News-Archiv / 2017

Fredy Bickel: 'Wir sagen es nicht gerne, aber ...'

Zu Gast bei „Talk & Tore - Die Tipico Fußballdebatte" waren am Sonntag Rapid-Geschäftsführer Sport Fredy Bickel, Young Boys Bern-Trainer Adi Hütter, Ex-Bundesliga-Coach (Rapid, Wr. Neustadt, SV Grödig) Peter Schöttel und Sky-Experte Heribert Weber. Hier e

 

Adi Hütter ...

... liegt aktuell mit siebzehn Punkten abgeschlagen auf Platz zwei in der Schweiz: Man darf nicht zufrieden sein. Ein zweiter Platz mit Young Boys Bern ist in der Schweiz vielleicht Normalität, obwohl ich immer wieder sage, dass es kein Selbstläufer ist. Man sieht es momentan bei Rapid mit Platz fünf. Ich vergleiche die beiden Vereine schon ein bisschen und auch wie die Liga grundsätzlich funktioniert. Mit dem FC Basel haben wir einen Verein wie Bayern München in Deutschland. Es ist schwierig sie zu schlagen. Wir haben 21 Runden gespielt und sie haben ein Mal verloren und das war gegen uns in Bern. Wir verlieren eben manchmal ein Spiel. Wir haben gestern unentschieden gespielt, davor verloren und vorher waren wir 13 Spiele ungeschlagen und kommen trotzdem nicht heran, weil niemand in der Lage ist, den FC Basel einmal zu schlagen. Für mich ist es ein Ansporn.

 

... über seine Vertragsverlängerung bis 2018 und seine Ziele: Es war ein Zeichen des Vereines, dass sie mit der Arbeit zufrieden gewesen sind und ich fühle mich auch sehr wohl in Bern. Es ist ein toller Verein. Natürlich wird es ab Sommer wieder so sein, dass wir versuchen von Anfang an wieder dabei zu sein. Und heuer wollen wir gegen Winterthur ins Halbfinale des Cups kommen. Young Boys Bern hat schon 30 Jahre keinen Titel geholt. Die Leute in Bern lechzen natürlich nach einem Titel. Das ist mein ganz großes Ziel, mit Young Boys Bern einen Titel zu holen. Da kann man sich unsterblich machen. Das ist, was ich im Fokus habe und mein absoluter Antrieb.

 


Fredy Bickel ...

... über den Zeitpunkt des Trainerwechsels bei Rapid: Wenn du über 30 Spieler in einer halben Saison brauchst, kannst du nie ein Team bilden, eine Mannschaft finden. Das ist unmöglich. Der Trainerwechsel so kurz vor der Winterpause machts dem Trainer schwierig, der Mannschaft schwierig. Wenn man dort noch etwas Geduld hätte haben können. Das ist aber jetzt im nachhinein einfach zu diskutieren, aber auch vielleicht nicht sehr fair von mir, weil ich ja nicht die Situation gekannt habe, wenn ich jetzt auf etwas zurück schaue, was ich nicht entscheiden konnte, was ich auch nicht entscheiden darf.

 

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... über die bescheidene Bilanz unter Rapid-Trainer Damir Canadi: Wenn man es so betrachtet und anschaut, Zahlen lügen nicht. Ich kann aber bestätigen, wie akribisch er arbeitet, wie ehrgeizig er ist und wie fest ihn selbst das auch plagt. Er will schnell vorwärts kommen, was ich grundsätzlich sehr unterstütze. Auch die Zusammenarbeit ist erfreulich, das kann ich nur unterstreichen. Ich denke, dass es auch nicht so weit weg ist mit der Harmonie. Es ist nicht so, dass er nicht harmoniebedürftig wäre. Er sucht den Teamgedanken. Dass es ihm, wie uns allen, momentan nicht so gut, ist auch begreiflich. Seinen Ehrgeiz empfinde ich als positiv.

 

... hakt den Kampf um einen Europacupstartplatz so gut wie ab: Wir sagen es nicht gerne, dass man jetzt die neue Saison schon vorbereiten muss. Das darfst du eigentlich nicht, weil es ja in jedem Spiel noch um etwas geht. Wenn die anderen vorne weiterhin kränkeln, dann kommst du vielleicht noch einmal zu einer Chance, aber dann müsstest du auch Spiele gewinnen, also ist auch der Moment wichtig. Aber ich denke, es ist schon auch eine Phase, es liegt so vieles brach. Man muss wiklich neue Wege gehen. Das muss auch gemacht werden und das ist auch jetzt gemacht. Der Zeitpunkt wird wahrscheinlich nie richtig sein, aber da müssen wir durch.

 

... über grundsätzliche Unterschiede zwischen dem Fußball in der Schweiz und in Österreich: Ich denke, dass die österreichischen Klubs von der Organisation her, vom Marketing her, auch vom Umgang mit Sponsoren, VIP´s und Fans den Schweizern viel voraus sind. Das machen sie echt viel besser. Ich denke aber, dass das Hauptaugenmerk mehr auf die Vereinsarbeit und weniger auf den Sport gelegt wird. Das sollte ausgeglichener sein. Die Schweizer sollten auch diesen Weg gehen, aber den umgekehrten. Dort liegt oftmals der Blickwinkel zu fest beim Sport und weniger beim ganzen Umfeld.

 

 


Peter Schöttel... 

... sieht momentan eine verkrampfte Rapidmannschaft, die wenige Chancen herausspielt: Sie tun sich schwer. Vorwurf kann man keinem Spieler machen, dass man nicht alles versucht. Es ist aber noch nicht so rund. Mir kommt auch vor, sie denken innerhalb des Spieles sehr viel nach und ich glaube, dass sie noch nicht so verinnerlicht haben, was der Trainer von ihnen verlangt.

 

... über das bisherige Erfolgsrezept von Damir Canadi und seine Probleme bei Rapid: Ich weiß mit welcher Art Damir immer erfolgreich war. Seine Mannschaften waren perfekt organisiert. Er hat meistens mit körperlich robusten Spielern Erfolg gehabt, hat sehr viel über Standardsituationen gemacht. Er ist konsequent seinen Weg gegangen und hat viele Titel in unteren Ligen geholt und dann Altach sogar in den Europacup geführt. Ihm ist jetzt passiert, was einem Trainer immer passiert. Er hat eine Mannschaft übernommen, die sein Vorgänger zusammengestellt hat. Und der Vorgänger war Zoran Barisic, der eine extrem spielerische Linie forciert hat, der technisch hervorragende Spieler ausgebildet hat, dem es viel um die Spielphilosophie gegangen ist. Und jetzt übernimmt er eine Mannschaft, mit der er nicht zu hundert Prozent glücklich ist, auch wenn er es nie sagen wird. Ihm fehlt definitiv Schnelligkeit in der Spitze, das ist kein Geheimnis.

 

Sky-Experte Heribert Weber ...

... über fehlende Harmonie bei Rapid unter Trainer Canadi: Ich bin der Meinung, dass er ein sehr ehrgeiziger Trainer ist, der das umsetzen will, was er sich vorstellt. Spiele zu verlieren ist etwas ganz fürchterliches für ihn. Ich glaube, dass er momentan darunter extrem leidet. Er stellt das in der Öffentlichkeit zwar anders dar, aber er wird damals gekommen sein und wird sich eine völlig andere Mannschaft vorgestellt haben. Und jetzt steht er hier und hat nach acht Spielen neun Punkte. Die Harmonie wurde bis jetzt nicht gefunden. Wenn die Lethargie alles beherrscht, dann kann nie Harmonie entstehen. Er weiß ganz genau, welche Qualität von Spielern er zur Verfügung hat und er kann diese Qualität der Spieler momentan nicht abrufen.

 

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