Schöttel sucht im Rückschritt den Fortschritt

Peter Schöttel scheitert auch in seinem zweiten Jahr bei Rapid an einem nicht funktionierenden Offensivspiel. Schöttel will deshalb in Zukunft wieder defensiver spielen. Der Plan kann auf Dauer nicht gelingen. Von Gerald Gossmann .

 

Das Spiel wiederholt sich seit Schöttel als Rapid-Trainer werkt. Gibt ein Team Rapid genügend Raum, funktioniert das eigene Spiel nicht schlecht. Wirkt sogar attraktiv. Das beweisen auch die sieben Punkte gegen Salzburg. Gibt ein Team Rapid wenig Raum, funktioniert das Offensivspiel wie gestern gegen den WAC überhaupt nicht. Da hilft es auch nichts, wenn der Gegner zwei Mann weniger am Feld hat. Trotz Überzahl konnten keine wirklichen Chancen erspielt werden. Überhaupt hat Rapid gegen den WAC in dieser Saison keinen einzigen Punkt geholt. Rapid kann keinen defensiven Gegner knacken. Wenigstens darin beweist man Kontinuität.

 

logo qualitaetsjournalismusBislang dominieren vor allem Schöttels Ausreden, warum im Frühjahr keine Punkte eingefahren werden. Schon im Herbst meinte Schöttel: „Das größte Problem von Rapid ist der Erfolgslauf der Austria." Was natürlich nicht stimmt. Rapids größtes Problem ist die eigene Unkonstanz. Vor dem Match erklärte Schöttel: Rapid hat deswegen in dieser Saison noch keinen Punkt gegen den WAC geholt, weil man immer in Rückstand geriet. Diesmal ging Rapid in Führung, man unterlag dem WAC trotzdem. Die Probleme müssen also woanders liegen.

 

Keine Weiterentwicklung – Schöttel sucht sich selbst

Die Probleme bei Rapid sind aber ohnehin keine Neuigkeit. Schöttel kündigt in regelmäßigen Abständen eine attraktivere Spielweise an, um sie nach Flauten wieder zu revidieren. So auch jetzt. Sogar gegen acht Kärntner Feldspieler konnte Rapid keine Ideen entwickeln. Vor der Winterpause versprach der ehemalige Verteidiger noch die Umsetzung eines Offensivspiels für die Frühjahrsvorbereitung. Nun reagiert Schöttel auf eine Misere wie immer. Im Interview mit dem ORF gibt er vor allem den Spielern die Schuld, die nicht in Zweikämpfe gehen wollten.

 

Danach erklärt er staubtrocken, dass man wohl wieder defensiver spielen sollte, wenn die Offensivversuche keine Früchte tragen. Also das alte Spiel: Klappt die Offensive nicht, wird wieder die alte Schiene gefahren. Jene Schiene, die Schöttel als Trainer zu bewältigen versteht. Am Offensivspiel scheiterte bislang nicht die Mannschaft, sondern in erster Linie der Trainer. Eine Weiterentwicklung scheint jetzt auf der Strecke zu bleiben. Rapid bekommt keine neue Facette dazu, es wird auf die alte Spielweise zurückgegriffen, um wenigstens den Euroapcupstartplatz abzusichern. Dabei hätte Rapid genügend Qualität im Kader, um auch nach vorne attraktiven Fußball zu spielen. Mit Hofmann, Boskovic, Burgstaller, Alar, Boyd und Sabitzer steht ein Haufen an hochkarätigen Kreativspielern in Schöttels Offensivabteilung.

 

Aber was macht Schöttel? Er wechselt einfach den Kurs. Der Offensivplan ist erneut gescheitert. Aber auch der Plan zu einer defensiven Spielweise zurückzukehren, kann auf Dauer nicht gut gehen. Das Problem dabei: Gegen kleine, destruktive Gegner kommt es dadurch schnell zu Pattstellungen. Gegen große und mutige Gegner kann die Destruktivität dagegen zum Eigentor werden. Schöttel sollte sich daher nicht die Frage stellen, ob Rapid künftig offensiv oder defensiv ans Werk gehen soll, sondern eher an der Balance zwischen Defensive und Offensive feilen, die er auch in seinem zweiten Jahr nicht hinbekommt.

 

Nur ein guter Trainer ist ein guter Trainer

Rapids Führung hat in der Winterpause viel dafür investiert, dass es wieder ruhiger rund um den Verein wird. Mit Helmut Schulte wurde ein Sportdirektor engagiert. Mit Branko Boskovic ein Hofmann-Backup installiert. Wie schon vor der Winterpause geschrieben: Die wirklichen Probleme wurden damit nicht gelöst. Die kurzfristigen Transfers kurzfristiger Erfolgsbringer haben aber Tradition in Hütteldorf. Savicevic und Venegoor of Hesselink sind nur zwei Beispiele, wo kurzfristig Klasse importiert werden sollte, langfristig aber nur das Wursteln prolongiert wurde. Auch Boskovic ist nicht mehr als ein Notkauf, um Fans und Öffentlichkeit kurzfristig ruhig zu stellen.

 

Dazu kommt der neue Sportdirektor, der als charmanter Prellbock für Medienvertreter engagiert wurde. Schulte verlängerte in seiner ersten Amtshandlung den Vertrag mit Trainer Schöttel. Mit der Aussage: „Nur ein starker Trainer ist ein guter Trainer." Schulte, der vor allem deshalb geholt wurde, um mit diplomatischen Floskeln Ruhe rund um den Verein zu bringen, scheitert gleich an einer seiner ersten Floskeln. Denn: Nicht vordergründig ein starker Trainer ist ein guter Trainer. Vor allem ein guter Trainer ist ein guter Trainer. Das hat auch Rapid und vor allem der um Ausreden nie verlegene Peter Schöttel noch zu lernen. Als Trainer hat er sich in Hütteldorf nämlich nur wenig weiterentwickelt.

g.gossmann@90minuten.at