Florin Andone, der rumänische Senkrechtstarter
Der Rumäne Florin Andone wanderte mit zwölf Jahren nach Spanien aus. Im Juni will er für Rumänien entscheidende Tore schießen. Von Alexander Kords
Neben Österreich, England und Italien gehört Rumänien zu den vier Nationen, die die Qualifikation zur EURO 2016 ohne Niederlage beendet haben. Dass es letztlich nicht zum Gruppensieg reichte, lag vor allem an der überraschend überragenden Performance der Nordiren. Auch wenn sich mit den anderen Gegnern Ungarn, Finnland, den Färöer-Inseln und Griechenland keine Hochkaräter in den Weg der rumänischen Nationalelf stellten, so gelang ihr dennoch Besonderes: Mit nur zwei Gegentoren in zehn Spielen hatte sie die sattelfesteste Abwehr aller Quali-Teilnehmer. Dass die zugleich magere Ausbeute von elf Treffern im Hinblick auf die EM-Endrunde gesteigert werden soll, ruft einen Jungspund auf den Plan, der erst seit kurzem das Nationaltrikot trägt: Florin Andone.
Ein schwerer Schicksalsschlag sorgte dafür, dass Andone schon früh seine rumänische Heimat verließ. Als der 1993 geborene Florin zwölf Jahre alt war, starb sein Vater bei einem Verkehrsunfall und die Familie zog von Joldești im Nordosten Rumäniens nach Spanien. Dort ließ sie sich in der Stadt Vinaròs nahe Valencia nieder. Andone, der schon früh bei seinem Heimatclub CSŞ Botoşani gegen den Ball getreten hatte, meldete sich sogleich beim Vinaròs CF an. Drei Jahre später, im Jahr 2008, wurden die Nachwuchskoordinatoren des damaligen Zweitligisten CD Castellón auf den Stürmer aufmerksam und holten ihn in ihre Reihen.
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Nachdem die Profis von Castellón nach der Saison 2009/2010 den Gang in die drittklassige Segunda División B antreten mussten, gab Andone im Jänner 2011 mit 17 Jahren sein Debüt bei ihnen, als er spät gegen den Orihuela CF eingewechselt wurde. Es folgten drei weitere Einsätze für den Club, der am Ende der Spielzeit einen Platz im gesicherten Mittelfeld erreichte – dann aber doch zwangsabsteigen musste, weil er seinen Spielern die Gehälter schuldig blieb. Andone, der weder auf seinen Lohn verzichten noch den Gang in die vierte Liga mitmachen wollte, zog weiter zum FC Villareal. Im dortigen Profikader war jedoch kein Platz für ihn, weshalb Andone nun doch abstieg: in die Jugendabteilung seines neuen Vereins. Um ihm Spielpraxis zu geben, verlieh ihn Villareal im Sommer 2013 für eine Saison an CD Atlético Baleares. Dort, in der dritten Liga, machte Andone erstmals zumindest regional auf sich aufmerksam, indem er in 34 Partien zwölf Tore erzielte und damit seinen Beitrag dazu leistete, dass Baleares am Ende der Spielzeit nur ein Punkt fehlte, um sich für die Aufstiegs-Playoffs zu qualifizieren.
Höhenflug beim FC Cordoba
Allerdings war diese Performance nicht überzeugend genug für Villareal, das Andones Vertrag nach dessen Rückkehr aus Mallorca nicht verlängerte. Somit ging der Rumäne im Sommer 2014 ablösefrei zum FC Córdoba. Und bei dem setzte der Stürmer bald zu einem beeindruckenden Höhenflug an. Ursprünglich war Andone lediglich als Verstärkung für die Reserve der Andalusier verpflichtet worden, doch Miroslav Đukić, der serbische Trainer des Profiteams, holte ihn Ende November 2014 in seinen Kader. Wenige Tage später absolvierte Andone im Pokal gegen den FC Granada seine erste Partie im bezahlten Fußball, im Rückspiel zwei Wochen später folgte sogleich der erste Treffer. Ab Jänner 2015 gehörte Andone der Erstliga-Mannschaft von Cordóba an, schoss fünf Treffer in 20 Spielen und steigerte seinen Marktwert von kümmerlichen 50.000 auf zwei Millionen Euro. Noch dazu trug sich der Rumäne in die Geschichtsbücher des spanischen Fußballs ein, als er am 16. Jänner 2015 nur zehn Sekunden nach Spielbeginn gegen SD Eibar traf und damit das viertschnellste Tor in der Geschichte von La Liga erzielte. Den abgeschlagenen letzten Platz in der Tabelle und den damit verbundenen Abstieg in die Segunda División konnten Andone und seine Teamkollegen allerdings nicht verhindern. Ungeachtet davon gelang dem Stürmer eine Liga tiefer der endgültige Durchbruch. Bis Mitte April 2016 schoss er 17 Tore in 28 Spielen, darunter seinen ersten Dreierpack beim 4:4 bei Gimnástic de Tarragona am 3. April.
Vertragsverlängerung
Damit bestätigte Andone das Vertrauen, das sein Club in ihn steckt. Denn schon im Jänner 2016 verlängerte Cordóba seinen Vertrag bis 2018 und kam damit dem Interesse diverser europäischer Vereine zuvor, die den Rumänen verpflichten wollten – darunter Aston Villa und der FC Southampton. Dank des neuen Arbeitspapiers erhöhte sich Andones Gehalt auf einen Schlag um das Zehnfache. Ganz nebenbei schrieb Cordóba eine Ausstiegsklausel in Andones neuem Vertrag fest, die so hoch ist wie bei keinem anderen Spieler in der Historie des Vereins: 20 Millionen Euro müssen es sich Interessenten kosten lassen, den Rumänen zu verpflichten – angesichts des derzeitigen englischen Kaufrauschs kein allzu unrealistisch scheinender Preis.
Obwohl Andone die längste Zeit seines Lebens in Spanien verbracht hat, gab er stets an, dass es sein Traum sei, für die rumänische Nationalmannschaft zu spielen. Und dieser erfüllte sich Mitte Juni 2015, als ihn Nationaltrainer Anghel Iordănescu im EM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland in der zweiten Halbzeit einwechselte. Und mit dem ersten Treffer im rumänischen Trikot hat es auch schon geklappt: Mitte November erzielte Andone das Tor zum 2:2-Endstand im Freundschaftsspiel gegen Italien. Bei dem einen Treffer blieb es allerdings bisher – auch deshalb, weil Andone Ende März im Duell gegen seine Wahlheimat Spanien Ladehemmungen hatte. Experten sagen dem Rumänen, den eine spanische Zeitung kürzlich wegen seiner aggressiven und zielstrebigen Spielweise mit dem ehemaligen bulgarischen Weltklasse-Stürmer Hristo Stoitschkow verglich, dennoch eine große Zukunft voraus. Und möglicherweise sorgt er schon bei der EURO dafür, dass das rumänische Team öfter über Treffer jubeln kann als noch in der Qualifikation.
Juntos volveremos. ¡Vamos Córdoba!
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