Salzburg geht unter, aber die Liga muss umdenken
Die 0:4-Niederlage gegen Metalist wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf Salzburg – die ganze Liga müsste umdenken, will sie auf Dauer international reüssieren. von Gerald Gossmann Aggressives Pressing liegt den Salzburgern nicht. Kann es auch nicht
Die 0:4-Niederlage gegen Metalist wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf Salzburg – die ganze Liga müsste umdenken, will sie auf Dauer international reüssieren.
von Gerald Gossmann
Aggressives Pressing liegt den Salzburgern nicht. Kann es auch nicht. Treffen sie doch im trüben Liga-Alltag ganz selten, vielleicht sogar nie, darauf. Die österreichische Bundesliga besteht aus leicht berechenbaren Klubs, die sich auf Pseudo-Strategien verlassen, mit denen man sich untereinander aber nicht wirklich weh tut. Das zeigte auch Wr. Neustadt gegen Rapid vergangenes Wochenende. Schöttel wartete auf eine Standardsituation, die Rapid vielleicht ins Spiel bringen würde. Stöger begnügte sich überhaupt wunschlos. Ein Fußballspiel gestalten, den Gegner zu Fehlern zwingen, aggressives Pressing – all das gibt es in Österreich nicht.
Welche spielerische, taktische Philosophie verfolgt Salzburg? Ich weiß es nicht. Welche Philosophie verfolgt Rapid? Schöttel erzählt zwar ständig von kreativem Spiel, das man auch mittels eintrainierten Spielzügen kreieren möchte. Am Feld ist davon wenig zu sehen. Da klaffen die Formationen auseinander, fehlt jeder Ansatz in Richtung internationales Anspruchsdenken, das Österreichs Klubs aber dringend benötigen würden, um nach vorne zu kommen. Österreichs Fußball bräuchte eine einheitliche Philosophie von Fußball.
Will man im modernen Fußball nur ein kleines Wörtchen mitreden, kommt man dabei um die Eckpunkte aggressives Pressing, schnelles Umschalten, hoch Verteidigen etc. (natürlich variabel auf den Gegner zugeschnitten) nicht herum.
Natürlich ist Salzburg überrascht über das Dauerpressing der Ukrainer. Natürlich folgt daraus ein Fehlpass nach dem anderen. Da hilft auch kein „Wir wollen euch kämpfen sehen“ der Zuschauer auf den Rängen, weil der Kampf gar nicht angenommen werden kann, weil er im Vorfeld verloren wurde. Wo eine taktische Philosophie fehlt, die den Weg zum Sieg ebnet, hilft auch kein plumper Kampf mehr.
Auf eine gemächlichen Tag des Gegners zu hoffen wird zu wenig sein
Paul Gludovatz forderte Marcel Koller dazu auf, seinen Blick doch vermehrt auf die Spieler der österreichischen Liga zu werfen, anstatt dauernd nach Deutschland zu schielen, in eine Liga die ohnehin überbewertet sei. Aber was kommt heraus, wenn Marcel Koller dem Wunsch von Gludovatz Folge leistet? Im Länderspiel gegen die Ukraine stand mit Franz Schiemer nur ein Nicht-Legionär auf dem Feld. Er war der einzige gestandene Bundesligaspieler und gab dabei ein Bild ab, das jenem der Salzburger-Kicker gegen Metalist ähnelte. Weil aggressives Pressing jeden Bundesligaspieler überfordert, weil er es schlichtweg nicht gewohnt ist, weil man sich einigelt in einer Liga, die glaubt darauf verzichten zu können, die glaubt, dass man gegen jeden Gegner auf Abwarten spielen kann, weil es das Risiko minimiert. In einer Liga, deren Öffentlichkeit glaubt, dass es sich um taktische Meisterleistungen handelt, wenn ein abwartend orientiertes Team gegen einen abwartenden Gegner triumphiert. All das funktioniert international aber nicht wirklich, jedenfalls dann nicht, wenn der Gegner aggressives Pressing spielt und schnell zwischen Defensive und Offensive umschaltet. Wie im Falle von Salzburg gegen Metalist.
Die Ausrede mancher Trainer, man könne sich nur an vorhandenem Spielermaterial orientieren und das ließe eben keine anderen Strategien zu, gilt dabei nicht. Gerade auf Klubebene können strategische Maßnahmen und eine Philosophie schneller umgesetzt werden, weil Zeit vorhanden ist. Würde eine funktionierende Strategie ausschließlich mit dem besseren Spielermaterial einhergehen, dürfte wohl M´Gladbach nicht zweimal über die Bayern triumphieren und um die CL-Plätze mitrittern. Weitere Beispiele gibt es zur Genüge.
Die österreichische Liga muss umdenken, wenn sie in Zukunft international weiterkommen will. Zu hoffen, dass der Gegner einen gemächlichen Tag erwischt hat oder mit einer gehörigen Portion Arroganz antritt, wird zu wenig sein. Ohne Strategie gegen moderne, offensive, detailverliebte Strategien wird das aber nicht gehen. Ohne Ligaumspannendes Umdenken auch nicht.
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