Gruppe B: Ghanaische Titelträume, malische Defensivkünstler, nigrische Außenseiter und kongolesische Local Heros
Als ich mich entschieden habe, vom Afrika Cup zu bloggen, lag die Idee einer ausführlichen Vorstellung aller Teilnehmer natürlich nahe. Das kollidiert freilich etwas mit der freien und lockeren Form eines Blogs, aber dafür ist dann in Südafrika genug Zeit
Ghana
Die Black Stars sind der fußballerische Stolz Afrikas der letzten Jahre. Sowohl bei der WM 2006 als auch 2010 überstand man die Gruppenphase und das mehr als unglückliche Ausscheiden gegen Uruguay im Viertelfinale von Südafrika ist noch in bester Erinnerung. In diesem Zusammenhang hat Asamoah Gyan schon klargestellt, dass er diesmal in der regulären Spielzeit keinen Elfmeter schießen wird. Bei der Afrikameisterschaft erreichte man dreimal in Folge das Halbfinale, der letzte Titel liegt allerdings schon über 30 Jahre zurück. Das soll sich nun ändern, aber es sind doch leichte Bedenken zu äußern. Die jüngsten Erfolge gelangen mit den Taktikfüchsen Le Roy, Rajevac und Stevanovic, nun soll der langjährige Assistenztrainer Kwesi Appiah selbst das Zepter schwingen.
Den Überblick über die zahlreichen Legionäre hat Teamchef Anthony Baffoe, ob dieses Gespann funktioniert, das muss sich erst zeigen. Die mühelos geschaffte Qualifikation gegen Malawi ist jedenfalls kein Maßstab. Auch eine weitere Trumpfkarte Ghanas scheint nicht mehr so zu glänzen wie früher, die mannschaftliche Geschlossenheit. Enfant terrible Kevin Prince Boateng hat seine Nationalmannschaftskarriere ohnehin nach dem allerdings durchaus erfolgreichen Kurzauftritt bei der WM in Südafrika schnell wieder beendet und Olympique Marseilles Offensivstar Andre Ayew wurde von Appiah nach einem Disput über den Zeitpunkt seiner Anreise ins Trainingscamp und der Behandlung einer Verletzung aus dem Kader gestrichen. Natürlich hat Ghana auch ohne ihn eine stark besetzte Mannschaft, aber einen kreativen Angriffsspieler seiner Güte kann man nicht Eins-zu-Eins ersetzen.
Die Abwehr ist diesmal somit fast das Herzstück der Black Stars. Das liegt nicht unbedingt am alten Haudegen John Pantsil, sondern eher an einem Samuel Inkoom und natürlich auch an Isaac Vorsah von Red Bull Salzburg, auf dessen Performance besonders zu achten sein wird. Dass die Truppe eventuell doch an die Leistungen der letzten Jahre anknüpfen können wird, dafür sprechen die Ergebnisse der Vorbereitungsspiele in der vergangenen Woche. 3:0 gegen Ägypten und 4:2 gegen Tunesien, das sind deutliche Zeichen für eine auch in 2013 funktionierende ghanaische Mannschaft.
Mali
Es gibt eigentlich keinen Grund, die Adler aus Mali zu unterschätzen, auch wenn die immer stärker eskalierenden Kriegshandlungen im Land derzeit kaum an Fußball denken lassen. Viermal in Folge konnte man sich für das Turnier qualifizieren und bei der letzten Auflage gelang sogar ein dritter Platz nach einer starken Vorstellung im Halbfinale gegen die Elfenbeinküste. Der junge französische Trainer Patrice Carteron hat hier vor einigen Monaten seinen prominenten Landsmann Alain Giresse beerbt, der zweifellos gute Aufbauarbeit geleistet hat. Mali verliert sehr selten und nie hoch, lediglich die bisher fehlenden Auftritte auf der ganz großen Bühne einer Weltmeisterschaft scheinen das Gefühl eines Underdogs zu vermitteln.
Denn der Kader ist durchwegs in Frankreich bzw. England beschäftigt, ausgerechnet der Schlüsselspieler Seydou Keite verdient sein Gehalt allerdings jetzt nicht mehr bei Barcelona, sondern in der chinesischen Provinz. Was im Alter von 32 Jahren keine Schande ist und im Mittelfeld Malis wird er ohnehin längst von weiteren Topstars wie Mohamed Sissoko entlastet. Auch im Sturm hat man begabte Fachkräfte wie Modibo Maiga von West Ham oder Cheick Diabate von Bordeaux, zumindest aus nostalgischer Sicht gilt es aber dennoch zu bedauern, dass Freddy Kanoute mittlerweile seine internationale Karriere beendet hat.
Niger
Der Niger schaffte die Qualifikation für 2012 dank der mittlerweile legendären Rechenkünsten der südafrikanischen Verantwortlichen sensationell in einem ganz engen Rennen. Und obwohl die Reise in den Gabun drei Niederlagen brachte, hatte das Ganze noch einen sehr positiven Nebeneffekt. Man war für die 2013er Quali gesetzt, einer der großen Gegner wurde vermieden und man konnte sich in einem engen Duell gegen Guinea durchsetzen und ist somit wieder dabei. Das Ziel ist klar, diesmal muss der Salto Nullo verhindert werden und wenigstens ein erstes Pünktchen eingesammelt werden.
Leicht wird das angesichts der übermächtigen Konkurrenz nicht. Aber einen Star hat diese Elf der Namenlosen und der sitzt auf der Bank. Gernot Rohr hat nach seinen Erfolgen in Europa die Liebe zum afrikanischen Fußball entdeckt und bei seiner ersten Station in Gabun durchaus überzeugt. Mit welcher Taktik er diesmal versucht, das Unmögliche möglich zu machen, darauf darf man gespannt sein. Die Vorbereitung lief ordentlich, im heimischen Niamey wurde Togo mit 3:1 besiegt und in Südafrika brachte der letzte Test ein 0:0 gegen Burkina Faso.
DR Kongo
Als sich die Demokratische Republik Kongo für 2013 endlich wieder einmal für den Afcon (African Cup of Nations, eine der zahllosen englischen und französischen Abkürzungen für das Turnier) qualifizieren konnte, war das eigentlich überfällig. Schließlich stellt man mit TP Mazembe eine der erfolgreichsten Vereinsmannschaften des Kontinents, die 2009 und 2010 sogar die CAF Champions League gewinnen konnte. Mittlerweile hat sich der Legionärsanteil im Nationalteam deutlich erhöht, am bekanntesten im deutschen Sprachraum ist natürlich Freiburgs Cedric Makiadi, heißeste Transferaktie aber Dieumerci Mbokani vom RSC Anderlecht.
Dazu sitzt auf der Bank die Trainerlegende Claude Le Roy, niemand kennt den Afrika Cup so gut wie der mittlerweile 67-jährige Franzose. Das Eröffnungsspiel in Gruppe B zwischen Ghana und dem Kongo verspricht ein echter Leckerbissen zu werden. Dumm nur, dass Port Elizabeth 1.100 km von Johannesburg, dem Ort des Eröffnungsspiels am Vortag entfernt liegt. Wie ich schon im ersten Blogeintrag erwähnte, es wird ein Turnier der langen Distanzen. Spontane Entscheidungen sind gefragt.
Prognose
Le Roy gegen Gernot Rohr, der junge Franzose von Mali und das Team Appiah/Baffoe bei Ghana, eine Gruppe in der die Trainerduelle zu begeistern vermögen. Aber auch die Stardichte ist enorm hoch und die Aufgabe ist für die Black Stars nicht einfach. Nicht einfach, aber sie schaffen es trotzdem. Den zweiten Platz im Viertelfinale sichert sich aber die Demokratische Republik Kongo, der alte Le Roy wird dem jungen Carteron im direkten Duell am letzten Spieltag taktisch den Zahl ziehen. Ach ja, wen trainiert eigentlich Bora Milutinovic zurzeit?