Brasilien und Holland auf Tauchstation
Die Hälfte der Achtelfinalspiele ist absolviert und wir müssen über Schwalben sprechen. Eines vorweg, für mich gehören Schwalben zum Fußball dazu wie Fouls, das pseudomoralische Geschwafel hierzu ist mir zuwider. Aber wie Fouls gehören auch Schwalben sank
Robben wird gefoult und spielt falsch
In dieser Szene lag der schwache Schiedsrichter Pedro Proenca aus Portugal falsch und trotzdem pfiff er die Niederländer zum Sieg, so paradox das klingen mag. Er gab Robben vier Freistöße und einen Elfmeter, diverse Schwalben von ihm winkte er ab, zeigte aber nicht Gelb. Und das entschied die Partie, denn so konnte Robben risikolos zu seinem letzten Showmanöver in der Nachspielzeit abheben und sicherte seiner Elf damit das Viertelfinale.
Robben und Neymar sind wie natürlich auch Messi, der allerdings kaum fällt, natürlich Spieler, die wegen ihrer Technik und Geschwindigkeit von überforderten Gegenspielern oft gefoult werden. Und sich mit unfairen Mitteln gegen diese Unfairness wehren, das gehört zum Fußball dazu, so wie es dazu gehört, dass die Schiedsrichter beides mit Karten sanktionieren, alles unstrittig. Es gibt aber eine massive Steigerung hierzu und das ist wirklich mehr als ärgerlich.
Brasilianische Riesen wie Herbstlaub im Wind
Ja genau, ich sprechen von den baumlangen und muskelbepackten Stürmertypen wie Fred und Hulk, bei denen das Abtauchen bei minimalem Feindkontakt wirklich lächerlich aussieht und trotzdem fallen die Schiedsrichter reihenweise darauf herein. Und wenn nicht, dann bleibt die Karte aus. So wie auch bei Trikotziehen, auch hier wurden die Regeln bzw. die Ansagen an die Spielleiter offensichtlich geändert.
Zu allem Übel wird die Leistung eines Schiedsrichters von unbedarften Kommentatoren auch noch als vorbildlich bewertet, wenn wenige Karten gezeigt werden, so falsch dieses auch ist. Eine „großzügige Linie" ist meist die Feigheit, den Superstars mit einer Karte eine schnelle und notwendige Ansage zu machen. Das ist Schade und das ist für diesen Sport viel schlimmer als die gelegentliche Fallsucht von Robben und Konsorten. Natürlich probieren die es immer wieder, wenn man sie nicht stoppt, dafür kann man ihnen nicht einmal einen Vorwurf machen.
Japan und Elfenbeinküste – das wäre ihr Preis gewesen
Ich gebe zu, 2004 war ich ein großer Fan der Blauen. Portugal, Spanien, Frankreich, niemand konnte die Betonabwehr der Hellenen knacken und diese hatten gegen die Topteams Europas alles Recht, genau so aufzutreten. Weniger schön ist, dass man auch gegen gleichwertige und nominell deutlich schwächere Mannschaften so destruktiv spielt und die Beiträge die Griechenland bei den neun WM-Spielen vor dem Achtelfinale gegen Costa Rica ablieferte, waren allesamt sehr unschöne.
Costa Rica spielte sich in der Vorrunde in einen Rausch. Ich hatte die Ticos nach der extrem unglücklichen ersten Halbzeit im ersten Spiel gegen Uruguay abgeschrieben, null Punkte waren mit dem Elfer von Cavani einzementiert. So wie auch für die Kollegen aus Honduras mit dem Elfmetergegentor gegen Frankreich. Die Wege trennte sich und eine größere Chance auf das Viertelfinale als gegen Griechenland kann man sich kaum vorstellen.
Das Leiden des jungen Joel Campbell
Vorrunde ist Vorrunde, ab dem Achtelfinale herrscht eine andere Gangart. Und Costa Rica konnte nicht mehr befreit aufspielen wie zuvor, es wurde trotz des eher namenlosen Gegners ein verkrampftes Gewürge. Dennoch reichte es trotz der selten dämlichen Ampelkarte für Oscar Duarte fast. Stürmer Campball gelang es anfangs noch, ein paar Befreiungsschläge festzumachen, aber die letzten 40 der 120 Minuten waren für ihn von allen 21 Spieler die größte Qual, was die Kameras auch optisch mit Großaufnahmen ins Bild setzten.
Im Prinzip war das nach dem Ausgleich eine Sache wie im Champions League-Finale Real gegen Atletico. Da konnte man eigentlich abschalten, weil sonnenklar war, dass Atletico keine Option haben wird, sich ins Elfmeterschießen zu retten. Doch so schwach wie die Griechen ihre Überzahl zuvor ausspielten, so ließen sie nach starkem Beginn wieder nach. So gab es trotz einer wahnwitzigen zwei Minuten Nachspielzeit in der zweiten Hälfte der Verlängerung das Elfmeterschießen. Und das war auch besser so als ein Treffer in der 122. Minute, den sich die Hellenen nicht verdient hätten.
Elfern ist Glückssache, stimmt zwar nicht, aber egal, Jorge Luis Pinto kann machen, was er will, aber den völlig ruinierten Campbell darf er nicht schießen lassen. Ab sofort Liveblogging, es steht 3:3 und in diesem Moment läuft Campbell an und er trifft ganz souverän. Und Sekunden später verschießt ausgerechnet der alte mit allen Wasser gewaschene Recke Gekas gegen den am Knie und an der Schulter beschädigten Navas. Abwehrchef Umana hat den Matchball und stürzt sein Land in einen Freundentaumel. Der wird bis zum kommenden Samstag andauern, dann wird gegen Holland ein wunderbares Fußballmärchen leider zu Ende gehen.