Gruppe E: Keine Liebe auf den ersten Blick
Es gibt Gruppen, die wie Liebe auf den ersten Blick sind und einem große Vorfreude in Aussicht stellen. Und es gibt Gruppen, mit denen man erst einmal herzlich wenig anfangen kann. Gruppe E gehört für mich persönlich ganz klar in letztere Kategorie. Zwei
Frankreich - Ohne Ribery maximal die Hälfte wert
Wundertüte Frankreich macht die Prognosen für diese Gruppe schwierig und das liegt nicht nur am nun doch endgültigen WM-Aus von Superstar Franck Ribery. Diesen würde man in Frankreich nach seinen Eskapaden zwar gerne ersetzbar sehen, aber davon kann keine Rede sein. Ohne ihn ist das französische Mittelfeld maximal die Hälfte wert, zudem muss das Spielsystem jetzt auf die völlig anders gelagerten Stärken von Paul Pogba von Juventus angepasst werden. Die spannendste Frage bei der Equipe Tricolore ist aber immer noch, ob Trainer Didier Deschamps diesmal eine brauchbare Mischung aus Egozentrikern und Teamplayern gefunden hat.
Das Domenech-Debakel von Südafrika ist jedenfalls noch in bester Erinnerung und sollte das Auftaktspiel gegen den totalen Außenseiter Honduras verpatzt werden, dann lädt der linksrheinische Intrigantenstadl auch ohne Obernervensäge Anelka wohl zur nächsten Spielzeit. Die Pöbelattacke der aktuellen Nasri-Herzdame nach dessen Ausbootung war da schon mal ein gutes Vorspiel. Bei den Blauen gilt es also erst einmal abzuwarten, vom peinlichen Vorrundenaus bis zum verlustpunktfreien Gruppensieg ist alles drin.
Schweiz – Hitzfeld schlägt seine letzte Schlacht
Sollte das Pendel bei Frankreich doch in die richtige Richtung ausschlagen, dann ist die Eröffnungspartie zwischen Ecuador und der Schweiz gleich das Duell um das zweite Achtelfinalticket. Hier sehe ich doch Vorteile für die Südamerikaner, aber bleiben wir erst einmal bei den Eidgenossen. Hitzfeld hat hier eine solide Truppe aus gestandenen Bundesligakickern, ergänzt mit weiterer in Spanien und Italien aktiver internationalen Klasse.
Trotz des tollen Europapokallaufs von Serienmeister Basel werden einheimische Kräfte kaum zum Einsatz kommen, am ehesten lohnt es sich da auf den bereits zur Berliner Hertha gewechselten Valentin Stocker zu blicken. Dass gerade ein Ottmar Hitzfeld in der Lage ist, aus so einem Kader eine leistungsfähige Truppe zu schmieden, das steht außer Frage. Und je länger ich mir die zu erwartende Startelf des Altmeisters ansehe, desto mehr Chancen sehe ich hier auch für das europäische Duell mit dem Ribery-losen Frankreich.
Ecuador – Keine Stars, aber ein starkes Kollektiv
Personell muss sich die Schweiz also nicht vor Frankreich und Ecuador verstecken, trotzdem sehe ich die Südamerikaner auch wegen des halben Heimvorteils knapp vorne. Und keine Stars stimmt so natürlich auch nicht, denn Antonio Valencia hat diesen mit der einen schwachen Saison von Manchester United nicht verloren. Nach der verpassten Qualifikation für Südafrika hat Trainer Reinaldo Rueda seinem guten Ruf alle Ehre gemacht und eine absolut konkurrenzfähige Mannschaft aufgebaut.
Valencia, Christian Noboa und Felipe Caicedo sind jetzt im besten Fußballalter und reif für ihren großen Auftritt auf internationaler Bühne. Besonderes Augenmerk darf man auf Stuttgarts Carlos Gruezo legen, der in der Bundesliga-Rückrunde schon mit 18 Jahren debütierte und zuletzt unter Stevens sogar Stammspieler wurde. Schweiz gegen Ecuador, Hitzfeld gegen Rueda, auf dieses Duell am 15. Juni freue ich mich besonders.
Honduras – Remis gegen England lässt hoffen
Honduras ist wieder dabei, die Qualifikation gelang sogar recht locker, Mexikos Schwächephase sei Dank. Dritter Versuch also nach 1982 und 2010 ein WM-Spiel zu gewinnen und dann auch noch wieder gegen die Schweizer, denen man bereits vor vier Jahren ein torloses Remis abtrotzen konnte. Das zu wiederholen wird schwer genug, aber zumindest sollte diesmal anders als in Südafrika zumindest ein Treffer gelingen. Wilson Palacios spiegelt mit seinen 29 Jahren den Altersschnitt des Teams ganz gut wider. Aber das passt in diese Gruppe, in der Ecuadors Gruezo einer der ganz wenigen Jungspunde unter vielen alten Recken ist.
Im letzten Test gelang in Miami ein torloses Remis gegen England, was die Catrachos nun von Duellen auf Augenhöhe gegen Frankreich und die Schweiz hoffen lässt. Internationale Härte werden hierbei nicht nur die auf der Britischen Insel aktiven Palacios, Espinoza, Garcia, Izaguirre und Figueroa mitbringen, hoffen wir, dass auch ein wenig Spielkultur dazukommt, sonst könnte die Spiele von Honduras aus Zuschauersicht eher mühsam werden.