Wenn 'eam' das 'ihm' irreregulär erscheint
Was nicht so alles Gewöhnlich werden kann. Mittlerweile schreckt man nicht mehr auf, wenn Prohaska „Man darf ihm nicht unterschätzen" sagt. Man schreckt bei „Man darf ihn nicht unterschätzen" auf. Allzu oft schreckt man ohnehin nicht auf. Prohaska tippt v
Man muss aber auch aufpassen: Grammatikfehler sind ansteckend. Nicht wie Masern, die einmal kommen, eher wie Malaria, das einen immer wieder überfällt. Roman Mählich analysierte letztens: „Da hält er ihm". Mir geht es nicht anders: Seit Pacult und Krankl sage ich nicht mehr grenzwertig, irregulär und taktieren sondern grenzenswert, irreregulär und taktisieren. Und mir fällt es in den meisten Fällen gar nicht auf. Prohaskaitis greift um sich. Typische Sozialisation eben. Der eine hört dem anderen zu, lernt und übernimmt seine Sprachmuster. Brüllende Väter haben brüllende Kinder zur Folge, grammatikalisch schwache Chefanalytiker erzeugen grammatikalisch schwache Nicht-Chefanalytiker.
Im Grunde ist aber gar nicht Prohaska selbst schuld daran, dass Volksschulkinder besser nicht genau zuhören, wenn im ORF über die WM fachgesimpelt wird. Das „eam" ist automatisiert. Flankt einer zehnmal punktgenau auf sein Gegenüber: Automatisiert. Sagt einer immer „eam", verwendet er das „ihm" auch dann, wenn sich das „ihn" besser machen würde. Warum lässt der ORF Prohaska also nicht gleich in seiner Muttersprache sprechen: Simmeringerisch. Oder wie immer man Simmeringer-Wienerisch auch sonst nennen mag. Schon Josef Hickersberger spricht seit seinen Analytiker-Jahren im ORF wie eine Spieluhr mit schwacher Batterie, sobald ein Mikrofon vor ihm baumelt. Hickersberger könnte in Mundart schneller sprechen. Beim Hochdeutschen muss aber jedes Wort, jede Satzkonstruktion vorab durchgedacht werden. Und das kostet Zeit. Und Sprechtempo.
Der ORF könnte „prinzipiell" „á la longue" (man zieht immer mehr an) seine Analytiker in ihrer Sprache sprechen lassen: Der Mundart. Dem Wienerischen. Ich weiß schon, der ORF erhebt da gerne Einspruch und pocht auf die dann fehlende Seriosität, wenn ein Chefanalytiker plötzlich daherbellt, wie ein Kantinenbesitzer in Floridsdorf. Aber einmal ganz ehrlich: Neben Costa Cordalis, dem Beam-Gerät, dem Kiddiy-Contest-WM-Studio und Fallfehlern in Dauerrotation würde ein vom ORF genehmigtes, harmloses „eam" wohl der Seriosität nicht in enormem Ausmaß schaden.