U17-Talente: Nach der Rückkehr wird's kompliziert
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U17-Talente: Nach der Rückkehr wird's kompliziert

Wer Profi-Einsätze für unsere U17-Helden fordert, hält die Verantwortlichen bei den Vereinen für Blinde. Die Burschen stehen an einer Brücke, über die nur wenige anstandslos gehen.

"Die sind ja offenbar so gut, die müssen nach ihrer Rückkehr bei den Profis spielen!"

Der Reflex ist naheliegend, doch er ist zu kurz gedacht.

Die Kicker der ÖFB-U17 sorgen mit ihrem Einzug ins WM-Halbfinale für einen sensationellen und riesigen Erfolg. Daran besteht kein Zweifel. Der Hype ist zurecht immens.

"Sichtbarkeit für den ÖFB-Nachwuchs", wurde an dieser Stelle vor dem Turnierstart gefordert. Es ist eingetreten.

Die bei den Vereinen, sind keine Blinden

Dennoch ist festzuhalten, dass die aktuellen Erfolge gegen Gleichaltrige gefeiert werden. Das sind 16- und 17-jährige Burschen. Der Weg zu den Profis scheint zum Greifen nahe, ein Schritt ist dafür aber schon noch zu tun.

Wer der Meinung ist, dass Einsätze der U17-Teamspieler bei ihren Kampfmannschaften die logische Folge des aktuellen Erfolgslaufs sein müssen, hält zwangsläufig die Verantwortlichen der Vereine – ein Großteil der Stammkräfte spielt für RB Salzburg und die Wiener Austria – für Blinde.

Das sind aber jene Menschen, die die Entwicklung der Kicker seit Jahren intensiv verfolgen, sie im täglichen Training sehen und Vergleiche zu jenen Spielern ziehen können, denen sie eher das Vertrauen schenken.

Ify Ndukwe ist bei der Austria Innenverteidiger Nummer 6
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Ify Ndukwe ist bei der Austria Innenverteidiger Nummer 6

Dass die Ndukwes und Mosers dieser Welt nicht längst zehn bis 15 Bundesliga-Spiele in den Beinen haben, die Markovics und Feldingers noch gar keine Erfahrung bei den Zweitvertretungen sammeln durften, mag auf den ersten Blick absurd erscheinen, wird aber einen Grund haben.

"Ich gehe davon aus, dass die Trainer ihre besten Spieler aufstellen, das ist ein logischer Ansatz", sagt Teamchef Ralf Rangnick Ende August, als er seine Sorge über die fehlende Spielzeit junger Österreicher bei den heimischen Top-Klubs artikulierte.

So viele scheitern

Es sind just jene Kicker, die aktuell im Rampenlicht stehen, die auf ihren Wegen zum Profi an einer Brücke stehen, über die nur wenige anstandslos zu gehen vermögen – der Übergang vom Jugend- in den Erwachsenen-Fußball.

Fußball kann so einfach sein, sagt man. Ein Talent zu einem Leistungsträger im Profibereich zu machen, ist hingegen eine Raketenwissenschaft.

Die Zahl jener Talente, die im Nachwuchs alles zerschossen, am Flügel die Defensiven ausgetanzt, das Mittelfeld dominiert, in der Verteidigung alles abgeräumt haben, dann aber in den Duellen mit gestandenen Profis (weiter entwickelte Körper, viel mehr Erfahrung) mit ihren Qualitäten plötzlich angestanden sind, ist Legion.

Fußball kann so einfach sein, sagt man. Ein Talent zu einem Leistungsträger im Profibereich zu machen, ist hingegen eine Raketenwissenschaft. Und ja, gefühlt scheitert der österreichische Fußball öfter daran, diese zu meistern, als es andernorts der Fall ist.

Es braucht Investitionen in Schwimmhilfen

So mancher braucht einfach noch eine Zeitlang eine Schwimmhilfe, wenn er ins kalte Wasser geworfen wird. Die Investitionen in diese Schwimmhilfen lassen oft zu wünschen übrig.

Es ist schlichtweg besser zu verkaufen, eine Million Euro in einen vielversprechenden Neuzugang zu investieren, als in psychologische Hilfe und Mentaltraining.

Spieler, die heute auf den Titelseiten der großen österreichischen Tageszeitungen zu sehen sind, die von den Aufmachern der großen Websites lachen, die im ORF von tausenden Menschen bejubelt werden, müssen in wenigen Wochen wieder praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihre ÖFB-Jugendliga-Spiele absolvieren. Und im Idealfall wieder genauso performen.

Akademie-Spiele praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit
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Akademie-Spiele praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Das ist nicht nur, aber gerade in einem Alter, in dem die geistige Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, eine unglaubliche Herausforderung. Es braucht Hilfe, um sie zu meistern.

Auch Hilfestellungen in Sachen Individualtraining, Athletiktraining und was es sonst noch so gibt, sind wünschenswert, in der notwendigen Breite aber nicht so ausgebaut, wie es sinnvoll wäre.

Das Umfeld wittert das schnelle Geld

Und dann ist da noch die Erwartungshaltung im engsten Umfeld. Es sind Tage wie diese, an denen Verwandte das große, schnelle Geld wittern, an denen Heerscharen von Beratern an in diesem Bereich fast gänzlich unerfahrene Erziehungsberechtigte mit absurden Versprechungen herantreten.

Wer erklärt diesen Menschen, dass es kontraproduktiv sein kann, überzogene Forderungen wie garantierte Spielzeiten in Amateure-Teams oder fixe Trainingsteilnahmen bei den Profis an Vertragsverlängerungen zu knüpfen?

Eine Frage der Kaderplanung

Doch die Erkenntnis, dass österreichische Talente in ihrer Altersklasse weltweit auf höchstem Niveau reüssieren können, sollte die Klubs zum Umdenken zwingen.

Da geht es weniger um die Trainer, die logischerweise jene Spieler aufstellen, mit denen die Erfolgswahrscheinlichkeit am größten ist.

Vielmehr sind jene Menschen gefragt, die Kader planen und zusammenstellen. Wer seinem Trainer auf jenen Positionen, auf denen die größten Talente spielen, kaum Alternativen zur Verfügung stellt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Eigenbauspieler gefördert werden und zum Einsatz kommen.

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