Bjelica: 'Solange einige Spieler mehr Macht als der Trainer haben, wird die Austria nicht besser'
Sky Sport News im Interview mit Ex-Austria Trainer Nenad Bjeclia, das im Rahmen des Trainingslagers seines neuen Vereins Spezia Calcio, im italienischen Moena, geführt wurde.
SSNHD: Wie sehen sie ihre Beurlaubung mit fünf Monaten Abstand?
Nenad Bjelica: Die Entscheidung zur Austria zu gehen, war für mich die absolut Richtige. Sie ist auch spontan gekommen. Also ich habe niemanden angerufen bei der Austria, dass sie mich holen. Sie haben mich angerufen, weil sie mit mir arbeiten wollten. Ich habe diese Arbeit auch gerne gemacht, habe auch einige tolle Spiele bei der Austria erlebt. Und im Februar kommt dann die Beurlaubung. Natürlich, in diesem Moment wird alles schwarz gemalt. Aber aus meiner jetzigen Perspektive muss ich sagen, dass sie mir einen Gefallen getan haben mit der Beurlaubung, weil ich mich in diesen fünf Monaten einfach vom Fußball erholt, meine Trainerlizenz fertig geschrieben und viel Zeit mit meiner Familie verbracht habe. Und am Schluss bin ich ablösefrei auf dem Markt gewesen und ein guter Verein hat mich geholt. Eigentlich muss ich dankbar sein, dass sie diese Entscheidung getroffen haben. Tja, ich gehe meinen Weg, die Austria geht ihren Weg.
SSNHD: Der Weg, den die Austria momentan geht, ist ja alles andere als ein erfolgreich. Baumgartner wurde auch geholt um ein bisschen Ruhe rein zu bringen. Wie kann man als Trainer bei der Austria Ruhe rein bringen? Geht das überhaupt?
Nenad Bjelica: Ja, das ist schwer. Die Statistik zeigt, dass man vom Jahr 1991 weg schon 28, 29 Trainer gehabt hat. Das ist Austria, das muss jeder Trainer der zur Austria geht einfach akzeptieren. Ich kann nur aus meiner Perspektive sagen, solange einige Spieler mehr Macht haben als ein Trainer, wird für Austria nichts besser werden. Der Trainer von Austria Wien, egal wie er heißt, ob Bjelica, Stöger, Gager oder Baumgartner, wenn dieser Trainer keine Unterstützung von der sportlichen Leitung bekommt, wird er es sehr schwer haben. Dann muss so eine Saison passieren wie bei Stöger, dass er ein Jahr überlebt, ansonsten wird es für jeden Trainer sehr schwer. Ich finde das nicht normal. Aber gut, das ist die Art und Weise wie man zuletzt bei der Austria gearbeitet hat und das muss man akzeptieren. Ich sehe die Austria als einen großartigen Verein mit wirklich tollen Fans, mit Leuten die für den Verein hart arbeiten, sehr gut vorbereitet, sehr qualifiziert sind. Ein Finanzdirektor wie Kraetschmer der sehr gut vorbereitet ist. Aber bei der sportlichen Führung fehlt bei der Austria einiges.
SSNHD: Nach der Niederlage gegen den WAC war es so, dass Sportvorstand Thomas Parits, eine Ansprache vor dem Trainer und vor der Mannschaft gehalten hat. Hat es so etwas in ihrer Zeit auch gegeben, dass sich Thomas Parits die Spieler einmal so richtig zur Brust genommen hat?
Nenad Bjelica: Nein, das hat er auch nicht gebraucht. Das hat er zu meiner Zeit nicht gebraucht, das habe ich gemacht. Er hätte mich bei solchen Ansprachen nur unterstützen müssen und das ist das, was gefehlt hat.
SSNHD: Haben Sie diese Unterstützung seitens des Sportvorstands auch eingefordert, gegen Spieler die offensichtlich mehr Macht haben als der Trainer?
Nenad Bjelica: Das habe ich nicht angefordert, das ist selbstverständlich, dass ein Trainer Unterstützung von seinem Vorstand hat oder von der sportlichen Leitung hat. Und da ist bei jeder Ansprache, bei jeder kritischen Situation, der Trainer kritisiert worden. Die Spieler sind immer brav und super gewesen... Wie gesagt: solange die Spieler so viel Macht haben, vor allem zwei Spieler, die bei der Austria so viel Macht haben, wird die Austria nicht besser sein. Da bin ich voll überzeugt. Das wird ganz schwer für jeden Trainer, egal wie der heißt. Der kann auch Mourinho heißen.
SSNHD: Erkennt man bei der Austria diese Thematik nicht oder ist es den Verantwortlichen egal?
Nenad Bjelica: Ich weiß es nicht. Das müssen Sie die Verantwortlichen fragen. Sie werden wissen, warum sie mit Leuten arbeiten, oder nicht arbeiten, was da dahintersteckt. Ich war bereit einiges zu ändern bei der Austria, ich wollte die Konfrontation, in keine Kompromisse gehen. Von diesen Konfrontationen hätte die Austria profitiert, aber ich bin gebremst worden. Es hat immer geheißen ich soll leise reden, „schauen wir mal, das wird schon erledigt". Aber man hat gesehen, dass weder mit Gager noch mit Baumgartner die Mannschaft funktioniert und mit diesen paar Leuten schwer zu arbeiten ist.