Der mühsame Weg zu zwei vermeintlichen Superklassikern

Brasilien-Deutschland und Niederlande-Argentinien, das klingt nach ganz großem Fußballkino voller wohliger Erinnerungen an klassische Duelle von zeitloser Dramatik. Im Falle der ersten Paarung ist das allerdings völliger Quatsch, nimmt man den Confed Cup

 

Brasilien ohne Neymar: Kann das gutgehen?

Kann das gutgehen? Bisher war man zwar im Vergleich zur Konkurrenz insgesamt durchaus überzeugend und gewann auch das einzig wirklich sehenswerte Viertelfinale gegen das formidable Kolumbien verdient, aber alle Erfolge waren doch recht eindeutig der Galaform Neymars zuzuschreiben. Nun ist es freilich so, dass die Selecao schon noch reichlich weitere Weltklasse im Kader hat, Oscar muss ein wenig zulegen, Fernandinho auch und Willian ist ja auch noch da. Was Scolari macht, ist freilich undurchschaubar, würde mich nicht wundern, wenn wir den Totalausfall Fred wieder in der Startelf sehen.

 

Was die Verletzung von Neymar angeht, ist den Experten zuzustimmen, die sagen, dass die viel zu laxen Schiedsrichter, die scheinbar für jede Gelbe Karte die sie verteilen, 1.000 Euro zahlen müssen, hierfür verantwortlich sind. Auf den ersten Blick, denn natürlich steckt hinter dieser Linie auch eine Vorgabe. Und ich höre aus der Ferne glaubwürdige Stimmen, die FIFA-Schiedsrichterchef Massimo Busacca für diese wahnwitzige Maßnahme verantwortlich machen. Nochmal zum Mitschreiben, wer hier von einer „großzügigen Linie" oder gar „Fingerspitzengefühl" spricht, der hat nichts kapiert. Keine Karten laden alle Spieler zu groben Fouls und die Gejagten zu Schwalben ohne Ende ein. Das ist das einzige Ärgernis dieser sonst so gelungenen WM.

 

Deutschland braucht endlich einen Gegner

Die Presse- und Expertenstimmen aus Frankreich nach dem außergewöhnlich niveaulosen Viertelfinale gegen Deutschland haben mich sehr verwundert. Gegen eine äußerst verunsicherte Elf trat die Equipe Tricolore eher wie ein Sparringspartner auf und nicht wie ein ernsthafter Anwärter auf das Halbfinale. Alle meine Bedenken aus der Vorschau waren berechtigt, auch wenn Deschamps Griezmann für Giroud von Beginn an brachte. Der unkorrigierbare Fehler liegt aber schon in der Vorbereitung, hier wurde es verabsäumt ein System einzustudieren, mit dem man die Stärken Griezmanns ausspielen kann, anstelle immer nur Bälle auf gut Glück in Richtung Benzema zu schlagen. Das ist für ein Halbfinale viel zu wenig.

 

Auch Löw korrigierte in diesem Spiel endlich seine Fehler aus den ersten vier Spielen und stellte mit dem wiedergenesenen Hummels als Chef eine durchaus wettbewerbsfähige Abwehrkette auf. Lahm spielte zwar auch als Außenverteidiger weit unter seinen Möglichkeiten, aber wenigstens deutlich besser als zentral im Mittelfeld zuvor. Klose sorgt offensiv für mehr Lufthoheit und damit werden Standards deutlich schwerer zu verteidigen. Für Brasilien braucht es aber mehr als das, nämlich einen richtigen Masterplan. Ich bin mir sicher, Löw und sein Mitarbeiterstab lassen sich das was einfallen und bin gespannt auf den Praxistest am Dienstag. Bis dahin habe ich auch lange genug um das ausgefallene Viertelfinale Nigeria gegen Algerien getrauert. In sechs Monaten ist eh wieder Afrika Cup.

 

Argentinien eventuell ohne Di Maria

Sicherlich, ohne Messi wäre noch schlimmer gewesen, aber der Ausfall von Di Maria ist eigentlich auch nicht zu verkraften. Denn der spielte eine großartige WM und wusste die Räume, die sich daraus ergaben, dass die Gegner Messi doppeln müssen, famos zu nutzen. Die Aufgabe für Van Gaal wäre so deutlich einfacher, auch wenn dieser De Jong nicht zur Verfügung hat, um Messi konsequent zu beflegeln. Argentinien macht mich etwas ratlos, auch wenn man mittlerweile doch strukturierter agiert als in der Vorrunde.

 

Gegner Belgien war nahe an der Sparringspartner Rolle Frankreichs und konnte auch in diesem Spiel nicht unter Beweis stellen, wieso die Truppe – auch von mir – so hoch eingeschätzt war. Eine freundliche Auslosung mit zwei formlosen Gegnern aus Russland und Südkorea und glückliche Siege mit eher uninspirierten Auftritten gegen Algerien und die USA, das ist nicht das, was man sich angesichts des tollen Kaders erwarten durfte. In Belgien wird die Mannschaft trotzdem gefeiert, so wie auch in Frankreich, aber auf ein Belobigungsschreiben von mir wird man leider verzichten müssen.

 

Holland vom Punkt kaum zu schlagen

Sicherlich, das ist nicht das Spiel, was man von Oranje sehen will. Wie schon gegen Mexiko ist da verdammt wenig Kreativität und ein riesiger Qualitätsunterschied innerhalb der Truppe. Im Prinzip ähnlich wie bei Deutschland, ein furioser Auftakt gegen einen großen Namen, der sich aber mehr oder weniger selbst schlägt und dann geht es halt arm an Höhepunkten so dahin bis ins Halbfinale. Dass sich die wackeren Ticos ins Elfern retteten, das war allerdings auch trotz des Erfolges gegen Griechenland nur das Aufrechterhalten einer Minimalchance.

 

Van Gaal hat nämlich mit Robben, Sneijder, Huntelaar, Van Persie und Kuijt exakt fünf Spieler, die eine Bank sind und ein Elfern so locker gewinnen können wie sonst nur die deutsche Elf. Diese fünf Namen schwirrten seit Anpfiff der Verlängerung in meinem Kopf herum, der von Van Gaals letztem Trick, Tim Krul, war mir unbekannt. Und der war die Garantie dafür, dass nach den Starting 5 Schluss war und nicht die zweite Wahl in Aktion treten musste. Damit ist auch klar, Argentinien sollte alles tun, um ein erneutes Duell vom Punkt zu verhindern. Und die Elftal hat mit Sicherheit größte Lust auf eine Wiederholung dieser Show. Kurzes Fazit: Zwei Münzwurfentscheidungen, die jegliche Prognose unmöglich machen.