Markus Schopp und die erzwungene Reifeprüfung
Markus Schopp wollte unbedingt Cheftrainer von Sturm Graz werden. Derzeit wirkt er überfordert. Von Gerald Gossmann
Markus Schopp sitzt endlich dort, wo er lange hinwollte. Auf einer Trainerbank in der höchsten Spielklasse. Noch dazu bei Sturm Graz, seinem Herzensklub. Schopp ist in Graz eine Legende, wie so ziemlich jeder Spieler der legendären Sturm-Elf, die es vor über zehn Jahren in die Zwischenrunde der Champions League schaffte. Derzeit arbeitet Schopp an seiner Trainerkarriere. Bislang beim Amateurteam der Grazer. Gerne wäre er schon früher zum Cheftrainer der Kampfmannschaft aufgestiegen. Paul Gludovatz entschied sich aber im Sommer lezten Jahres gegen ihn und für den Deutschen Peter Hyballa. Vielleicht weil mit Ivica Vastic bei der Austria gerade ein Trainer-Lehrling mit Pauken und Trompeten gescheitert war. Schopp war nicht argumentierbar und wurde bei den Amateuren geparkt. Einmal bot sich die Möglichkeit, zum Assistenztrainer Hyballas aufzusteigen, nachdem Ayhan Tumani zum sportlichen Leiter aufstieg. Daraus wurde aber nichts. „Diese Überlegung haben wir gar nicht. Markus ist ein Trainer, der noch sehr viel lernen muss", meinte Cheftrainer Hyballa. Das war direkt. Eine verbale Abfuhr für den Amateurcoach mit Ambitionen.
Schopp ist aber beliebt in Graz. Vereinsintern gleichermaßen wie bei den steirischen Medien. Für die „Kleine Zeitung" schrieb Schopp eine Kolumne. Die großen Lokalzeitungen verhehlen nicht, dass ihnen Schopp näher steht als es Hyballa tat. Auch vereinsintern kann Schopp auf eine starke Lobby zurückgreifen. Neben seinen ehemaligen Vereinskollegen Mario Haas und Günther Neukirchner zählt auch Sturm-Manager Gerhard Goldbrich samt Gefolgschaft zu den Schopp-Befürwortern. Sturm-Aufsichtsratsvorsitzender Friedrich Santner wollte die Trainerrochade inmitten der Saison verhindern. Nach dem Trainerwechsel dankte er, frustriert über fehlende Kontinuität, selbst ab.
Der Rest der Sturm-Führung schien hinter verschlossenen Türen davon überzeugt, dass Hyballa die Mannschaft nicht mehr erreichen könne. Markus Schopp als Lösung war naheliegend. Er selbst durfte sich über einen Karriereschritt freuen, der Verein über keine nennenswerten Mehrkosten. Schließlich kann man nicht innerhalb weniger Wochen den sportlichen Leiter samt Cheftrainer, trotz laufender Verträge, beurlauben und trotzdem den Geldbeutel für einen neuen Coach weit öffnen. Schopp war auch ein finanzieller Kompromiss. Wenngleich ein gern gesehener.
Schwammiger Plan
Gerhard Goldbrich sprach bei seiner Präsentation etwas schwammig davon, dass das Sturm-Urgestein „das Feuer wieder entfachen" könne. Schopp selbst erzählte vom „Sturm-Geist", den er an seine Spieler weitergeben wolle. Was sich aber noch nicht ganz in den Ergebnissen niederschlägt. Markus Schopp ist vom vierten auf den sechsten Platz abgerutscht. Nach null Punkten und einem Torverhältnis von 1:9 aus drei Spielen.
Viele Medien schreiben von „Hyballa-Nachwehen" und hängen damit dem Ex-Trainer den schwarzen Peter um. „Nach der Hyballa-Regentschaft gleicht die Mannschaft einem Scherbenhaufen, der ausgelaugt und kaputt trainiert ist", schrieb die „Kronen Zeitung". Eine Vorstellung wie beim 0:3 unter Schopp gegen die Admira haben selbst langjährige Sturm-Anhänger lange nicht gesehen. Die „Steirerkrone" zitierte vor dem Spiel einen namentlich nicht genannten Sturm-Kicker: "Schoppi ist ja ein armer Hund! Er hat eine tote Mannschaft übernommen, in der es keine gewachsene Hierachie, keine Führungsspieler und Strukturen mehr gibt, weil es sein Vorgänger so haben wollte und alles kaputt gemacht hat. Jetzt passt nichts mehr zusammen."
Dabei wollte der Verein mit einem weniger streitbaren Trainer auf bessere Stimmung und damit verbunden auf bessere Ergebnisse setzen. Und das Ergebnis ist, dass alles noch viel schlimmer wird als unter Hyballa?
Beliebt, ohne Erfahrung.
Mit Schopp sollte ein Trainer ans Ruder kommen, der durchgehend jene Akzeptanz hatte, die Hyballa - auch selbstverschuldet - fehlte. Als Trainer fehlt Markus Schopp dagegen nachweislich die Erfahrung. Bislang war er Kurzzeit-Assistent von Andreas Herzog beim U21-Nationalteam. Dazu kommen 32 Spiele auf der Bank der Sturm-Amateure. Dort holte Schopp aus 15 Herbst-Spielen 10 Punkte. Im Frühjahr dagegen aus sieben Spielen 6 Siege und ein Remis. Ein Aufwärtstrend nach der Herbstrunde war deutlich erkennbar. Peter Hyballa mokierte sich trotzdem über die Arbeit weiter unten. Schopp schaue zu wenig darauf Spieler nach oben zu bringen, sondern wolle im Gegenteil Spieler von oben haben um unten zu gewinnen. Für Hyballa konterkarierte das die Sinnhaftigkeit des Nachwuchsbereichs. Schopp dagegen beschreibt sich gerne als Mann mit Zielen als Trainer. Sein Ziel war ohnehin auch die Kampfmannschaft, nicht das Amateurteam.
Bislang wirkt Sturm Graz in den drei Spielen unter Markus Schopp offensiv harmlos und defensiv inferior. Von seiner Spielidee verrät Markus Schopp wenig. Vor allem Floskeln und grundsätzlich gehaltene Formulierungen dominieren seine Aussagen. „Es ist enorm wichtig, dass man eine Philosophie hat. Wir beim SK Sturm haben uns schon über einen sehr langen Zeitraum Gedanken gemacht, wie diese Philosophie aussehen kann, vor allem in der Jugend. Oben ist es natürlich so, dass man seine Ideen, die man umsetzen möchte, auch dementsprechend an den Kader anpassen muss." Ähnliche Sätze schüttelt Schopp in Dauerrotation heraus. Viel bleibt vage, wenig konkret.
Schopp erzählt lieber, dass er sich von seinen Trainern etwas abschauen konnte. Er erwähnt dabei Ivica Osim. Auch der Name Pep Guardiola fällt immer wieder. Mit ihm hatte Schopp bei Brescia in Italiens Serie A zusammengespielt. Beim großen FC Barcelona hospitierte er mehrmals. Was er sich abschauen konnte verrät er selten. Und verrät er es doch, erklärt er in einem Nebensatz, dass er aber nicht wisse, ob das Abgeschaute auch hierzulande umzusetzen sei.
„Wie könnte ich da jetzt reagieren?"
Nach seinem dritten Spiel als Cheftrainer von Sturm Graz steht die Sturm-Legende bereits mit dem Rücken zur Wand. „Den Europacup können wir abhaken", sagt Schopp, der unter Hyballa noch als Muss galt.
Die Mannschaft sei nach der Ära Hyballa eben noch verunsichert, wurde nach seiner ersten Niederlage kommuniziert. Nach der zweiten Niederlage vermisste Schopp „das Quäntchen Glück". Nach der 3:0-Pleite bei der Admira gab er eine Art Selbsteinschätzung ab: „Es ist einfach bedenklich, dass bei uns ein Gegentreffer Unglaubliches auslöst – an Panik und an Angst. Das sind Prozesse, die ich als Spieler kennen gelernt habe, aber als Trainer stehst du draussen und denkst: Wie könnte ich da jetzt reagieren?" Das klingt seltsam. Schopp sitzt dort, wo er hinwollte, auf der Sturm-Bank. Als Cheftrainer. Und erzählt, dass er nicht weiß, wie er nun reagieren soll.
Markus Schopp hat seine Reifeprüfung als Trainer erzwungen. Bislang scheint er damit überfordert.