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Ohne Gesichtslifting zur Europameisterschaft

Warum die Kaderpolitik von Marcel Koller vielen nie genügte und trotzdem gut genug ist. Ein Kommentar von Gerald Gossmann

 

Der Teamchef überrascht bei der Kaderbekanntgabe niemanden – das ist keine Überraschung. Kontinuität ist zum geflügelten Wort seiner Ära geworden. Von seinem Stammpersonal weicht er weniger ab als ein Vermessungstechniker von seinen Berechnungen. Koller setzte auf Janko und Almer, obwohl die lange nicht spielten. Es hätte dafür nicht wenig Kritik gesetzt, wären da nicht viele Siege gewesen. Janko traf regelmäßig und Almer hielt den Kasten sauber – trotz fehlender Spielpraxis. Trotzdem gab es immer wieder Unmut, bei Journalisten und in Internetforen. Vor allem Janko war Zielscheibe der Kritik, die erst so richtig abebbte, als er in Russland mit einem Fallrückzieher Österreich einen großen Schritt näher zur Europameisterschaft hechtete.

 


Der Kader gegen Moldawien und Schweden!

Posted by Das Nationalteam on Dienstag, 25. August 2015

 

Koller ist kein Constantini oder Ogris, der jedes Spiel aufs Neue die halbe Mannschaft austauscht, um neue Impulse zu setzen, aber in Wahrheit damit die eigene Hilflosigkeit manifestiert. Koller gibt zumeist den Steuermann, der auch bei Sturm oder Starkregen das Steuer seines Segelschiffes fest und gerade hält. Auch bei der heutigen Kaderbekanntgabe gibt es nur nuancenhafte Veränderungen im beinahe nicht wahrnehmbaren Bereich. Wer gestern spielte, spielt auch morgen. Und wieder schlägt der Reflex mancher Internetuser in Richtung jener, die gerade wenig spielen. Fuchs ist so einer, auch Leitgeb oder Garics. „Christian Fuchs sitzt seit fast einem Jahr auf der Bank und ist im Kader – und vom besten Bundesligaverein Rapid ist kein einziger dabei", schreibt ein User auf Facebook.

 

frankreich wir kommen fussballshirt at promoDas Team hat ein Gesicht, weil es nicht ständig neu geliftet wurde
Man spiele im Nationalteam auf hohem Niveau, kontert Koller, und es reiche nicht, bloß einmal im Team der Runde zu stehen. Vorbei scheinen die Zeiten, als niemand wusste, wer im Nationalteam jetzt eigentlich rechts hinten oder links vorne spielt. Das Team hat ein Gesicht, weil es nicht ständig neu geliftet wurde. Wie wichtig dieser Weg war, zeigt sich, wenn Laufwege von Kickern, die nur alle paar Monate zusammen kommen, trotzdem wie aus der Schablone abgespult werden. Koller setzt nicht stur auf seinen Weg, sondern geradlinig.

 

Der Weg führt gerade zur Europameisterschaft nach Frankreich.

g.gossmann@90minuten.at