fortgesetzt. Von dem hat man sich ja bis jetzt nicht erholt.


Das ist grundsätzlich sehr verwunderlich, da Damir Canadi ein extrem hohes taktisches Know-how zugeschrieben wird.
Da sieht man wieder, wie verrückt der Trainerjob ist. In Altach war er der beste Trainer Österreichs und bei Rapid ist er plötzlich das komplette Gegenteil. Manchmal passt man eben nicht zu einem Verein, ganz abgesehen von den eigenen Qualitäten. Dann muss man einen Schlussstrich ziehen. Das war sicher auch für ihn eine schmerzhafte Lehre.


Woran ist es dann gescheitert, wenn der Kader ein qualitativ so hochwertiges Niveau hat und der Trainer einer der besten Österreichs ist?
Fakt ist, dass manche Vorgaben eines Trainers, der strikte Regeln aufzieht, nicht bei jedem Spieler gleich gut ankommen. Es ist für einen Trainer schwierig, wenn du permanent nur Negativerlebnisse erfährst. Anfangs hat er sich noch vor die Mannschaft gestellt und dann hat er einmal seiner Frustration freien Lauf gelassen, was die ganze Situation eher schlimmer als besser gemacht hat.


Christoph Schösswendtner soll er vor versammelter Mannschaft gesagt haben, dass er nicht Fußball spielen kann.
Da holt man den Schösswendtner, weil er der offensivstärkste Verteidiger der Liga war und dann setzt man nicht auf seine Fähigkeiten. So etwas verstehe ich nicht. Ich verpflichte den Spieler ja als Verein, weil ich zu 100 Prozent auf seine Qualitäten vertraue. Dass man ihm nach so einer guten Saison mit der Admira auf diese Art und Weise gleich wieder das Selbstvertrauen nimmt, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.


Ihr Ex-Verein Werder Bremen ist bekannt dafür, dass sie ehemalige Spieler sehr erfolgreich in den Verein einbinden. Sollte Rapid ein ähnliches Konzept verfolgen? Nützen ehemalige Spieler mit „Stallgeruch“ einem Verein?
Nur, weil ich ein erfolgreicher Fußballer war, bedeutet das nicht, dass ich auch ein guter Trainer werde. Wenn ein Spieler aber für einen Verein viel geleistet hat und eine gewisse Grundintelligenz besitzt, sollte man ihn einbinden, da er zur Identität des Vereins gehört. Insbesondere bei Rapid.  Bayern, Real oder Barcelona sind ja nur einige wenige herausragende Beispiele mit Persönlichkeiten wie Hoeneß, Zidane oder Luis Enrique.


Warum haben Sie dann den Sportdirektorposten bei Rapid abgelehnt?
In den ersten Tagen war ich überzeugt davon, dass ich den Job machen will. Dann bin ich irgendwann aufgewacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich lieber noch als Trainer mit der Mannschaft auf dem Platz stehe und mit ihr arbeite.


Hätten Sie den Trainerposten im Dezember angenommen?
Hätte ich ihn angeboten bekommen, hätte ich ihn angenommen.

 

Kürzlich kam das Gerücht auf, dass Sie Co-Trainer von Jürgen Klinsmann bei Arsenal London werden würden. Gibt es Gespräche mit dem Verein?
Nein, dem kann ich eine Absage erteilen. Der Jürgen war nur von Tottenham zum Derby eingeladen und hat mich gefragt, ob ich ihn begleiten möchte.


Würden Sie grundsätzlich wieder als Co-Trainer unter Jürgen Klinsmann arbeiten?
Wir haben natürlich über die Zukunft gesprochen und es gibt viele Varianten. Ich kann mich da nicht festlegen.