Das Modell mit den Trainern der Aufsteiger

Österreich hat jedes Jahr einen groß aufspielenden Aufsteiger und kurz darauf einen Trainer-Rookie, der bei einem Spitzenklub landet. Das muss nicht zwingend ein Erfolgsmodell sein. Ein Kommentar von Gerald Gossmann

 

Salzburg muss heute nach Altach. Altach ist so etwas wie der Angstgegner der Salzburger. Zwei von drei Spielen zwischen den beiden gewann heuer Altach. Bei Altach ist Damir Canadi Trainer. Und Damir Canadi ist heuer so etwas wie letztes Jahr Adi Hütter, nämlich Erfolgstrainer des Aufsteigers. Letztes Jahr wurde Adi Hütter mit Aufsteiger Grödig Dritter, das darauf im Europacup spielte. Aktuell ist Damir Canadi mit Altach auch Dritter, damit würde man ebenso im Europacup spielen. Davor war Nenad Bjelica das, was Hütter und Canadi die letzten beiden Saisonen waren. Er schaffte es mit Aufsteiger WAC auf Anhieb auf Platz 5. Und noch weiter zurückliegend war Didi Kühbauer das, was Hütter, Canadi und Bjelica die drei Saisonen davor waren. Er schaffte es mit Aufsteiger Admira auf Platz 3 und in den Euroapcup. Und noch einmal zwei Saisonen davor schaffte es Peter Schöttel mit Aufsteiger Wr. Neustadt auf Platz 5.

 

Trainer der Aufsteiger mit Aufstiegsgarantie
Neben einem wie wild aufspielenden Aufsteiger beschert das dem österreichischen Fußball jedes Jahr aufs Neue auch einen Trainer-Rookie, der schon bald zur heißesten Trainer-Aktie der Saison wird. Schöttel wechselte von Wr. Neustadt zu Rapid, Bjelica vom WAC zur Austria, Hütter von Grödig zu Salzburg. Kühbauer gilt seitdem immer als Kandidat, wenn Rapid schwächelt. Und Damir Canadi wird aktuell mit der Austria in Verbindung gebracht. Trainer von Aufsteigern hatten die letzten Jahre eine Art Aufstiegsgarantie für ihre Trainerkarriere. Jetzt könnte man die Frage stellen: Warum erwischen immer nur die Aufsteiger tolle Coaches und nicht die Spitzenvereine? Und wie kann es möglich sein, dass Aufsteiger Altach zwei von drei Spielen gegen Krösus Salzburg gewinnt? Altach hat ein Budget von 5,5 Millionen Euro, Salzburg beinahe zehnmal so viel.

 

Das ganze funktioniert nach einem einfachen Muster. Aufsteiger setzen in der Regel auf eine Kontertaktik. Es geht immer um eine gute Organisation, den Moment des Ballgewinns und um die sich bei Balleroberung ergebenden Räume gegen angreifende Gegner. Mannschaften wie Altach schlagen Mannschaften wie Salzburg auch deshalb so oft, weil Mannschaften wie Salzburg mit ihren Formationen hoch stehen und Mannschaften wie Altach bei Ballgewinn fast eine ganze Hälfte des Spielfeldes für den Konter zur Verfügung haben.

 

Wenn jetzt die großen Klubs der Liga damit spekulieren, einfach nur den Trainer des groß aufspielenden Aufsteigers zu verpflichten, kann das schnell schiefgehen. Die Großklubs sind in einer Liga mit vielen kleinen Vereinen meistens zum Agieren gezwungen. Das Agieren, ein Angriffsspiel außerhalb von Überfalls-Kontersituationen, die ballbesitzorientierte Dominanz aber haben die viel gelobten Trainer der Aufsteiger noch nicht unter Beweis gestellt. Das wiederum muss nicht heißen, dass die Trainer-Rookies bei Großklubs nicht funktionieren können. Womöglich würde Altach mit Hütter auch Salzburg mit Canadi schlagen. Womöglich geht es gar nicht darum, wer von den beiden der bessere Trainer ist. Womöglich geht es um ein Duell zweier Spielanlagen, die bei schlechter Ausführung des einen der guten Ausführung des anderen zugute kommt.

 

Der Umkehrschluss als Trugschluss
Denn mit einem Wechsel des Trainer-Rookies zu einem Großklub, ist seine bis dahin noch hochgelobte Spielanlage wertlos. Er braucht eine neue. Darüber sollten sich Großklubs, die generell gerne offensiv ausgerichtet auftreten würden, im Klaren sein. Sie sollten sich im Klaren darüber sein, dass ihr Trainer-Rookie noch nicht unter Beweis gestellt hat, dass er das auch kann. Der Umkehrschluss, dass ein Trainer, der mit dem Aufsteiger Erfolg hat, mit einem Großklub noch viel mehr Erfolg haben müsste, ist schon einige Male zum Trugschluss geworden.