Die kleinen und großen Probleme der Austria
Die Austria feuert ihren gescheiterten Trainer, löst damit aber bei weitem nicht alle Probleme. Ein Kommentar von Gerald Gossmann
Die Ablöse von Trainer Baumgartner war nur mehr eine Frage der Zeit. Zu selten griff seine Idee, zu oft spielte die Austria komplett ideenlos. Doch wie geht es nach der Entlassung des Trainers bei der Austria weiter? Der Verein liegt auf dem siebten Tabellenplatz.
Eigentlich hätte die Austria die wirtschaftliche Basis, um auch eine sportliche Basis für künftige Erfolge zu legen. Die Millionen aus der Champions League und der Verkauf von Omer Damari lassen der Austria zwar kein Millionenteam basteln, aber am Hungertuch nagt der Verein aktuell nicht. Die Frage bleibt: Wie werden die vorhandenen Mitteln eingesetzt? Die Austria benötigt dringend eine Idee, wie man Fußball spielen will. 12 Spielerverträge laufen im Sommer aus. Sportdirektor Franz Wohlfahrt könnte jetzt Trainer und Spieler nach seinen Vorstellungen so auswählen, dass am Ende ein erfolgreiches Team geformt werden kann. Dafür braucht es aber vor allem eine klare Vorstellung, wo die Austria hinwill.
Und genau um diese Antwort drückt sich (der eigentlich dafür verpflichtete Sportdirektor) Franz Wohlfahrt seit seinem Amtsantritt. Alfred Tatar fragte Wohlfahrt letzte Woche auf Sky, wie er die strategische Ausrichtung der Austria plane. Wohlfahrts Antwort: „Wenn ich es jetzt beantworten will, dann würde ich es natürlich beantworten. Man muss aber nicht immer alles beantworten, was man gefragt wird, das ist halt einmal so.“
Wohlfahrt hat schon mehrmals betont, dass er keine fixe Philosophie davon habe, wie die Austria künftig Fußball spielen soll, da er eher „flexibel“ bleiben wolle. Ansonsten hält er sich an Phrasen fest. Er betont, dass er erst seit kurzem Sportdirektor sei, sein Konzept noch Zeit brauche, um am Ende doch wieder zu betonen, dass es keine „fixe Idee“ geben werde. Das Problem dabei: Fix ist derzeit nur, dass es gar keine Idee gibt. Wohlfahrt spricht vom Ziel, wieder Meister werden zu wollen. Wie das gelingen soll, dafür hat er noch keine Antwort parat.
Nur Teile einer Fehlerkette
Aber auch Wohlfahrt (der noch kein Konzept entwickelt hat) ist genauso wie Baumgartner (der sein Konzept nicht umsetzen konnte) nur Teil einer Fehlerkette an unzureichend durchdachten Entscheidungen der Austria-Führung. Die Task Force, die den Sportdirektor in einem monatelang dauernden Prozess aussuchte, verließ sich bei Wohlfahrt vor allem auf dessen Austria-Vergangenheit. Präsident Katzian betonte öffentlich zwar, dass Wohlfahrt mit einem „klaren Konzept“ überzeugte. Wohlfahrt widersprach dem aber: „Ich habe präsentiert – so wie es üblich ist – dass es Zeit braucht, wenn du Mannschaften bildest.“
Die Austria-Führung betonte gegenüber 90minuten.at, dass ihnen bewusst sei, dass die Task-Force-Mitglieder Häupl, Blecha oder Katzian nicht die sportliche Kompetenz hätten, über den Sportdirektor zu entscheiden. Deshalb wurden extra Prohaska und Watzke ins Boot geholt. Kraetschmer betonte, dass Häupl & Co. viel Erfahrung in Personalauswahlverfahren mitbringen würden, um anzufügen: „Diese Herren haben aber auch ganz klar gesagt, im sportlichen Kompetenzbereich müssen wir auf die Expertise von Herrn Prohaska oder Herrn Watzke vertrauen.“
Sprich: Die Austria hätte anscheinend ohne die beiden Herren, die man in die Task-Force dazu holte, niemanden im Verein, der beurteilen kann, wer der Austria als Sportdirektor weiterhelfen könnte und welches Anforderungsprofil es dafür braucht. Der externe Experte Herbert Prohaska empfahl seinen Weggefährten und Freund Franz Wohlfahrt.
Größtes oder kleinstes Problem?
Heute hat die Austria ihren Trainer gefeuert, der gescheitert ist. Jetzt braucht es ein klares Konzept, um bei der Trainerbestellung nicht wieder auf einen Glückstreffer hoffen zu müssen. Mit Vastic, Bjelica, Gager und Baumgartner lag man zuletzt zu oft falsch. Mit Stöger/Schmid nur einmal richtig. Einen Plan, wie die Austria künftig Fußball spielen will und nach welchen Parametern Trainer und Spieler verpflichtet werden, gibt es bis heute nicht. Bis Saisonende übernimmt jetzt Wohlfahrts langjähriger Weggefährte und Freund Andreas Ogris das Traineramt bei der Austria. Wohlfahrts Begründung: „Er ist ein Austria-Urgestein und spricht die Sprache der Spieler.“ Währenddessen will er einen Trainer für die kommende Saison suchen.
Sportdirektor Franz Wohlfahrt hat jetzt die Möglichkeit das Trainerteam und den Kader nach seinen Vorstellungen zu formen. Daran wird sich zeigen, ob der gerade gefeuerte Trainer Baumgartner das größte Problem der Austria war oder eventuell doch nur das kleinste.
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