Ex-ÖFB-Präsident Friedrich Stickler: 'Man kann dem Verband under Bundesliga keinen großen Vorwurf machen'
Im Interview mit Peter Weihs, Österreich-Redaktionsleiter bei Sky Sport News HD, spricht der ehemalige ÖFB-Präsident Friedrich Stickler... .
...über den Vorwurf von Autor Benjamin Best, dass es von Bundesliga und ÖFB kein großes Interesse gegeben hätte, Aufklärung im "Fall Sapina" voranzutreiben: "Ich glaube, man kann da dem Verband und der Bundesliga gar keinen großen Vorwurf machen. Die Untersuchungen werden von der Polizei geführt, von der Staatsanwaltschaft weiterverfolgt. Und das ist – und jetzt komme ich zu einem Thema, dass ich immer wieder betone – natürlich auch eine Frage der Gesetze, der gesetzlichen Regelungen. Und wenn der Tatbestand, wenn man so ein Fix vorbereitet – wenn man mit Leuten spricht, wenn es noch nicht passiert ist – wenn das nicht unter Strafe steht, dann ist das natürlich wesentlich einfacher durchzuführen und zu planen, als wenn ich weiß, dass ich in Gefahr bin, sobald ich nur in dieses Gespräch eintrete. Ich glaube, das ist wirklich eine Frage der Gesetze, die dann die Basis geben für die Polizei, respektive die Staatsanwälte, diese Untersuchungen auch weiter zu treiben bzw. hier die Leute dann auch vor Gericht zu bringen."
...über den Vorwurf, dass es rund um angebliche Spielmanipulationen im Jahr 2006, in die der ehemalige Sturm-Trainer Michael Petrovic sowie der Spieler Bojan Filipovic involviert gewesen sein sollen, von Seiten der Politik im Hinblick auf die EURO 2008 kein besonderes Aufklärungsinteresse gegeben haben soll: "Also ich kann das persönlich absolut dementieren. Ich weiß zumindest nichts davon, sagen wir mal so. Aber gerade vor der EURO sind einige große europäische Skandale aufgeplatzt. Da war der Fall Hoyzer, wo es ja ziemlich rund gegangen ist. Der war vor der EURO 2008. Ich glaub nicht, dass da ein Großereignis mit einem Wettskandal oder mit Matchfixing in Verbindung gebracht werde hätte können. Ich glaube nicht, dass das irgendetwas geändert hätte an unserer Rolle als Veranstalter."
Nachfrage: Aber gut ausgeschaut hätte es nicht, wenn man einen "Fall Taboga" vor der EURO gehabt hätte?
"Nein, sicher wäre es kein Ruhmesblatt gewesen. Aber nochmals: Da ist Österreich bei Weitem nicht alleine. Es gibt derzeit in 50 Mitgliedsverbänden der FIFA – und die FIFA hat knapp über 200 Mitgliedsverbände – Untersuchungen wegen Matchfixing. Ich glaube, da sind wir nicht herausstechend oder eine Besonderheit, sondern wir gehören da leider einfach dazu. Und das ist für mich das eigentlich Erschreckende."
...auf die Frage, ob die derzeitigen Strafmaßnahmen gegen Spieler, die Manipulationen planen oder ausführen, ausreichend sind: "Ich glaube, dass dieser Tatbestand, der im Strarecht jetzt immer herangezogen wird – also Betrug – sehr schwer nachzuweisen ist. Wo ist der Schaden, wer ist zu Schaden gekommen? Sie haben hier im Nachweis dieses Schadens ein wirkliches Problem. Und deshalb wäre meine Forderung, wirklich entsprechende Tatbestände im Strafrecht zu schaffen, einerseits für die Vorbereitung eines derartigen Matchfixings und dann auch zu sagen 'was ist denn das und was kommt am Ende dabei heraus' und hier dann auch entsprechende Strafe anzudrohen."
...über mögliche Vorbilder: "Es gibt in Skandinavien einige Beispiele, die Finnen haben hier ganz gute gesetzliche Regelungen. Die Russen haben jetzt ein sehr strenges Gesetz gegen den Wettbetrug eingeführt, das wirklich ganz strenge Strafen vorsieht. Und es gibt in ganz Europa derzeit Diskussionen zu diesem Thema. Ich glaube, da wird in den nächsten Jahren noch einiges passieren."
...über seine Aussage nach Bekanntwerden der Causa, dass Dominique Taboga geschützt werden müsse: "Das war der erste Befund, wo der Spieler halt ausgesehen hat wie ein Opfer. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, er ist nicht nur Opfer, sondern auch Täter. Man muss das ganze unter dem Gesichtspunkt sehen, dass er einer von jenen ist, die ausgesucht wurden aufgrund jener Rasterfahndung der organisierten Kriminalität, da auch das eine oder andere zu fixen."
...darüber, dass Taboga angeboten haben soll, Spiele zu fixen: "Das ich kann ich mir nur schwer vorstellen, aber das betrifft jetzt wirklich diesen Einzelfall...dass jemand von sich selbst die Idee kommt: 'Ich betrüge hier und ich verschiebe Spiele'. Ich glaube nicht, dass das so eindimensional zu sehen ist. Aber wie gesagt: ich glaub nicht, dass hier nur um diesen Einzelfall geht, es geht hier schon um das große Bild.