Gruppe A: Südafrikanische Versagensängste, kapverdische Wunderstürmer, angolanische Zyprioten und marokkanische Europakompetenz
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Südafrika
Die freudigen Momente für die südafrikanischen Fans waren in den vergangenen Jahren derart rar, dass einem auf Anhieb außer dem sehenswerten Treffer von Siphiwe Tshabalala im WM-Eröffnungsspiel 2010 eigentlich gar nichts einfällt. Und wie die Geschichte endete, ist bekannt, Gegner Mexiko schaffte in den Schlussphase noch den Ausgleich und kam als Gruppenzweiter weiter, während Bafana Bafana trotz des Sieges gegen die desorientierten Franzosen ausschied. Ansonsten mehr oder mindere peinlich gescheiterte Qualifikationsversuche für die Afrikameisterschaften 2010 und 2012 und auch für Brasilien 2014 sieht es schon wieder schlecht aus.
Trainer Igesund präsentierte für die Heim-CAN einen Kader ohne große Überraschungen. Internationale Stars gibt es seit dem Rücktritt von Evertons Steven Pienaar keine mehr und so sorgte nur die Ausbootung von Andile Jali für etwas Wirbel, zumindest bei den Anhängern seines Clubs Orlando Pirates. Dass Teko Modise nicht dabei sein wird, trägt man am Kap mit großer Fassung, schließlich waren seine Auftritte in den letzten Jahren alles andere als erfolgreich.
Die Hoffnungsträger sind dünn gesäät, in der Abwehr dürfte Genks Anele Ngcongca derjenige sein, der nicht nur die heißeste Transferaktie ist, sondern auch als einziger regelmäßig auf gehobenen Niveau werktätig ist und seine Klasse auch in der Europa League einem größeren Publikum schon unter Beweis gestellt hat. Dort fiel auch May Mahlangu mit Helsingborg schon auf, Thulani Serero hingegen kommt bei Ajax Amsterdam eher selten zum Einsatz. Vorne sollen Parker und Mphela die Tore machen, die sie in den letzten Jahren vermissen ließen. Und auch in den letzten beiden Vorbereitungsspielen, gegen Norwegen verlor mal 0:1, gegen Algerien gab es ein torloses Remis.
Kap Verde
Ganz klar, es droht den Gastgebern die Prolongation ihrer Misserfolgsserie. Das Eröffnungsspiel gegen die Kapverdischen Inseln ist gleich als Schicksalsspiel zu sehen, denn angesichts der weiteren Gegner Angola und Marokko kann man sich eine weitere Stimmungsverschlechterung keinesfalls leisten. Und auch wenn die Insulaner bei ihrer ersten Teilnahme natürlich krasse Ausßenseiter sind, die Mannschaft ist sicherlich auf einem durchaus wettbewerbsfähigen Niveau. Praktisch alle Spiele sind in Europa tätig, die meisten bei kleineren portugiesischen Vereinen.
Aber mit Ryan Mendes vom OSC Lille hat man auch einen Star in den eigenen Reihen, hinter dem Topstürmer ist auch das Mittelfeld ordentlich besetzt. Mit Glück und Zufall alleine wirft man auch keinen der Big Names wie Kamerun aus dem Rennen um die Startplätze. Gegen die Debütanten spricht eigentlich nur, dass die Erstauftritte solcher Außenseiter bei den nationalen Meisterschaften des Kontinents eigentlich selten von Erfolg gekrönt sind und wenn dann eher dank einer außergewöhnlich profesionellen Vorbereitung als Ausrichter.
Das zeigten im letzten Jahr Gabun und Äquatorialguinea, die anderen Debütanten Botswana und Niger hingegen zahlten gewaltig Lehrgeld. Ganz klar, das droht auch Team Kap Verde und so dürfte auch der Trainer mit dem schönen Namen Ulisses Indalecio Silva Antune große Hoffnungen in das Auftaktmatch gegen die kriselnden Südafrikaner setzen. Gegen Nigeria gelang im Test am verganenen Mittwoch ein 0:0 und eine sehr konservative Defensivtaktik dürfte auch das sein, was im Eröffnungsspiel praktiziert wird.
Angola
Ungefähr zeitgleich mit dem Niedergang des südafrikanischen Teams erfolgte der Aufstieg Angolas zu einer der führenden Fußballnationen des Kontinents. Der WM-Teilnahme in Deutschland folgte zweimal das Erreichen des Viertelfinales im Afrika Cup, bei der 2012er Auflage war allerdings bereits in der Vorrunde Schluss. Dies beendete die Regentschaft von Trainer Lito Vidigal, sein Nachfolger Gustavo Ferrin aus Uruguay ist allerdings in Europa und Afrika ebenfalls ein völlig unbeschriebenes Blatt.
Auch wenn viele der alten Recken wie Flavio und Figueiredo mittlerweile nicht mehr dabei sind, die Palacas Negras haben immer noch Qualität im Kader. Mit Mateus (Nacional Funchal), Manucho (Real Valladolid) und Djalma (Kasimpasa) gibt es fast ein Überangebot im Angriff, hier wird sich Ferrin eine interessante Taktik überlegen müssen. In Abwehr und Mittelfeld tummelt sich Angolas zypriotische Community mit Zuela (APOEL), Dede, Gilberto und Marco Airosa (alle AEL Limassol), allesamt Europa League-gestählt und somit ein gutes Rückrad der Truppe. Wie ernst man die Vorbereitung genommen hat, zeigt, dass man schon zu Jahresbeginn als erste Mannschaft in Südafrika ankam und dann besiegte man am 5.1. in Johannesburg Titelträger Sambia auch deutlich mit 3:0.
Marokko
Rein nominell betrachtet ist der Kader Marokkos der stärkste in Gruppe A. Benatia (Udinese), Kantari (Stade Brest), Barrada (Getafe), Belhanda (Montpellier), Amrabat (Galatasaray), El Arabi (Granada) und natürlich El Hamdaoui (Florenz), Coach Rachid Taoussi, der das Amt von Eric Gerets übernahm, kann aus dem Vollen schöpfen. Unglaublich, dass man in der Qualifikation fast an Mosambik gescheitert wäre und erst in den letzten Minuten des Rückspiels die 0:2-Auswärtsniederlage noch drehen konnte.
Freilich hatte Marokko auch schon bei den Turnieren zuvor viele gute Einzelspieler mit internationaler Erfahrung und dennoch waren die Ergebnisse höchst bescheiden. 2006, 2008 und 2012 war schon in der Vorrunde Schluss, 2010 verpasste man sogar das Turnier. Und die letzte WM-Teilnahme war 1998 in Frankreich, wenn man bei Südafrika von der Dauerkrise spricht und bei Angola eine Minikrise attestiert, dann können sich die Atlaslöwen durchaus beim Gastgeber einreihen. Ein Lebenszeichen ist also überfällig, speziell auch im Hinblick auf das kommende Turnier 2015 im eigenen Land.
Prognose
Allen Unkenrufen zum Trotz glaube ich an eine Wiederauferstehung von Marokko und Südafrika. Beide treffen im letzten Gruppenspiel aufeinander und wenn hier ein Unentschieden beiden reichen sollte, dann wird das kein schönen Abend für den neutralen Fußballfreund, aber eine lange Nacht auf den Straßen von Johannesburg und Casablanca. Sicherlich ist da auch ein wenig der Wunsch der Vater des Gedankens, denn für die Stimmung im Lande wäre ein frühes Ausscheiden der Gastgeber natürlich Gift. Morgen geht es weiter mit Gruppe B, die für mich die vielversprechendste ist.