Austria Wien: Mit (ungewollt) gekauften Fans zur Nr. 1 auf Facebook
Den Lesern der Social Media Football League bzw. den Fußball-Fans auf Facebook wird es aufgefallen sein: In den vergangenen Wochen legte die offizielle Facebook-Seite der Wiener Austria nicht nur eine rasante Aufholjagd hin. In relativ kurzer Zeit übernah
Den Lesern der Social Media Football League bzw. den Fußball-Fans auf Facebook wird es aufgefallen sein: In den vergangenen Wochen legte die offizielle Facebook-Seite der Wiener Austria nicht nur eine rasante Aufholjagd hin. In relativ kurzer Zeit übernahmen die Veilchen in der Wertung „Fananzahl" sogar deutlich die Führung. Schnell war klar, dass dieses Wachstum nicht mit "natürlichen Mitteln" passiert ist.
Von Michael Fiala
In der Tat ist das Fanwachstum der Facebook-Seite der Wiener Austria äußert ungewöhnlich. Waren die Facebook-Veilchen am 16. September mit 70.180 Fans noch deutlich hinter der Konkurrenz aus Hütteldorf (72.820) und Salzburg (72.264) zu finden, war der Rückstand am 3. Oktober nahezu aufgeholt. Am 7. Oktober war es dann schlussendlich so weit: Der offizielle Facebook-Auftritt der Wiener Austria übernahm die Führung in der Wertung der meisten Fans. Dem nicht genug bauten die Favoritner die Führung in den Tagen danach schlagartig aus. (siehe und - oder auf die Grafik, um sie größer anzuzeigen). Beeindruckend: Insgesamt hat die Wiener Austria seit Anfang Juli 2012 mehr als 20.000 (!) Fans hinzugewonnen. (Quelle: allfacebook.de)
Fankauf auf Fanslave
Eine Analyse der Facebook-Aktivitäten der Wiener Austria in dieser Zeit ließ keine Rückschlüsse zu, warum ein derartiger Anstieg passiert ist. In diversen Foren (z.b. austriansoccerboard.com) gab es dann bereits bald erste Gerüchte, dass dieses „unnatürliche" Fanwachstum nicht mit „normalen" Mitteln stattgefunden hat, sondern die neue Nr.1-Position mit einem Kauf von Fans erreicht wurde.
Im Zeitraum des hohen Fanzuwachs blieb die Interaktionsrate der Austria-Fans auf der Facebook-Seite jedoch nahezu konstant bzw. sank sogar in diesem Zeitraum ( - klicke auf die Grafik oder , um die Grafik anzuzeigen), was als Indiz zu werten ist, dass die neuen Fans gekauft wurden. Denn Fans, die sich wirklich für die Aktivitäten einer Marke auf Facebook interessieren und deswegen Fan einer Facebook-Fanseite werden, interagieren in einem gewissen Ausmaß mit dieser.
90minuten.at registrierte sich daher zu Recherchezwecken bei einem dieser Fan-Kauf-Portale (fanslave): Gleich beim ersten Login wurde die Facebook-Seite der Wiener Austria vorgeschlagen (siehe - klicke auf den Screenshot oder, um die Grafik anzuzeigen). Das Prinzip von Portalen wie Fanslave: Als registrierter User bekommt man Fanseiten von Facebook, Twitter & Co vorgeschlagen. Wird der Vorschlag akzeptiert, bekommt der User in seinem Account Geld gutgeschrieben. In weiterer Folge sind auch Screenshots aufgetaucht, die zeigen sollen, dass auch die offizielle Facebook-Seite von Rapid für neue Fans wirbt. Bei zahlreichen Versuchen konnten jedoch keine anderen Fußball-Seiten im 90minuten.at-Test gefunden werden.
Austria vermutet übermotivierten Fan
90minuten.at konfrontierte die Wiener Austria mit diesem Umstand und bekam auch prompt eine Antwort: „Wir freuen uns tagtäglich über zahlreiche Beiträge, „Likes" und Fan-Zuwachs auf der offiziellen Facebook-Seite des FK Austria Wien. Dass die Wiener Austria, oder jemand im offiziellen Auftrag der Austria, „Fankauf" betreibt, können wir in jeder Form und mit blütenreinem Gewissen zurückweisen und ausschließen", so die erste Reaktion.
Die Verantwortlichen in Favoriten vermuten einen übermotivierten Fan, der „eigenständig und ohne jegliche Aufforderung und/oder Unterstützung, Geld in einen möglichen Fan-Kauf investiert hat".
Die Wiener Austria ist eigenen Aussagen zu Folge bereits intensiv auf der Suche nach einer Spur, „wie wir die betreffende Person, die diese Kaufaktion, falls es sie wirklich gibt, kontaktieren zu können. Für derartige Käufe ist auf den diversen Seiten unserer Recherche nach ja auch kein Admin-Recht etc. für eine Seite notwendig, sondern genügt die einfache Nennung eines Fanseiten-Links." ( der Wiener Austria nachzulesen)
Kauf auch durch externe Personen möglich
Dies bestätigt auch Social-Media-Expertin Judith Denkmayr von der Agentur Digital Affairs. „Es ist definitiv für Nicht-Admins möglich, Fans dazuzukaufen. Das ist ja dem Team von Bundeskanzler Faymann passiert. Jemand hat der Seite "fans spendiert", und plöztlich wurden Beiträge von "LongDongAnalSurfer" oder "Crazy Bitch" geliked. Es hatte sich jemand eine Jux gemacht, und US Fans für die Seite gekauft", so Denkmayr gegenüber 90minuten.at.
Dennoch ist es in vielen Branchen üblich, Fans zu kaufen, um die Konkurrenz zu überflügeln. Für Denkmayr ein Egothema. „In manchen Branchen liefern sich die diversen Markteilnehmer ein richtiges Match um die Fan-Zahlen. Am Sinn von Facebook geht ein Fankauf immer vorbei, weil gekaufte Fans sich ja nicht für das Unternehmen, in dem Fall den Verein, interessieren sondern für die Summe, die auf ihrem Paypal-Konto landet. Und damit da ein Betrag von ein paar Euros zusammenkommen, muss man Hunderte Seiten liken. Und wer regelmäßig hunderte Seiten liked, macht das entweder mit einem Fake Profil, oder verbirgt diese Seiten in seinem Stream bzw. der Facebook Edge Rank macht das für den User. Es hat also keinen Einfluss auf die Interaktion auf der Seite, und Interaktion und Dialog sind ja die eigentlich harte Währung auf Facebook."
Dies bestätigt auch Johannes Skrivanek, Leitung Online Marketing von Pulp Media: „Die Fananzahl ist weit nicht mehr der große Qualitäts- und Reichweitenfaktor, jetzt zählen Interaktion (talking about this) und tatsächliche Reichweite (reach), um den Edge Rank im Griff zu haben. Vergleichbar mit Autos: früher PS, jetzt Komfort und Verbrauch", so Skrivanek gegenüber 90minuten.at.
Externes Investment von 2.000 Euro
Sollte ein „externer Fan" – wie die Austria vermutet – Facebook-Fans „für" die Wiener Austria gekauft hat bzw. noch immer kauft, müsste dieser aber auch einiges an finanziellen Mitteln investiert haben. Wenn man bedenkt, dass seit Juli 2012 über 25.000 Fans hinzugekommen sind und zieht man das übliche Wachstum von rund 2.000 Fans in dieser Zeit ab, bleiben also rund 23.000 Fans, die aus dem Zukauf von Fans hinzugekommen sind. Auf Fanslave würde ein Zukauf von 20.000 Fans rund 2.000 Euro kosten.
Den Verantwortlichen der Wiener Austria sind in diesem Fall die Hände gebunden. Denkmayr: „Facebook Fans zu kaufen, wird von vielen Juristen als eine rechtswidrige Geschäftshandlung angesehen, kann also zu Abmahnungen führen. Außerdem verstoßen alle Seiten, also Fanslave, die verkauften Fans und die Käufer gegen die Nutzungsbedingungen von Facebook. Theoretisch sollte Facebook Userprofile sperren, die zB. auf Fanslave registriert sind und die App installiert haben. Dennoch gibt es die Facebook Seite und die App noch, Facebook hat wohl auch hier (wie bei den Gewinnspielen) nicht die Ressourcen oder das Interesse, um durchzugreifen."
Zudem haben die Veilchen laut eigenen Angaben auch kein Interesse, dass Fans von Außen gekauft werden. „Die Austria kann langfristig und nachhaltig keinen wirtschaftlichen Vorteil aus einem unnatürlich gewachsenem Fan-Netzwerk ziehen: Wir engagieren uns auch auf Facebook für soziale Projekte etc. Es gibt von Seiten der Austria aber keine außergewöhnliche, kommerzielle Facebook-Sub-Vermarktung für Sponsoren-Seiten oder -Projekte, es gibt somit keinen Grund, mit finanziellem Aufwand auf Zielgruppen-ferne Community-Erweiterung zu setzen."
Klar ist aber auch, dass sich jeder Klub freut, wenn er die Führung auf Facebook übernimmt. Auch die Wiener Austria zelebrierte diese Tatsache am 10. Oktober mit einem Posting auf Facebook.
Fazit: Penisvergleich für Fußball-Fans wichtig
Gerade im Fußball-Bereich ist natürlich der „Penisvergleich" auf Facebook, („Wir haben die meisten Fans") ein wichtiges Mittel, um die eigene Community bei Laune zu halten. Sowohl Sturm Graz (früher) als auch Rapid, Red Bull Salzburg und jetzt auch die Austria rühmten sich damit, irgendwann die Führung auf Facebook übernommen zu haben. Damit hat es sich aber auch schon. Effizienter ist es, eine Zielgruppen-nahe Community aufzubauen, die auch an den Inhalten wirklich nachhaltig interessiert ist.
In einem weiteren Artikel werden wir uns in Kürze mit anderen Maßnahmen beschäftigen, die Klubs tätigen, um ihre Facebook-Fanpage voranzutreiben.
Grafik 1 - Fanwachstum auf Facebook von Austria Wien, Rapid Wien und Red Bull Salzburg in den vergangenen 30 Tagen
(Quelle: http://allfacebook.de/tracking/FCRedBullSalzburg+fkaustria+skrapid)
Grafik 2: Fanwachstum von Austria Wien, Rapid Wien und Red Bull Salzburg in tabellarischer Form
(Quelle: http://allfacebook.de/tracking/FCRedBullSalzburg+fkaustria+skrapid)
Screenshot 1: Kauf von Fans für Austria Wien auf Fanslave
Grafik 3: Interaktionsrate der Facebook-Seiten von Austria Wien, Rapid Wien und Red Bull Salzburg im Vergleich
(Quelle: http://allfacebook.de/tracking/FCRedBullSalzburg+fkaustria+skrapid)
Komplette Stellungnahme der Wiener Austria auf Anfrage von 90minuten.at
Wir freuen uns tagtäglich über zahlreiche Beiträge, „Likes" und Fan-Zuwachs auf der offiziellen Facebook-Seite des FK Austria Wien. Dass die Wiener Austria, oder jemand im offiziellen Auftrag der Austria, „Fankauf" betreibt, können wir in jeder Form und mit blütenreinem Gewissen zurückweisen und ausschließen.
Zur transparenten Hintergrund-Info: Unsere offizielle Facebookseite wird derzeit von Austria-Mitarbeiten intern betreut, es gab und gibt zielgerichtete Aktionen, wie die „Mit meiner 11 zur Austria 11"-Applikation, die die Verbindung von Social-Media mit dem Stadionbesuch forciert und einige andere klassische Initiativen wie Foto-Wettbewerbe, etc. Neben Bewerbung der Seite in unseren eigenen Kanälen und mit unseren eigenen Werbemitteln haben wir über Kooperationspartnern (Laola1, RadioEnergy, etc.) Online- und Offline-Kampagnen ins Leben gerufen, um die Seite zusätzlich zu bewerben. Wir vermarkten die Facebookseite, wie auch unsere Homepage www.fk-austria.at, mit vielen anderen Leistungen und Produkten der Austria bestmöglich mit.
Sollte nun – wie von Dir vermutet - ein übermotivierter Fan, eigenständig und ohne jegliche Aufforderung und/oder Unterstützung, Geld in einen möglichen Fan-Kauf investieren, können wir dies leider nicht verhindern, es ist nämlich aus verschiedensten, leicht erklärten Gründen nicht in unserem Sinne:
Die Austria verfügt über das größte Business-Partner-Netzwerk aller heimischen Fußballklubs und über eine Vielzahl an offiziellen Fanklubs. Wir wissen aus diesem umfangreichen Erfahrungsschatz auch ganz genau, dass nur aktiv gelebte Partnerschaft und persönliche Betreuung von echten Partner Sinn macht. Ähnliches gilt auch für Facebook. Die Austria kann langfristig und nachhaltig keinen wirtschaftlichen Vorteil aus einem unnatürlich gewachsenem Fan-Netzwerk ziehen: Wir engagieren uns auch auf Facebook für soziale Projekte etc. Es gibt von Seiten der Austria aber keine außergewöhnliche, kommerzielle Facebook-Sub-Vermarktung für Sponsoren-Seiten oder -Projekte, es gibt somit keinen Grund, mit finanziellem Aufwand auf Zielgruppen-ferne Community-Erweiterung zu setzen.
Des Weiteren ist zu bedenken: Sollte Facebook, wovon auszugehen ist, in naher Zukunft kommerzielle Seiten zur Kasse bitten (z.B. um Status-Meldungen auf möglichst vielen Fan-Pinnwänden unter den Seiten-Fans zu verbreiten), würde die Austria mit einer aufgeblähten und verwässerten Community enorme Streuungsverluste und somit Werbekraft und am Ende des Tages auch Geld einbüßen. Es wäre also ein doppelter Verlust (derzeit Fans zu „kaufen" um damit aktiv Kommunikations- bzw. Werbekraft verlieren).
Wir sind bereits intensiv auf der Suche nach einer Spur, wie wir die betreffende Person, die diese Kaufaktion, falls es sie wirklich gibt, kontaktieren zu können. Für derartige Käufe ist auf den diversen Seiten unserer Recherche nach ja auch kein Admin-Recht etc. für eine Seite notwendig, sondern genügt die einfache Nennung eines Fanseiten-Links.
Wir haben darüber hinaus recherchiert (http://www.socialranking.at/at/vereine/details), dass die Interaktionsrate unserer Facebook-Fans sich kaum von internationalen Vergleichs-Werten bzw. von unseren Liga-Konkurrenten abhebt. Für uns stellt sich also ebenso die schwierig zu beantwortende Frage, ob und in welchem Umfang sich neben durch sportlichen Erfolg und intensive Bewerbung gewonnene Fans, auch Karteileichen eingeschlichen haben.
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