TV-Gelder: Einzelinteressen vs Solidarität
Am Freitag treffen sich die Vertreter der 20 Bundesliga-Vereine vor ihrer Weihnachtsfeier, um noch einige wichtige Themen auf Schiene zu bringen. Neben der Reform der Ligenstruktur (Thema Direktaufstieg, Aufstockung der Heute für Morgen Ersten Liga, etc.)
Unabhängig also ob der künftige TV-Vertrag mehr Live-Spiele im Pay-TV vorsieht oder nicht und damit zusammenhängend sich die Frage stellt, wie viel der neue Vertrag im Vergleich zum alten (derzeit rund 17,4 Mio. Euro pro Jahr) für die 20 Vereine abwirft, ist Rapid-Präsident Edlinger bereits vor einigen Wochen mit folgender Forderung in die Öffentlichkeit getreten: "Es wissen alle, dass die TV-Verträge ohne Rapid viel weniger wert wären", sagte Edlinger. Deshalb fordert der 72-Jährige mit Nachdruck eine Änderung bei der Verteilung der Fernsehgelder, die bisher über einen fixen Sockelbetrag für jeden Verein und den Österreicher-Topf ausgeschüttet wurden.
Edlinger will dritte Säule
Edlingers Modell sieht vor, dass eine dritte Säule eingeführt wird, die sich am sportlichen Abschneiden orientiert. Durch dieses in den meisten europäischen Ländern praktizierte System würden erfolgreichere Bundesligisten mehr kassieren. "Das bisherige Modell hat dazu geführt, dass wir weniger als zum Beispiel Wiener Neustadt bekommen haben, und das kann nicht sein", sagte Edlinger. Ried-Manager Stefan Reiter hat diese Forderung vor ein paar Tagen bereits heftig kritisiert (‚Kleinere Vereine würden massive finanzielle Probleme bekommen'). In den vergangenen Wochen drohte der Rapid-Präsident mehrmals mit einer Eigenvermarktung seines Clubs, sollte sein Begehren nicht umgesetzt werden. Diese Option könnte ab Freitag vom Tisch sein, denn zuletzt kamen Edlinger und Bundesliga-Vorstand Georg Pangl in einem gemeinsamen Gespräch einer Einigung nahe, berichtet die APA in einem aktuellen Artikel.
Der direkte Vergleich mit Deutschland und der dortigen Verteilung aufgrund des Tabellenranges ist für Austria-Manager Kraetschmer jedoch nicht zulässig. „Wenn dort wie in der nächsten Saison über 550 Millionen Euro verteilt werden, bedingt der jeweilige Tabellenplatz und Änderungen im Prozentpunktbereich finanzielle Unterschiede, die pro Saison Millionenbeträge bedeuten können", erklärte Kraetschmer. Wenn man diesen Berechnungsschlüssel auf die aktuelle österreichische Situation umlege, bedeuten solche Systemänderungen für die Gesamtbudgetgrössen der Klubs unerhebliche Differenzen, meint Kraetschmer auf der Vereins-eigenen Homepage des FK Austria Wien ('Kraetschmer mahnt Solidarität in Sachen TV-Vertrag ein')
Kraetschmer: "Auf Basis des jetzigen Niveaus nichts verändern"
„Daher glaube ich, dass wir uns erst dann, wenn der Gesamtbetrag der neuen TV-Verträge feststeht, über den Verteilungsschlüssel oder etwaige Änderungen seriös unterhalten können. Auf Basis des jetzigen Niveaus, würde ich nichts verändern. Fakt ist, dass es ein gewisses Fixum geben muss, um einen solidarischen Ausgleich zu schaffen, die Ö-Topf-Regelung soll nicht verändert werden", betont Kraetschmer, der Vizepräsident des Bundesliga-Aufsichtsrates, nochmals. „Das Fell des Bären sollten wir dann verteilen, wenn er erlegt ist und wir seine Größe kennen!"
Edlinger und Kraetschmer sind sich zumindest einig, dass es wichtig wäre, die Einnahmen, die über die TV-Rechte erzielt werden, deutlich zu steigern. „Ziel muss es sein, dass dieser Betrag höher wird. Ich will mich auf keine Summe fixieren. Aber ich hoffe, dass wir eine deutliche Steigerung erzielen können. Hier liegen wir im Vergleich zu vielen vergleichbaren Märkten entscheidend zurück", meinte Kraetschmer, der auch erster Vizepräsident des Bundesliga-Aufsichtsrates ist. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der jüngste Abschluss in Deutschland eine Anhebung um mehr als 50 Prozent gebracht hat.
Und auch in den Niederlanden sei es gelungen, einen Abschluss zu finden, der dem Fußball in den kommenden Jahren 60 Millionen Euro aufwärts garantiere. „Wenn es ein sensationelles Angebot gäbe, dann könnten wir schon am Freitag entscheiden", sagte Kraetschmer. Realistischerweise denkt er jedoch, dass sich die Verhandlungen in Österreich noch bis ins Frühjahr 2013 hineinziehen werden.
Edlinger: "Rapid muss im Free-TV bleiben - nicht alle können sich Sky leisten"
Für Rapid-Präsident Edlinger steht jedoch im Vorderung, dass Rapid im Free-TV zu sehen ist. Der Rekordmeister wünscht sich eine Beibehaltung des Status quo mit einem Live-Spiel pro Runde im frei empfangbaren Fernsehen. "Das ist auch eine gesellschaftspolitische Position. Es gibt in Österreich viele Fans, die von 800 oder 900 Euro im Monat leben müssen und sich kein Sky-Abo leisten können. Es wäre nicht fair, den Bundesliga-Fußball wegen zwei oder drei Millionen Euro mehr im Pay-TV verschwinden zu lassen", betonte Clubchef Rudolf Edlinger gegenüber der APA. Edlinger schränkt jedoch ein: "Wenn Sky 30 Millionen Euro pro Jahr auf den Tisch legt, muss ich diesen Standpunkt im Interesse meines Vereins aufgeben. Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass das passieren wird."
Im Vorfeld der Freitag-Sitzungen mahnte der Austria-Vorstand jedoch nochmals die Gemeinsamkeit der Beteiligten ein. „Unsere Liga lebt - auch von ihrer Größe her - von ihrer Solidarität. Das haben die vergangenen Abschlüsse gezeigt. Daher wären wir gut beraten, wenn wir solidarisch vorgehen und nicht mit Einzelvermarktung drohen", appellierte Kraetschmer. Es ist klar, dass das Gesamtprodukt wesentlich mehr wert sei, wenn alle an Bord seien.
Kraetschmer: "Drohungen kontraproduktiv"
„Daher halte ich diese Ankündigungen jetzt für kontraproduktiv", erklärte er zu den zuletzt von der Rapid-Führung getätigten Äusserungen. Kommt das nicht zustande, würde Rapid einer Eigenvermarktung, was laut EU-Recht möglich sein soll, vorziehen. Kraetschmer dazu: „Auch die Liga hat Gutachten, die das Gegenteil besagen."
Kraetschmer, der am kommenden Montag seinen 41. Geburtstag feiert, wies auf die internationale Tendenz hin, wonach es auch in großen Ligen klar in Richtung Gesamtvermarktung gehe, das zeigen die jüngsten Abschlüsse in D, FRA oder ENG. Einzige Ausnahme unter den großen Nationen sei noch Spanien. Dort, so Kraetschmer, gehe es nur Real und Barca mit der TV-Eigenvermarktung noch relativ gut. Die anderen Klubs hätten massive Probleme lukrative TV-Verträge zu erreichen, frage nach bei Valladolid, Villarreal oder Valencia.
Er schlägt daher vor, dass man zuerst den Gesamtvertrag endverhandeln soll, die bestmögliche Steigerung erzielt. „ Den TV-Anstalten ist es vollkommenen egal, wie wir intern zwischen den Klubs aufteilen", gibt Kraetschmer vor den Sitzungen am Freitag in Wien zu bedenken.
Quellen:
transfermarkt.at: Bundesliga diskutiert TV-Vertrag und Liga-Format
fk-austria.at: Kraetschmer mahnt Solidarität in Sachen TV-Vertrag ein
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