Vision der Rapid-Führung: Wie vermarktet man Misserfolg?

Präsident und Trainer beweisen in der Krise neuerlich, warum Rapid eigentlich in der Krise steckt. Statt einschneidender Veränderungen will man den Status quo in der Öffentlichkeit besser verkaufen. Von Gerald Gossmann .

 

 

Rudolf Edlinger kramt dieser Tage wieder einmal in seinem reichen Erfahrungsschatz. Edlinger war Politiker, und das spielt er aus. Gerade in Krisenzeiten. „Wir werden die Situation wohl überlegt analysieren, aber es wird keine Schnellschüsse geben", sagt er. Das klingt fürs Erste einmal gut, denkt Edlinger. Ein paar Sitzungen sollen jetzt einen viel zu langen Stillstand beheben. Jedenfalls wenn es nach dem Rapid-Präsidenten geht. Was sich aber in der Praxis als gar nicht so leicht erweist. Denn wie sollen Führungskräfte statt kurzfristig und planlos plötzlich langfristig und strukturiert denken. Schwierig. Die von Edlinger angekündigte „wohl überlegte Analyse" sieht demnach auch so aus, wie erwartet.

 

Plan 1: Ein Ersatz für Hofmann muss her

Schöttel wird vorerst nicht zum Bauernopfer, sondern darf einmal weiter werken. Damit aber nicht alles beim Alten bleibt, soll eine „echte" Verstärkung kommen, munkelt der „Kurier". Der Gedanke dahinter: Seit Hofmann verletzt ist, geht es bergab. Also muss Ersatz her. Seltsam aber, wenn Rapid-Verantwortliche das Fehlen von Hofmann als Hauptgrund für die Misere anführen und dabei nicht bemerken, dass sie sich damit selbst in Bredouille bringen. Denn ein Kader, der mit dem Ausfall eines Spielers ins Bedeutungslose fällt, darf wohl nicht als durchdacht geplant bezeichnet werden. Die kurzfristigen Transfers kurzfristiger Erfolgsbringer haben aber Tradition in Hütteldorf. Savicevic und Venegoor of Hesselink sind nur zwei Beispiele, wo kurzfristig Klasse importiert werden sollte, langfristig aber nur das Wursteln prolongiert wurde. Edlinger spricht in akzentfreiem Politikerdeutsch von einer wohl überlegten Analyse. Ein Hofmann-Ersatz als Rettungsplan wäre aber nur unüberlegter Dilettantismus.

 

Wie wenig geplant die Kaderzusammenstellung erfolgt sein muss, zeigt auch die Tatsache, dass Schöttel der Dreifachbelastung aus Meisterschaft, Cup und Europaleague die Hauptschuld für die Misere gibt. Was eines deutlich aufzeigt: anscheinend hat man vor der Saison absolut nicht mit dem Erreichen der Gruppenphase gerechnet, womit die Zusammenstellung des Kaders erklärbar wäre. Die Visionslosigkeit des Vereins wäre dadurch aber ebenso manifestiert.

 

Plan 2: Imagekampagne gegen die Krise

Schöttel ist aber nur die Spitze einer nie geplanten Entwicklung. Planlos gestalten sich vor allem seine öffentlichen Statements. So hat Schöttel das Jammern zum ungünstigsten Zeitpunkt zu seinem Credo erhoben. Schöttel jammert, dass Erfolge, wie der Einzug in die Gruppenphase der Europaleague, nicht besser vermarktet werden. Und er jammert, dass der zweite Platz aus dem Vorjahr dem Anhang nicht besser kommuniziert wurde. Was Schöttel dabei vergisst: auch eine öffentlich bessere Darstellung des Stauts quo ändert nichts am verbesserungswürdigen Zustand des Rekordmeisters, der viel zu lange vor sich hergeschoben wurde. Eine bessere Öffentlichkeitsstrategie würde die Probleme nur verschlimmern, weil sie zugedeckt würden, anstatt breit diskutiert.

 

Aber auch der Präsident scheint die wahre Problematik nicht erkannt zu haben. Er überlegt die Installierung eines Sportdirektors. Nicht aber, um strukturelle Mängel zu beheben. Rapid ist seit eineinhalb Jahren ohne Stimme, kritisiert der Präsident. Nur Schöttel und Edlinger reden. Sprich: Nur Schöttel und Edlinger stehen in der Schusslinie. „Es stimmt, dass schlecht kommuniziert wird. Uns fehlt ein Gesicht", sagt Edlinger. Aber wenn ein Sportdirektor hauptsächlich dafür installiert wird, um als Prellbock für Medienanfragen herzuhalten, um ein besseres Bild in der Öffentlichkeit abzugeben, greift das zu kurz. Rapids Medienstrategien werden dadurch vielleicht ausgefeilter, was aber wieder nichts an den viel dringlicheren Problemstellungen ändert. Rapid lukriert, trotz vorhandenem Potential, zu wenige Geldgeber. Rapid fehlt ein zeitgemäßes Scouting. Und Rapid hat keinen durchdachten Plan, wie man in den nächsten Jahren Erfolg haben will. (Daniel Mandl hat das für abseits.at hervorragend analysiert - siehe Info-Box weiter unten)

 

Rapids-Verantwortungsträger können die Problemfelder nicht lösen, sie machen die Ursachen für die Krise aber greifbar

Präsident und Trainer beweisen in der Krise neuerlich, warum Rapid eigentlich in der Krise steckt. Die beinahe dramatische Situation wird verkannt und soll mit mehr Öffentlichkeitsarbeit behoben werden. Aber wen wundert das eigentlich: Wie sollte es funktionieren, dass dieselben Personen innerhalb von wenigen Wochen ein zukunftsfähiges Konzept aus dem Boden stampfen, die jahrelang nur Problemstellen verwalteten.

Die Bestellung eines Sportdirektors, so wie Edlinger ihn sich vorstellt, hätte in der derzeitigen Situation nur einen Grund: Öffentlichen Druck von den Verantwortlichen (Edlinger, Kuhn, Ebner) zu nehmen, die immer mehr ins Schussfeld geraten. Die Funktion des neuen Sportdirektors würde einem Schmiere-Stehen gleichkommen, um das Wursteln im Hintergrund zu prolongieren, es gleichzeitig der Öffentlichkeit aber besser zu verkaufen.

 

Zusammengefasst: Rapids Verantwortungsträger überlegen die Installierung eines Sportdirektors als öffentliches Sprachrohr, eine Spielerverpflichtung als Hofmann-Ersatz und die bessere Vermarktung von Halb-Erfolgen um aus der Krise zu kommen. Rapids-Führung wird die jahrelang aufgestauten Probleme damit nicht lösen können. Mit ihren planlosen Lösungsvorschlägen machen sie aber für jedermann sichtbar, wie Rapid in den Trümmerhaufen schlittern konnte, indem man sich gerade wiederfindet.

 

g.gossmann@90minuten.at