Tätowierte Fußballer: Einer für alle, alle das Gleiche
Wer sich für Fußball nicht interessiert und während der WM nur beiläufig vorbeizappt, der muss denken: Alles klar. Wenn man den Bademeister an weißen Tennissocken, den Bürgermeister an zu kurz gebundener Krawatte und den Fleischer am Übergewicht erkennt,
Ganz einfach ist es in so einer Fußballmannschaft ja nicht aus der Rolle zu fallen. Deshalb folgen einem Trend entweder alle oder keiner. Es geht nicht, dass fünf Kicker einer Mannschaft sich volltätowieren, einer Haarverlängerungen wie Boy George trägt und zwei einen auf Tokio Hotel machen. Fußballer sind eine Mannschaft. Einer für alle, alle das gleiche. Eine von allen respektierte Person muss mit etwas beginnen, dann ist es mehrheitsfähig. Es reicht nicht, dass der technisch schwache Dauer-Bankwärmer einen Trend setzen will und plötzlich einen auf Conchita Wurst macht. Da wird er nur ausgelacht. Es muss jemand mit allgemein gültiger globaler Autorität her.
Ein Beckham. Wenn ein Beckham, der sogar ein Spice Girl abkriegt, Tattoos hat, muss das cool sein. Heute laufen alle so herum. Durch die Globalisierung sind auch österreichische Kicker körperbemalt. Arnautovic ist der vollste. Ivanschitz einer der unvollen. Ivanschitz gilt als eher Intellektueller in der heimischen Fußballnationalmannschaft. Einer, der die Sache ein paar Mal durchdenkt, bevor er seinen aktuellen Trainer in Portraitform auf seinem Oberschenkel verewigt.
Im Grunde muss man sich vor einem Tattoo im Klaren sein: Das geht nicht mehr weg. Wenn dort Pamela oben steht, nächste Woche aber Michelle aktuell ist, kann man zwar Michelle dazuschreiben, Pamela aber nur schwer ausradieren. Die gestandenen, konservativen Kicker-Herren von früher, haben das noch bedacht. Da war der harmlose Schnauzer im Trend. Und die Vokuhila-Frisur. Völler hatte Schnauzer, Krankl hatte einen, auch Prohaska. Prohaska hat ihn später als ORF-Analytiker einfach abgemacht. Fünf Minuten Rasierdauer und weg war er. Der ORF kann sich dagegen schon drauf einstellen: der ORF-Chefanalytiker in zwanzig Jahren wird hochwahrscheinlich ein bis obenhin volltätowierter Herr sein. Es wird dann normal sein. Heute sagt man ja auch: Na klar trägt der Schnauzer, der war ja auch Fußballer.
Alte Menschen vor gut zwanzig Jahren haben ihren Enkelkindern tätowierte Männer oft so erklärt: Der war einmal im Häfn. Wir werden den Enkelkindern von morgen erklären: Der war einmal Fußballer.