Gruppe H: Für echte Fußballkenner

Zu guter Letzt noch eine Gruppe nicht für WM-Zaungäste, sondern für echte Fußballkenner. Nicht für Top-Einschaltquoten geeignet, aber in vielerlei Hinsicht vielsprechend. Und auch für die eine oder andere Überraschung gut und damit meine ich nicht nur die

 

Russland – Schafft Capello das, was keinem vor ihm gelang?

Die Russen wollen erstmals die Gruppenphase überstehen, aber das wird keinesfalls einfach. Fabio Capello hat einen Kader völlig ohne Legionäre, was nicht nur daran liegt, dass man in der Premjer-Liga mittlerweile ausgezeichnet verdient. Überraschend dennoch, dass Pavel Pogrebnjak nicht dabei ist. Auch ohne ihn wirkt die Mannschaft allerdings etwas überaltert, große Talente sind nicht in Sicht und Alan Dsagojew von Meister ZSKA kann man mittlerweile nicht mehr zu diesen zählen.

 

Allerdings kommt ihm sicherlich die Rolle eines Schlüsselspielers zu. Er muss das Spiel leiten und die erfahrenen Spieler wie Kerzhakov, Denisov und Zhirkov beflügeln, so wie das in der Qualifikation meist gut gelang. Auch der letzte Test gegen Marokko verlief gut, das erste WM-Spiel ist dann gleich ein echter Scharfrichter für das Weiterkommen, denn es geht gegen Südkorea.

 

Belgien – Hohe Erwartungen an die neue Generation

Aus europäischer Sicht blickt man aber eher auf Belgien, denn hier ist so etwas wie eine Goldene Generation am Werk. Große Worte, wenn man bedenkt, dass dieses kleine Land von 1982 bis 2002 regelmäßig die Weltelite aufmischen konnte. Die verlorenen Jahre danach sind jetzt vorbei, der Neuaufbau ist abgeschlossen und die vielversprechende junge Garde mit Namen wie Kompany, Vertonghen, Vermaelen, De Bruyne, Chadli, Fellaini, Hazard, Mirallas, Mertens und natürlich Lukaku ist gereift und reif für den ganz großen Wurf.

 

Schwachpunkte lassen sich nur schwerlich finden. Selbst die Torhüterposition ist mit Mignolet und Courtois doppelt mit internationaler Spitzenklasse besetzt. Gruppensieg mit voller Punktzahl? Absolut vorstellbar und dann sehen wir weiter. Im ersten K.O.-Duell würde man auf ein Team aus der Deutschland-Gruppe treffen, was spätestens am letzten Spieltag dann auch noch nebenbei mitschwingen wird.

 

Südkorea – Individuelle Klasse muss es diesmal richten

Südkorea spekuliert eher auf Platz 2, das Selbstbewusstsein ist derzeit allerdings nicht überbordend, da man vom Dauerrivalen Japan in den letzten Jahren konsequent in die Schranken verwiesen wird. Auch die Qualifikation war eher unsouverän und der langjährige Kapitän und Leithammel Ji-Sun Park konnte seit seinem Rücktritt immer noch nicht ersetzt werden. Dabei mangelt es nicht an Legionären, Heung-Min Son und seine Kollegen aus der Bundesliga sind hinlänglich bekannt, diverse weitere sind in England aktiv.

 

Kann der völlig unerfahrene Trainer Hong Myung-Bo aus diesem Spielermaterial eine konkurrenzfähige Mannschaft formen? Nach schwachen Auftritten bei der letztjährigen Ostasienmeisterschaft im eigenen Land bestehen hier auch im eigenen Land erhebliche Zweifel. Und erstmals kommen die Super Reds auch nicht über ihr starkes Kollektiv, denn das funktioniert eindeutig noch nicht wirklich. Individuelle Klasse ist fraglos vorhanden, ob das reicht, da bin ich skeptisch.

 

Algerien – Ein Außenseiter, aber kein krasser

Dank der Auswärtstoreregel und etwas Losglück im afrikanischen Play-off hat Algerien nun endgültig die lange Durststrecke der Neunziger und Nullerjahre beendet. Dies freut auch den Veranstalter, denn es wird zu einer Brasilien-Invasion der bekannt reisefreudigen algerischen Schlachtenbummler kommen. Fußballfeinschmecker freuen sich auf die Auftritte von Valencias Sofiane Feghouli, der an guten Tagen nicht nur optisch an seinen Fast-Landsmann Zinedine Zidane erinnert.

 

Auf dessen geniale Pässe hoffen Islam Slimani von Sporting Lissabon und El Soudani, den es auf welchen Wegen auch immer zu Dinamo Zagreb verschlagen hat. Leider hat der Rest des Teams nicht diese Qualität, ein Spieler, den man aber unbedingt beachten sollte, ist Tottenhams Top-Talent Nabil Bentaleb. Von der Papierform her ist man die schwächste Mannschaft der Gruppe, aber von der Konkurrenz nun auch nicht so weit weg. Da könnte was gehen, wenn der Auftakt gegen Belgien mit einem Überraschungspunkt endet.