Gruppe D: Ivorische Meister der Herzen, maghrebinische Rivalen und präsidiale Interventionen in Togo
Am heutigen Donnerstag befinde ich mich - wenn sie diese Zeilen lesen - entweder im Flugzeug oder gerade beim Umsteigen in Abu Dhabi. Wobei ich mich wohl gerade noch zurückhalten kann, einen Goldbarren aus dem Automaten zu ziehen, das ist keine Urban Lege
Elfenbeinküste
Die meisten seiner Titel wie Afrikas Fußballer des Jahres oder englischer Meister hat der große Didier Drogba mehrfach gewonnen und unlängst krönte er seine europäische Karriere endlich auch mit dem Gewinn der Champions League. Und das 2:1 im Münchner Finale dahoam war natürlich zu allererst sein großer Erfolg. Nun fehlt also nur mehr ein Titel und der dürfte Drogba besonders wichtig sein, denn seine Karriere wäre ohne den Gewinn der Krone in seiner afrikanischen Heimat unvollendet. Und wie schon damals in München, niemand verdient diese Krönung wohl mehr als dieser Musterprofi.
Trotz Phantasiegehalts in Chelsea war er beim Afrika Cup immer zur Stelle flog selbst zu den Qualispielen aus London in die entferntesten Winkel des Kontinents, während sich in seiner Heimat seit zehn Jahren eine politische Dauerkrise mit einem offenen Bürgerkrieg abwechselt. Es ist keine Plattitüde, dass nur der Fußball die Menschen in der Elfenbeinküste eint, denn Les Elephants sind im Norden wie Süden gleich populär. Aber irgendwas geht immer schief, denn seit dem Sieg 1992 gegen Ghana im Elfmeterschießen, übrigens meine erste Erinnerung an dieses Turnier, ging man oft genug als Favorit ins Rennen, doch am Ende jubelten andere. Speziell die ägyptische Torwartlegende El Hadary trieb Drogba und Co. mehrfach zur Verzweiflung.
Über Sabri Lamouchis Kader muss man nicht viele Worte verlieren, natürlich ist das das Beste, was Afrika zu bieten hat. Und Schwänzer wie bei Nigeria sind hier kein Thema. Nicht nur Drogba, auch die Toure-Brüder und alle anderen wissen genau, jetzt muss das Ding endlich gewonnen werden, denn das Ende einer ganz großen Generation rückt unaufhaltsam näher. Gelingt es endlich, dann wäre es fraglos ein Meister der Herzen.
Tunesien & Algerien
Die Araber gewinnen den Cup nicht in Schwarzafrika, diese Fußballweisheit war nie besonders weise und wurde durch Ägypten ohnehin bereits mehrfach mit viel Klasse widerlegt. Und Tunesien ist ein auffälliger Teilnehmer, der immer wieder für gute Spiele sorgt, allerdings gerne unglücklich in den K.O.-Duellen zügig ausscheidet. Algerien fiel zuletzt mit einem Sieg gegen die Elfenbeinküste in Angola 2010 auf, ist aber weit nicht so konstant wie der kleine Nachbar im Osten.
Gemeinsamkeiten gibt es aber viele. Dass Algerien viel mehr Spieler in Europa beschäftigt hat, liegt daran, dass die tunesische Liga deutlich stärker ist und somit auch finanziell so attraktiv, dass hier auch gutes Geld verdient werden kann. Die Topstars aus Tunesien sind dann aber freilich auch wieder in Frankreich werktätig. Apropos Topstars, da hat wiederum Algerien das heißeste Eisen im Feuer, Sofiane Feghouli, das in Frankreich geborenen Mittelfeldgenie in Diensten Valencias. Ein ganz großer Fußballer, der meiner Meinung nach mit Valencia noch nicht den Zenit seiner Karriere erreicht hat.
Feghouli könnte also durchaus den Unterschied in diesem nordafrikanischen Duell machen, das gleich am ersten Spieltag der Gruppe in Rustenburg ansteht und, eh klar, richtungsweisend sein wird. In der Qualifikation hatte Algerien ein halbes Freilos, da zu diesem Zeitpunkt der Gegner Libyen eigentlich nicht wettbewerbsfähig war und auch das Heimrecht nicht wahrnehmen konnte. Tunesien musste gegen Sierra Leone die Auswärtstoreregel bemühen und verlor das letzte Testspiel gegen Ghana deutlich mit 2:4. Leichte Vorteile also für Algerien, aber beide sind an einem guten Tag wohl auch in der Lage, die Elfenbeinküste zu fordern.
Togo
Togo ist in der D auch noch dabei, da könnte man ja den alten Gassenhauer von der Todesgruppe hervorkramen. Das lassen wir mal lieber, aber die nominell stärkste Gruppe ist das auf jeden Fall. Denn auch die Sperber sind keine Laufkundschaft, auch wenn seit dem legendären Prämienstreit unter Trainer Otto Pfister bei der WM 2006 in Deutschland so einiges schief ging. Damit ist gar nicht der freiwillige Rückzug nach den Anschlag auf den Mannschaftsbus in Angola gemeint. Für Ghana 2008 konnte man sich ebenso wenig qualifizieren wie für die letzte Ausgabe 2012 und diesmal wurde die Teilnahmeberechtigung gegen Kenia und Gabun auch nur äußerst knapp in trockene Bücher gebracht.
Umso motivierter müssten die Spieler eigentlich diesmal sein, doch Superstar Emmanuel Adebayor wäre nur zu gern bei seinem Klub Tottenham im kalten und verregneten London geblieben und amüsierte mit extrem faulen Ausreden, die letztlich aber alle nichts halfen. Anders als Nigeria ließ der Verband hier nicht locker und hätte ihn auch sperren, so dass er sich dann doch auf nach Südafrika machte. Selbst der Staatspräsident Togos musste intervenieren, da Trainer Didier Six bereits die Schnauze voll hatte und die Posse auf die harte Tour beenden wollte.
Dass Six (ja, das ist der Six, der mit Stuttgart Anfang der 1980er Jahre recht erfolgreich war) aber ohnehin nicht gerade aus dem Vollen schöpfen kann, dass zeigt die Einberufung von Moustapha Salifou. Der wiederum bestreitet eigentlich hauptsächlich Länderspiele mit Togo, da er bei seinen Vereinen nur sporadisch zum Einsatz kommt. Da ist die Liste zwar lesenswert, von Oberhausen über Aston Villa bis zum 1. FC Saarbrücken, aber selbst bei seiner letzten Station wurde er in der 3. Liga in der Saison 2011/2012 nur 477 Minuten in 11 Spielen eingesetzt. Seitdem ist er vereinslos und kann sich also nun voll und ganz dem Afcon widmen.
Prognose
Das mit Togo wird wohl eher wieder nichts. Gleich im ersten Spiel gegen die Ivorer wird es eine klare Niederlage geben und Adebayor den Rückflug nach London für den 31.1. morgens klar machen. Die Elefanten werden die Gruppe auch gewinnen, aber im Duell um Platz 2 favorisiere ich Algerien. Am Spielort Rustenberg weiß zwar weder das Stadion und erst recht nicht die Stadt zu überzeugen, aber der erste Gruppenspieltag macht diese Reise fast zum Pflichtprogramm.