Die Personalie Schmid

Fritz Schmids Abgang beim ÖFB wirft nachträglich einige Widersprüche auf. Einerseits fehlte Schmid die Zeit fürs Nationalteam, andererseits folgte eine Bewerbung als Sportdirektor bei Rapid. Analyse einer Personalie, über die man beim ÖFB nicht gerne spri

„Können wir das Thema Fritz Schmid jetzt bitte beenden", wirft die Presseassistentin des ÖFB in eine im 90minuten.at-Interview an Teamchef Koller gerichtete Frage ein. Es gäbe eine Pressemeldung mit Gründen für Schmids Ausscheiden. Mehr gibt es nicht zu sagen. Aber was war eigentlich?


Der Abgang Schmids als Assistenztrainer von Marcel Koller war kein ungewöhnlicher. Es war ein stiller Abschied. So wie seine Amtszeit insgesamt. Ein bisschen Wirbel um den Assistenten des Teamchefs gab es nur zu seiner Bestellung. Als ein Land staunte, dass ein Co-Trainer so viele Fähigkeiten mitbringen kann. Schmid hat Sportwissenschaften, Germanistik, Journalismus und PR studiert. Das erzählte der Schweizer auch ausführlich während einer Pressekonferenz zu seinem Amtsantritt. Danach sprach er öffentlich nur noch einmal ausführlich. In einem „Kurier"-Interview. Ein 90minuten.at-Interview kurz darauf wurde vom Teamchef nicht freigegeben. Anwenden konnte Schmid sein Wissen nur intern, in der täglichen Arbeit. In der Öffentlichkeit sprach der Teamchef. „Wenn jeder über irgendwas spricht, muss ich die Konsequenzen tragen. Über Fußball spricht nur einer, das bin ich", erklärte Marcel Koller in einem Interview gegenüber 90minuten.at vor etwa einem Jahr.


Zu seinem Abgang durfte Schmid noch einen verschachtelnden Satz mittels ÖFB-Pressemeldung an die Öffentlichkeit richten. Darin hieß es: Schmid könne sich zeitlich nicht hundertprozentig seiner Aufgabe beim ÖFB widmen, da er andere Projekte ansonsten zurückstellen müsste. Die Begründung klang nachvollziehbar. Der Schweizer ist als Trainerausbildner für UEFA und FIFA tätig. In Asien und Afrika betreut er Entwicklungsprojekte. Man hätte meinen können: Der Mann hat viel zu tun und setzt eben Prioritäten. Könnte man. Wäre da nicht Schmids Bewerbung als Sportdirektor bei Rapid. Warum verlässt jemand den ÖFB, weil er es zeitlich nicht schafft und bewirbt sich kurz darauf für einen Vollzeitjob? Dieser Widerspruch wirft naturgemäß die Frage auf: Warum ging Schmid beim ÖFB wirklich? War es bloß die fehlende Zeit oder gab es andere Gründe?


Zwei Gestalter, zwei Auffassungen
Beim ÖFB spricht man über das Thema Schmid nicht gerne. „Ich weiß auch nicht, warum er das macht", erklärt Teamchef Koller gegenüber 90minuten.at überrascht. Ob mit Schmid denn ein wichtiger Mosaikstein wegfallen würde? Koller: „Ich denke nicht, dass sein Abgang alles entscheidet. Fritz Schmid war nicht alles. Fritz Schmid ist nicht der ÖFB."


Als Koller Schmid zum Assistenztrainer bestellte, klangen seine Worte noch anders. „Es ist so, dass ich Fritz als Person sehr schätze ... Er hat eine klare Linie, die er konsequent verfolgt. Es ist das erste Mal, dass wir zusammenarbeiten und ich freue mich ungemein darauf."


Das Verhältnis zwischen Koller und Schmid scheint abgekühlt. Auch die Aufteilung der Kompetenzen innerhalb des Trainerteams dürfte dabei mitgespielt haben. „Meine Aufgaben sind sicherlich die Trainingsgestaltung und die Trainingsplanung", erklärte Schmid zu Beginn seiner Amtszeit. Spricht man Teamchef Koller heute auf den Aufgabenbereich seines Assistenten an, sagt er: „Er war im Scouting tätig und Spiele beobachten." Erst danach sagt er: „Und wenn wir Lehrgänge hatten, dementsprechend mitzuarbeiten, um das Team gemeinsam weiterzuentwickeln."


Für Schmid war die Assistenztrainertätigkeit keine ungewohnte Rolle. Er war beinahe immer zweiter Mann. Unter Christian Gross bei Basel und Tottenham. Unter Marcel Koller beim ÖFB. Was auffällt: Auch mit Gross gab es am Ende persönliche Differenzen, die zum freiwilligen Abgang Schmids führten. Auch beim ÖFB sieht es danach aus, als ob Schmid deshalb ging, weil er die Rolle des zweiten Mannes eben anders interpretiert als seine Chefs. Fritz Schmid sagte vor zwei Jahren gegenüber österreichischen Journalisten: „Ich würde mich nicht als klassischen zweiten Mann bezeichnen, aber ich bin einer, der weiß, wann ich die Führung als ein erster Mann übernehmen muss und wann ich mich im Team einbringen muss. Der alleinige Mann, der alles schmeißt und alles führt, den wird man im modernen Fußball kaum noch finden."


Warum bewirbt sich Schmid bei Rapid? Warum besetzt der ÖFB seinen Posten möglicherweise nicht nach?
Koller schmeißt und führt nicht alles alleine. Aber ziemlich viel. Koller hat die Kommunikation mit der Presse über, auch die Trainingssteuerung. „Strategie oder die Taktik, wie wir spielen wollen, das ist meine Aufgabe. Es ist natürlich möglich etwas zu delegieren, aber wir haben nicht zehn Festangestellte", erklärte Koller gegenüber 90minuten.at.


Es wirkt ein bisschen so, als wäre Schmid weg, aber niemand wirklich schuld daran. Als läge es einfach an unterschiedlichen Vorstellungen zweier Gestalter. Schmid hätte seine Rolle als zweiter Mann gerne so interpretiert, wie er sie eben für sich auslegt. Mit mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungskompetenz. Und Koller möchte das eben nicht. Es scheint nur eine logische Konsequenz zu sein, dass beide künftig getrennte Wege gehen. Das würde auch Schmids Bewerbung bei Rapid erklären, wo er in der Rolle des Sportdirektors mehr Gestaltungsspielraum hätte. Und es würde auch erklären, warum sich der ÖFB über die Nachbesetzung des Schmid-Postens noch uneins ist. Denn eigentlich braucht Koller keinen zweiten Assistenztrainer. Das meiste erledigt er gerne selbst.

g.gossmann@90minuten.at

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