Sturm-Graz-Geschäftsführer Houben: ‚Mir fehlt die strategische Ausrichtung. An was glauben wir als Liga?‘
Vor einigen Monaten war Christopher Houben als Betreiber von sturm12.at noch kritischer Beobachter ‚seines‘ Vereins Sturm Graz. Im März wechselte er die Fronten und bekam zu spüren, wie hart das Leben eines Sturm-Geschäftsführers ist. Im Interview mit 90m
Vor einigen Monaten war Christopher Houben als Betreiber von sturm12.at noch kritischer Beobachter ‚seines‘ Vereins Sturm Graz. Im März wechselte er die Fronten und bekam zu spüren, wie hart das Leben eines Sturm-Geschäftsführers ist. Im Interview mit 90minuten.at gibt Houben einen Einblick in seine tägliche Arbeit und erzählt, wie sich die Liga als Ganzes weiterentwickeln sollte.
Das Gespräch führte Michael Fiala
90minuten.at: Wie war der „Umstieg“ für Sie, Sturm Graz plötzlich nicht mehr aus der kritischen Fanperspektive zu sehen?
Christopher Houben: Ich würde das auf ein Wort reduzieren: Intensiv. Es war ein komisches Gefühl, dass Informationen, nach denen man lange gesucht hat, plötzlich vor mir liegen und ich vielleicht sogar der einzige bin, der diese Informationen hat. Es war unübersichtlich, es war so strukturiert, wie ich es erwartet habe, aber nicht so strukturiert, wie ich es mir von einer professionellen Organisation her erwarten würde. Dementsprechend war eine Übergabe nicht ganz einfach. Man hat in jedem Job, in dem man neu anfängt eine Anlaufphase, aber im Fußball ist es manchmal so, jeden Tag eine neue Überraschung zu bekommen - meistens bisher leider eine negative Überraschung. Es ist ein Sehnsuchtspunkt, dass die eine oder andere Überraschung nicht mehr passiert, sondern dass wir einfach auf vieles vorbereitet sind. Da ist noch viel Arbeit zu tun, es ist weniger geworden, die Lernkurve für mich war extrem steil – vor allem für mich als Quereinsteiger. Wir haben schon einige Sachen in die richtige Richtung gebracht. Den ersten Gipfel haben wir genommen.
Haben Sie im Umfeld von Sturm Graz Vorbehalte wahrgenommen, als Sie Ihren Job angetreten sind?
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht und dem Thema keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ich hatte einfach dermaßen viel zu tun und hatte auch gar keine Zeit. Und selbst wenn es Vorbehalte gegeben hat – das ist vollkommen legitim und normal, wenn jemand als Neuer zu einem Unternehmen kommt. Ich gehe davon aus, dass diese Vorbehalte da sind, aber es ändert auch nichts daran, wenn ich mir da zu viele Gedanken machen würde. Natürlich habe ich Respekt, wenn jemand Vorbehalte hat. Das ist übrigens eine der größten Gefahren im Fußball, dass man in eine Art Popularitätswettbewerb verfällt, und dass ich nur noch das mache, was am besten ankommt.
„Wir müssen wegkommen von der kurzfristigen Denke und nicht alles auf die Null hinquetschen.“
Die Frage war auch eher in die Richtung gestellt, ob Sie bei der Realisierung ihres ambitionierten Programms auf Widerstände gestoßen sind aufgrund diverser Vorbehalte?
Wenn man sich in einem Change-Prozess befindet – ich sehe das emotionslos – ist das keine Gerade, die man hinunterspaziert. Da ist manchmal notwendig, zwei oder drei Schritte zurückzumachen und dann wieder neuen Anlauf zu nehmen. Das wird auch eine Zeit lang brauchen. Man kann die wunderbarsten Charts malen, die besten Ideen haben, aber am Ende des Tages entscheidet im Fußball der Erfolg darüber, ob es gut war. Die Frage ist: es geht nicht immer darum, kurzfristig erfolgreich zu sehen. Ich kenn keinen Fußballverein der sagt, wir sind überhaupt nicht erfolgreich aber wir finden unsere Struktur so toll und wir machen weiter so. Im Endeffekt befinden wir uns in einem wirtschaftlichen aber vor allem sportlichen Wettbewerbsumfeld, in dem wir uns beweisen müssen. Warum macht man einen Wechsel? Wir haben ja ein Ziel damit und wir können nicht erwarten, dass uns jeder auf die Schulter klopft. Manchmal kommt Veränderung gut an, aber am Ende des Tages müssen wir unser Ziel erreichen. Unser Ziel ist es, einen erfolgreichen Fußballklub auf die Beine zu stellen, der konstant gute Leistung erbringt. Da müssen wir weg von Eitelkeiten und kurzfristiger Ergebnisoptimierung. Wir möchten stark auf unseren eigenen Nachwuchs setzen, etc. Am Ende zählt aber nur, ob wir mit der Kampfmannschaft Erfolg haben.
Ist schon genau definiert, was „Erfolg“ bei Sturm Graz bedeutet?
Das gilt es in den nächsten Monaten genau zu definieren. Sind es acht Meistertitel in zehn Jahren um es ganz überspitzt zu formulieren oder ist es eine Platzierung in den Top vier – oder ist es eine andere Komponente. Wir müssen wegkommen von der kurzfristigen Denke und nicht alles auf die Null hinquetschen. Wir müssen auch wieder Mal Überschüsse erwirtschaften, um auch langfristiger etwas aufbauen zu können. Bei den Bayern gibt es das berühmte Festgeldkonto – auch Sturm Graz sollte immer ein bisschen Geld auf die Seite legen können. Das sollten nicht nur Investitionen sein, die eigentlich keine echten Investitionen sondern Ausgaben sind, sondern sinnvolle, nachhaltige Investitionen. Da gab es auch in der Vergangenheit bereits positive Beispiele: Welcher Klub kann von sich schon behaupten, ein eigenes Trainingszentrum gebaut zu haben – ohne Schulden. Das sollte man auch nicht klein reden. Wir haben die Geschäftsstelle aufgebaut, drei Rasenplätze, etc. In diesen Bereichen zahlen sich Investitionen aus. Aber wir müssen auch versuchen - das wird uns nicht immer gelingen - die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, mit Spieler Transfererlöse zu erzielen und so dieses Festgeldkonto aufzubauen.
„Natürlich brauchen wir die Rasenheizung für genau zwei Spiele im Jahr. Da kann man dann Professionalität als Liga beweisen.“
So wie es Rapid in der Vergangenheit des Öfteren gelungen ist und wie es die Austria seit ein paar Jahren mehr oder weniger erfolgreich versucht?
Ja, das hat bei Rapid schon sehr gut funktioniert. Die Frage ist, wie kann man das methodisch erreichen? Wie strukturiert geht das ab, wie kann ein Leistungsabfall in der Mannschaft verhindert werden, wenn der beste Spieler verkauft wird. Es ist notwendig sich darüber Gedanken zu machen, da sind wir noch am Anfang.
Eine Ihrer ersten Aufgaben war die Abgabe der Lizenzierungsunterlagen. Waren Sie da positiv oder negativ überrascht wie es im Klub finanziell aussieht?
Ich muss dazu sagen, dass ich erst ganz am Ende der Lizenzierung dazugekommen bin. Die Hauptarbeit war von Karin Hambrusch bereits erledigt. Ich habe mir die allgemeinen Anforderungen von Seiten der Liga ein bisschen diffiziler vorgestellt. Es geht darum, einen einfachen Budgetierungsprozess dazustellen. Das ist eine Pflichtveranstaltung. Eine gute Organisation in der Größe eines Bundesligavereines sollte eine Planung haben. Das ist das, was die Bundesliga verlangt. Es gibt auch noch einige andere Kriterien, die nicht im finanziellen Bereich liegen. Es ist natürlich klar, dass das für die Liga ein Spagat ist, denn die Diskrepanz zwischen den großen und kleinen Klubs ist sehr groß.
Eines dieser Kriterien ist die Rasenheizung …
Ja, wenn man an die Rasenheizung denkt, wo es nicht nur darum geht, wer eine hat, sondern wer sie auch einschaltet. Oft hört man dann die Fragestellung: Für was brauchen wir eine Rasenheizung? Für zwei Spiele im Jahr? Meine Argumentation ist dann: Natürlich brauchen wir die Rasenheizung für genau zwei Spiele im Jahr. Da kann man dann Professionalität als Liga beweisen. Aber ich verstehe natürlich die Liga und Klubs, dass man hier mehrere hunderttausend Euro investieren muss bzw. quersubventioniert werden müssen. Ich verstehe, dass es dann Klubs gibt, die das Thema überhaupt nicht interessiert. Da ist dann die Frage, wer bewegt sich als erster.
„Die Lizenzierung nützt langfristig dem Produkt Fußball, kurzfristig kann es aber auch Schaden zufügen.“
Sind die Lizenzierungskriterien daher zu streng oder zu weich?
Die Frage der Liga ist, wie sehr drehe ich an der Schraube bei der Lizenzierung. Wo höre ich auf? Wie viel kann ich erzwingen? Wie ambitioniert kann ich sein und was können die Klubs erreichen, wenn sie sich anstrengen oder was ist dann zu viel?
Nehmen wir das Beispiel FC Lustenau her. Der Verein bekommt die Lizenz und fast zur gleichen Zeit stellt der Klub einige Zahlungen an die Spieler ein, obwohl der Klub zuvor bis auf den letzten Cent durchleuchtet wurde. Hätte man das im Rahmen der Lizenzierung merken können oder müssen?
Ich muss sagen, ich habe mir über das Lizenzierungsverfahren nicht so viele Gedanken gemacht, dafür hatte ich zu wenig Zeit.
Anders gefragt: Könnte man als Verein die Finanzen so darstellen, dass man der Liga eine heile Welt vorgaukelt?
Ich halte es für nicht unwahrscheinlich. So wie Unternehmen ihre Bilanzen besser darstellen können als sie es tatsächlich sind. Wenn man dann auch noch den richtigen Wirtschaftsprüfer hat und ein positives Prüfsiegel ausstellt, warum nicht. Aber ich habe mich mit diesem Thema nicht wirklich auseinandergesetzt.
Ein Insider meinte zuletzt im Gespräch mit mir: Wenn man weiß, was man generell in Lizenzierungsunterlagen reinschreiben muss, ist die Lizenz auch ….
… kein Problem. Ja, das mag auch sein, dass es so funktioniert. Die Liga ist ja auch hier in einer Zwickmühle. Werfen wir einen Blick in die Schweiz: Hier hat die Liga radikal durchgegriffen. Aber ich verstehe natürlich auch die Sichtweise, dass man zu radikal durchgegriffen hat, weil man damit das eigene Produkt schädigt. Man kann es so zusammenfassen: Eigentlich nützt die Lizenzierung langfristig dem Produkt Fußball, kurzfristig kann es dem Produkt aber auch Schaden zufügen. Damit kommen wir aber zu einem Problem, das der österreichische Fußball generell hat. Wir haben zu wenig Glaubwürdigkeit. Man vertraut diesem Gebilde Fußball bzw. den einzelnen Vereinen nur in einem sehr geringen Ausmaß, was man natürlich in diversen Gesprächen merkt. Wir sind als Sturm Graz einer der Topklubs in Österreich aber dennoch immer wieder der Bittsteller. Meine Sponsoring-Philosophie lautet, dass es Leistung und Gegenleistung ist. Ich weiß nicht, wie das in der Vergangenheit war, ob es immer stimmig war. Ich kann nur sagen, dass wir eine attraktive Plattform haben, die aber nicht so immer erkannt war.
„Es ist ein Ziel, die Ziele von Sturm Graz zu definieren.“
Das heißt, Sponsoring ist eine Good-Will-Aktion, weil der Geschäftsführer Fußballaffin ist …
Eine gewisse Affinität ist immer klar, das ist auch bei Kultur-Sponsoring so. Es ist aber schon eine gewisse Grundskepsis da. Als ich meinen Job angetreten habe, haben gewisse Personen in meinem Umfeld, die nicht so fußballaffin sind, gefragt: Bist Du Dir sicher? Das ist doch Fußball? War da nicht Kartnig? Da muss man den Leuten schon mal erklären, was man da macht und dass man sich nicht auf ein Kartnig-Muster einlassen will und es auch definitiv nicht tun wird. Aber es ist halt auch so in Graz, wo zwei Fußballvereine vier Konkurse zusammengebracht haben, dass eine gewisse Grundskepsis da ist, mit der man arbeiten muss. Da muss man gut sein und überzeugen. Wir haben sehr viele lokale und regionale Sponsoren. Als Plattform scheinen wir national noch nicht so wahrgenommen zu sein. Wir sind – jetzt als Beispiel – noch kein Vehikel für Coca Cola. Man kann einzelne überzeugen, man muss immer verkaufen – wir müssen aber dort hinkommen, dass man eine Fläche drei Mal verkaufen kann und ich suche mir den besten Partner aus.
Was sind die konkreten Ziele in der laufenden Saison im wirtschaftlich, organisatorischen Bereich?
Der ganz große Brocken ist das Thema Budgetierung – nicht im Sinne der Lizenzierung sondern intern, um ganz klare Verantwortungen zu schaffen für gewisse Budgettöpfe. Ich kann nicht jede Entscheidung selbst treffen, ich muss Verantwortung abgeben. Ich kann nicht beurteilen, ob zehn Tonnen Sand sinnvoll sind oder nicht. Wir haben eine Kostenstellenstruktur, jetzt müssen dahinter Kostenstellenverantwortliche definiert und geschult werden. Das zweite große Ziel ist über Sturm Graz einen Strategieprozess darüberzulegen. Es ist ein Ziel, die Ziele von Sturm Graz zu definieren. Ziele, die man messen kann. Ich habe da ein klares Modell im Kopf, wo wirtschaftliche und sportliche Ziele verflechtet sind. Unser Hauptziel als Verein ist es, sportlichen Erfolg zu haben. Jetzt muss man definieren, wie man sportlichen Erfolg haben kann. Kurzfristig Geld hineinbuttern und Meister zu werden? Das ist nicht unser Ansatz. Ich habe auch eine klare Umverteilung der Budgets im Kopf.
„Es ist ja nicht so, dass bei Transfers die Spieler ein Preisschild haben wie bei einem Schokoriegel. Es ist eine Entscheidung auf Basis unvollständiger Informationen.“
Wie sieht diese Umverteilung aus?
Im sportlichen Bereich von der Kampfmannschaft in Richtung Nachwuchs und auch generell vom sportlichen in den administrativen Bereich. Ich kann nur Sponsoren akquirieren, wenn ich Leute habe, die das auch abwickeln. Da ist ein sehr zeitaufwendiger Job. Wenn wir besseres Marketing, Ticketing oder Kommunikation haben wollen, müssen wir in diese Bereiche investieren und etwas dafür tun. In manchen Bereichen war der Handlungsbereich so groß, dass wir bereits etwas getan haben. Im Optimalfall schaffen wir diese Umschichtungen so, dass wir mehr Einnahmen generieren als bisher, dann müssen wir auch niemanden etwas wegnehmen. Wenn wir Sponsoring so machen, wie wir uns das vorstellen, glaube ich, dass man das am Sponsorenmarkt sehen wird.
Das heißt aber auch eher, dass Investitionen in spektakuläre Transfers vorbei sind?
Ja, wir haben es auch dieses Jahr gemacht. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, ohne dass ich jetzt weiß wie es sportlich ausgehen wird, dass wir uns jeden Transfer sehr genau überlegt haben. Wir haben ganz klare Richtlinien gehabt. Vielleicht hätten wir das beim einen oder anderen Spieler anders machen können. Es ist ja nicht so, dass bei Transfers die Spieler ein Preisschild haben wie bei einem Schokoriegel. Es ist eine Entscheidung auf Basis unvollständiger Informationen. Wir haben aber alles dafür getan, eine gute Grundlage zu haben. Wenn wir das Gefühl gehabt haben, dass uns ein Spieler dazu verwendet hat, Gehaltspoker durchzuführen bzw. uns auszuspielen, dann haben wir die Gespräche beendet. Wir haben uns in diesen Gesprächen nie besonders weit wegbewegt – wir verlieren sonst unsere Glaubwürdigkeit.
Inwiefern hat sich das Budget im Vergleich zum letzten Jahr geändert?
Es hat sich stark verändert. Wir hatten letztes Jahr Einnahmen aus der europäischen Qualifikation. Ich würde sagen, es hat sich in vielen Bereichen wie der Kampfmannschaft auf ein Normalmaß zurückentwickelt.
„Wir können uns auch nicht hinsetzen und sagen, wir sind so arm und haben keine Sponsoren. Unsere Aufgabe ist es zu zeigen, wie attraktiv ein Sponsoring bei Sturm Graz ist.“
Ein heftig diskutiertes Thema ist das Sturm-Graz-Wappen mit dem Puntigamer Logo. Wie sieht der aktuelle Status aus?
Wir sind mit unserem Hauptsponsor in laufenden Gesprächen. Fakt ist, dass das Logo noch zwei Jahre an diesen Vertrag gebunden ist, also bis 2014. Wir halten uns an alle Verträge.
Und für den Tag danach?
Wir denken darüber nach, wie wir unsere Sponsoringeinnahmen strukturieren wollen und wie wir die Marke Sturm Graz am stärksten positionieren können. Entscheidend bei diesem Thema ist, dass wir uns bewusst sein müssen, dass wenn man über ein Jahrzehnt lang einen Namenssponsor hat, dadurch eine gewisse Sponsoringstruktur entstanden ist. Wenn man dies ändern will, muss man diese Struktur komplett umbauen. Das ist Arbeit. Auch die Faninitiativen haben hier immer eine Rechnung aufgestellt und nicht nur einfach den Verzicht gefordert – großen Respekt dafür.
Inwiefern ist Sturm Graz von direkten oder indirekten Subventionen abhängig. Gibt es bei Sturm auch Sponsoren wie etwa Wien Energie bei Rapid, wo eigentlich immer wieder gemunkelt wird, dass dieses Sponsoring politisch motiviert ist?
Von politischer Seite sind wir sicherlich der unabhängigste Verein in ganz Österreich, weil wir weder von der Stadt Graz noch vom Land Steiermark eine nennenswerte Förderung bekommen. Es ist nicht vor allzu langer Zeit eine halbe Million Euro an Akademieförderung gestrichen worden. Je nachdem wie man es sieht sind wir somit unabhängig aber dadurch sicher auch benachteiligt. Jeder Sponsor, der bei uns aktiv ist, kann die Sponsoringsumme über Werbewert mehr als rechtfertigen. Ich gehe daher davon aus, dass unsere Sponsorings keine politischen Hintergründe haben.
„Ich persönlich wünsche mir eine stärkere Bundesliga, die die Initiative ergreift bzw. die Initiative auch ergreifen darf.“
Nervt die Diskussion über politisch motivierte Sponsorings?
Man kommt wieder in die gesamtösterreichische Situation, dass die Allgemeinheit glaubt, in Wahrheit würde diesen Verein niemand sponsern. Von diesem Image können wir wegkommen, wir haben den Anspruch dies zu ändern. Es ist ein unglaubliches Arbeitsvolumen, das hier vor uns liegt. Wir können uns auch nicht hinsetzen und sagen, wir sind so arm und haben keine Sponsoren. Unsere Aufgabe ist es zu zeigen, wie attraktiv ein Sponsoring bei Sturm Graz ist.
Kommen wir zum neuen Trainer Peter Hyballa. Könnten Sie nochmal in ein paar kurzen Worten erklären, welche Gründe ausschlaggebend für die Verpflichtung waren?Wir wollten einen modernen Trainer mit einem akribischen Arbeitsstil, der sehr, sehr viel über moderne Trainingsmethoden weiß, der auch schon einiges gesehen hat, der mit jungen Spielern arbeiten kann. Was uns auch ganz wichtig war ist, dass er einen offensiven Fußball spielt. Entscheidend war auch, dass er einen positiven Zugang zu Menschen hat. Fußball ist ein kreatives Spiel, und kreative Dinge kann man nur tun, wenn man keine Angst hat. Da gehört auch Risiko dazu. Da braucht es einen entsprechenden Trainer, der dies unterstützt.
„Mir fehlt die gesamte strategische Ausrichtung. An was glauben wir als gesamte Liga? Was ist das Beste für uns? Das ist nicht nur eine Geldfrage.“
Was ist aus Sicht des Sturm-Geschäftsführers notwendig, damit sich die Bundesliga als Ganzes weiterentwickelt. Welche Wunschliste haben Sie an Pangl, Rinner & Co?
Ich persönlich wünsche mir eine stärkere Bundesliga, die die Initiative ergreift bzw. die Initiative auch ergreifen darf. Eine Liga, die ständig alles mit allen Präsidenten abstimmen und diskutieren muss, macht eine Liga nicht stark. Der Spruch mit den vielen Köchen, die den Brei verderben hat hier schon seine Berechtigung. Ich bin da auch bereit, als Klub Sturm Graz bei der einen oder anderen Sache Abstriche zu machen. Die Grundvoraussetzung für so einen Zugang ist, dass die Liga Glaubwürdigkeit hat, dass sie sich weiterentwickelt. Wir sind auch bereit, vermehrt daran teilzunehmen. Es bringt nichts, zum Beispiel Marketingaktionen nur mit den Wiener Klubs zu testen, weil diese am nächsten liegen. Wir möchten auch ein interessanter Ansprechpartner für die Liga sein. Ein erster Schritt ist uns mit der Eröffnung der neuen Saison in Graz gelungen.
Man hört es immer wieder zwischen den Zeilen durch: Je weiter es in den Westen geht, desto weniger bekommt man von der Bundesliga-Geschäftsstelle mit. Stimmt dieser Eindruck?
Ich bin da selbst noch zu wenig lang dabei, um das beurteilen zu können. Ich muss da selbst noch ein bisschen nachholen und in den kommenden Wochen auch nach Wien fahren, um die Geschäftsstelle noch besser kennenzulernen. Diese Kritik kann ich verstehen, aber das ist ein gesamtösterreichisches, nicht auf den Fußball bezogenes Phänomen. Natürlich kann man sich als Bundesliga überlegen, diverse Events, Besprechungen, etc. nicht nur in Wien stattfinden zu lassen. Wir wollen natürlich alle Bundesliga-Termine zu besetzen. Wenn wir aus Graz nach Wien anreisen, sind es insgesamt vier Stunden Reisezeit. Wenn ich aber bedenke, dass auch aus Innsbruck Personen anreisen, sind das schon 10 Stunden. Da kann ich dann fast zwei Arbeitstage einplanen. Das ist natürlich für Vereine, die nicht überbesetzt sind – und das sind die meisten in Österreich mit Ausnahme Red Bull Salzburg – eine Herausforderung.
„Ich sehe die Sportschau in Deutschland und ich sehe eine vergleichbare Sendung in Österreich. Da gibt es einen Qualitätsunterschied.“
Eine der wichtigsten Entscheidungen in den kommenden Wochen ist die Vergabe des TV-Vertrags aber der Saison 2013/14. Sie haben vorher angesprochen, dass zu viele Köche den Brei verderben. Könnte man dieses Sprichwort auch für das Vergabeverfahren anwenden?
Mir fehlt die gesamte strategische Ausrichtung. An was glauben wir als gesamte Liga? Was ist das Beste für uns? Das ist nicht nur eine Geldfrage. Als österreichischer Fernsehkonsument kann ich mir mehr Zusammenfassungen (Sportschau, etc.) der deutschen Bundesliga ansehen als von der österreichischen. Das ist sehr, sehr viel. Das deutsche Modell finde ich gut, die deutsche Bundesliga ist extrem stark, extrem verwurzelt. Man muss sich das ganz genau anschauen, weil in Österreich der Fußball nicht so verwurzelt und nicht so glaubwürdig ist. Man muss sich genau anschauen, was kommt an Umwegrentabilität herein. Was mir ein Anliegen ist: Es geht nicht nur darum, wer zahlt Geld, sondern in welcher Qualität werden die Sendungen produziert. Da gibt es Verbesserungspotenzial. Ich sehe die Sportschau in Deutschland und ich sehe eine vergleichbare Sendung in Österreich. Da gibt es einen Qualitätsunterschied. Manches ist natürlich in Österreich schwieriger, weil die Bilder aus den Stadien nicht so toll sind. Das überträgt sich natürlich auch auf die Qualität im Fernsehen.
Danke für das Interview!
Fotos freundlicherweise zur Verfügung gestellt von sturmtifo.com.
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