Frankreich: Mit 98er-Weltmeister zu erneutem Titel?
Unter Laurent Blanc, Weltmeister von 1998, qualifizierte sich die Équipe tricolore runderneuert und ganz ohne Handspiel für die Endrunde in Polen und der Ukraine. Durch ein 1:1 im Oktober gegen den Gruppenzweiten Bosnien-Herzigowina konnten sich die Franz
Unter Laurent Blanc, Weltmeister von 1998, qualifizierte sich die Équipe tricolore runderneuert und ganz ohne Handspiel für die Endrunde in Polen und der Ukraine. Durch ein 1:1 im Oktober gegen den Gruppenzweiten Bosnien-Herzigowina konnten sich die Franzosen ebenjene um ein Pünktchen vom Leibe halten.
Frankreich mit einer wechselhaften Endrundengeschichte
Der französische Fußballverband entsandt als einer von nur vier europäischen Verbänden eine Mannschaft zur ersten WM 1930 nach Uruguay, wo man aber in der Vorrunde nur den dritten Platz hinter Argentinien und Chile erreichte. 1934 musste man sich dem starken österreichischen Team in der ersten Runde, dem Achtelfinale, mit 2:3 nach Verlängerung geschlagen geben. 1950 verzichtete die Führung auf eine Teilnahme, 1954 scheiterte man in der Vorrunde. Vier Jahre später in Schweden führte Juste Fontaine, mit 13 Treffern höchst erfolgreich, sein Team bis ins Halbfinale, wo es eine 2:5-Klatsche gegen Brasilien setzte. Im Spiel um Platz drei setzte sich die Nationalmannschaft gegen Deutschland durch. Im Viertelfinale der ersten Europameisterschaft 1960, das noch nicht bei der Endrunde ausgetragen wurde, „revanchierten" sich die Franzosen für die Achtelfinalniederlage 1934, schaltete Österreich mit einer Gesamtscore von 9:4 aus. Bei der Endrunde wurde man Vierter und unterlag sowohl Jugoslawien als auch der Tschechoslowakei. Zwischen 1962 und 1976, also bei je vier Welt- und Europameisterschaften, konnte man sich nur 1966 für die EM in England qualifizieren, scheiterte in der Vorrunde. 1976 übernahm mit Michel Hidalgo ein Trainer die Équipe, der auch nachhaltig arbeitete. 1978 qualifizierten sich die „Bleus", 1980 nicht. Mit Michel Platini änderte sich dann aber viel. 1982 bei der WM in Spanien musste man sich erst im Halbfinale geschlagen geben, bei der EM 1984 krönten Hidalgo und Platini sich mit dem Titel. Trainer-Nachfolger Henri Michel sicherte schließlich in Mexiko '86 den dritten Platz. 1988 bis 1994 konnte man sich nur 1992 qualifizieren, ohne den Kern der starken Truppe der 80er Jahre reichte es aber dort auch nur zur Vorrunde.
Jenes Gerüst, das 1998 Welt- und 2000 Europameister werden sollte, erreichte unter Aimé Jacquet 1996 das Halbfinale der Europameisterschaft. Die Mannschaft baute dann aber stetig ab, 2002 schied man in der Vorrunde aus, 2004 war nochmals das Viertelfinale drin, ehe das letzte Aufbäumen der Spielergeneration um Zidane 2006 im Finale an Materazzis Brust zerbrach. In Österreich und der Schweiz flog die Mannschaft in der Vorrunde aus, 2010 war aufgrund des Skandals um die Qualifikation und Henrys Hand sowie der Revolte gegen Teamchef Domenech mehr als peinlich.
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Wieder zurück zur Grande Nation
Laurent Blanc übernahm von dem mitunter skurrilen Raymond Domenech nach der WM 2010. Dieser soll sich bei den Aufstellungen von den Sternen beeinflusst haben lassen. Darüber hinaus warf der WM-Held von 1998 den Großteil der Spieler der letzten Jahre raus, baute sein Team um Samir Nasri und Karim Benzema auf. Davor hatte er GirondinsBordeuax von 2007 bis 2010 trainiert, wurde 2009 französischer Meister. Der Verteidiger absolvierte 97 Spiele für die Nationalmannschaft, kickte als Aktiver unter anderem für den FC Barcelona, Olympique Marseille, Inter Mailand und Manchester United. Somit kennt er viele verschiedene Fußballphilosophien. Er baut sein Spielsystem auf Dominanz auf, Frankreich kassierte unter ihm im Schnitt lediglich 0,57 Tore pro Spiel, erzielte aber auch nur 1,48 Tore. Auf Meisterschaftsspiele umgerechnet ergab sich trotzdem ein beachtlicher Punkteschnitt von 2,14. In nur jedem fünften Spiel im Durchschnitt verließ die Grande Nation den Platz unter Blanc als Verlierer.
Taktisches
Laurent Blanc setzt auf ein starkes Flügelspiel um einen starken Stürmer. Dahinter zieht ein zentrales Dreieck die Fäden vor einer Viererkette. Auffällig ist, dass – ganz modern – die defensiven Außenbahnen sehr weit nach vorne orientiert sind. Dadurch ergibt sich gleichsam ein offensives Übergewicht, wie auch eine gewisse defensive Anfälligkeit in der Rückwärtsbewegung. Allerdings ist das Team mitunter etwas verspielt, in der Qualifikation konnten gegen die Teams aus Bosnien, Rumänien, Weißrussland, Albanien und Luxemburg – alles keine großen Fußballnationen – nur 15 Tore geschossen werden.
Men to watch
Es könnte das große Turnier von Samir Nasri werden, der nach seinem Wechsel von Arsenal zu Manchester City richtiggehend aufblühte, fünf Tore schoss und neun weitere in der Premier League auflegte. Auch das zweite große Versprechen von der Mitte der Nullerjahre, Karim Benzema (21 Tore, 11 Assists in der Primera Division), könnte ein großes Turnier machen. Ihnen zur Seite steht natürlich Franck Ribery, der aber mit drei Vizetiteln im Kopf anreist - vielleicht ist er deswegen aber besonders motiviert. Wie bei vielen großen Mannschaften fehlt den Franzosen ein junger Hoffnungsträger. Wenn die arrivierten aber ihre Leistungen bringen, wird die Équipe tricolore weit kommen.
Kader
Tor: Cedric Carrasso (Girondins Bordeaux), Hugo Lloris (Olympique Lyon), Steve Mandanda (Olympique Marseille)
Abwehr: Gael Clichy (Manchester City), Patrice Evra (Manchester United), Laurent Koscielny (FC Arsenal), Philippe Mexes (AC Mailand), Adil Rami (FC Valencia), Mathieu Debuchy (OSC Lille), Anthony Reveillere (Olympique Lyon)
Mittelfeld: Yohan Cabaye (Newcastle United), Florent Malouda (FC Chelsea), Samir Nasri (Manchester City), Alou Diarra (Olympique Marseille), Yann Mvila (Stade Rennes), Marvin Martin (FC Sochaux), Blaise Matuidi (Paris SG)
Angriff: Hatem Ben Arfa (Newcastle United), Karim Benzema (Real Madrid), Franck Ribery (Bayern München), Olivier Giroud (Montpellier HSC), Jeremy Menez (Paris SG), Mathieu Valbuena (Olympique Marseille)
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