Wundertüte Deutsche Bundesliga

Die Bayern nur Fünfter? Mönchengladbach und Frankfurt auf Champions-League-Kurs? Schalke knapp vor den Abstiegsrängen? Was ist eigentlich los in der deutschen Bundesliga?

Die meisten Kinder, die heuer eingeschult wurden, haben zu ihren Lebzeiten keinen anderen Deutschen Meister erlebt als den FC Bayern München. Sechs Mal in Serie dominierte der Club zuletzt die Liga. Für besagte Taferlklassler könnte es also im Sommer zu einer handfesten Überraschung kommen. Aber nicht nur für sie: Ganz Fußball-Deutschland reibt sich derzeit beim Anblick der Bundesliga-Tabelle die Augen. Nicht nur thront mit Borussia Dortmund ein anderer Club als der Abonnement-Meister aus dem Süden an der Spitze. Man muss auch drei weitere Vereine überspringen, um endlich die Münchner zu erblicken. Das letzte Mal, dass die Bayern am zwölften Spieltag derart schlecht platziert waren, ist ganze acht Jahre her: In der Saison 2010/2011 dümpelte das deutsche Über-Team nur zwischen den Plätzen 3 und 5 herum und wurde schließlich Dritter. Meister damals: Borussia Dortmund. Über die Gründe für die aktuelle Schwächephase des FCB ist zuletzt viel spekuliert worden. Der Kader ist zu klein, zu langsam und zu alt, dazu sind einige Leistungsträger verletzt, und außerdem ist von Spannungen zwischen dem neuen Trainer Niko Kovač und einigen alteingesessenen Spielern zu hören. Es ist nicht zwar nicht damit zu rechnen, dass die Bayern am Ende der Saison lediglich den fünften Platz belegen werden, für Fans der Bundesliga ist es dennoch sehr erfrischend, endlich mal wieder einen echten Meisterkampf mitzuerleben.

 

Top Speed für den BVB

Beste Chancen auf den Titel hat derzeit Borussia Dortmund. Vier Punkte Vorsprung hat der BVB auf den ersten Verfolger aus Mönchengladbach, ganze neun sind es bereits auf die Bayern. Nach der vergangenen Desaster-Saison, in der Übergangstrainer Peter Stöger die Mannschaft nur hauchdünn in die Champions League geführt hat, haben die Dortmunder ihr Team clever verstärkt. Mit Axel Witsel kam ein neuer Herzschrittmacher, mit Achraf Hakimi ein Flitzer auf der defensiven Außenbahn, und mit Paco Alcácer der personifizierte Torinstinkt. Dazu wird der offensive Außen Jadon Sancho gerade zur Sensation, und Kapitän Marco Reus, der endlich von Verletzungen verschont zu bleiben scheint, spielt die Saison seines Lebens. Neu-Trainer Lucien Favre, der als penibles Fußball-Genie bekannt ist, knüpft die Fäden geschickt und könnte auf der anhaltenden Erfolgswelle zu seiner ersten Meisterschaft außerhalb der Schweiz schwimmen.

 

Pléa und Hütter überraschen

Favres Ex-Club Borussia Mönchengladbach sowie Eintracht Frankfurt (mit Coach Adi Hütter) sind die größten Überraschungen der aktuellen Bundesliga-Saison. Die Gladbacher, die seit einigen Jahren regelmäßig weit oben in der Tabelle rangieren, haben mit Alassane Pléa endlich einen Spieler in ihren Reihen, der die Bälle aus dem mit Jonas Hofmann, Thorgan Hazard, Lars Stindl und Florian Neuhaus sehr stark besetzten Mittelfeld verarbeiten kann. Acht Mal traf Pléa an den bisherigen zwölf Spieltagen bereits. Zu einem Problem könnte sich jedoch die Verletzung vom Innenverteidiger Matthias Ginter entwickeln, der der Gladbacher Verteidigung bislang die nötige Stabilität verliehen hat. Der dritte Platz von Eintracht Frankfurt ist maßgeblich dem neuen Mann an der Linie und einem Trio auf dem Platz zu verdanken. Nach dem Abgang von Niko Kovač im Sommer holten die Verantwortlichen Adi Hütter, der mit den Young Boys Bern gerade die erste Meisterschaft seit 32 Jahren geholt hatte. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten ist der Eintracht-Zug inzwischen ins Rollen gekommen. Seit Ende September, also seit zehn Partien in Bundesliga und Europa League, ist das Team ungeschlagen. Die Stürmer Sébastien Haller und Luka Jović führen die Torschützenliste der Liga mit je neun Treffern an, Ante Rebić, der Dritte im Bunde des neuen „magischen Dreiecks“, kommt immerhin auch schon auf fünf Tore. Wenn das Team seine Form hält, schafft die Eintracht vielleicht sogar die erste Champions-League-Teilnahme ihrer Vereinsgeschichte.

 

Absturz des Vizemeisters

Wo Gladbach und Frankfurt sind, wären Bayer Leverkusen und der FC Schalke 04 auch gerne. Allerdings dümpeln die beiden Aspiranten auf die Königsklasse derzeit in den unteren Gefilden der Tabelle herum. Vor allem bei den Leverkusenern überrascht dies, haben sie doch einen Kader, der eigentlich für Höheres berufen scheint. Kai Havertz und Julian Brandt sind aktuelle deutsche Nationalspieler, dazu kommen mit Kevin Volland, Jonathan Tah und Karim Bellarabi drei Ex-Teamspieler und mit Leon Bailey einer der überragenden Kicker der vergangenen Saison. Angesichts dieser Qualität ist durchaus damit zu rechnen, dass Bayer im weiteren Verlauf der Saison noch in die Europapokal-Plätze rutscht. Ob es dafür auch für die Schalker reichen wird, darf allerdings bezweifelt werden. Derzeit liegt der Vizemeister der letzten Spielzeit nur vier Punkte vor den Abstiegsrängen und glänzt nicht gerade durch spritzige Auftritte. Schon 2017/2018 war es vor allem die Defensive, die den Schalkern Punkte einbrachte, in der aktuellen Spielzeit ist aber selbst auf die kein Verlass. Auch beim VfB Stuttgart hat man sich weit mehr ausgerechnet als den letzten Tabellenplatz. Spieler wie der französische Weltmeister Benjamin Pavard und die ehemaligen deutschen Nationalspieler Mario Gomez, Holger Badstuber, Christian Gentner und Gonzalo Castro reichen aber allem Anschein nach nicht aus, um den erhofften Sprung in die Ligaspitze zu machen.

 

Direkte Duelle vor Weihnachten

Ein heißer Tanz in die Winterpause wird der 17. Spieltag, an dem die beiden Borussias in Dortmund aufeinandertreffen und die Bayern nach Frankfurt müssen - Prognose und Tipps zur Deutschen Liga gibt es hier. Mit Leipzig und Bremen messen sich zudem zwei weitere Teams aus dem oberen Tabellenbereich. Danach überwintert die Liga mit Erkenntnissen darüber, ob Dortmund wirklich Meister werden, Gladbach und Frankfurt die Champions League erreichen und sich die Bayern nur für die Europa League qualifizieren könnten.