Marc Janko: 'Ohne Taktik geht gar nichts mehr'

Marc Janko im Interview mit 90minuten.at über den hohen Stellenwert von Taktik, die Unterschiede von Holland zu Österreich und warum er von Herbert Prohaska nicht objektiv bewertet wurde. von Gerald Gossmann aus Seefeld/Innsbruck (Tirol)     Salzburg, Tw

Marc Janko im Interview mit 90minuten.at über den hohen Stellenwert von Taktik, die Unterschiede von Holland zu Österreich und warum er von Herbert Prohaska nicht objektiv bewertet wurde.

von Gerald Gossmann aus Seefeld/Innsbruck (Tirol)

 

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Salzburg, Twente, Porto. Man könnte das als klugen, schrittweisen Weg bezeichnen. War das auch deine Überlegung?

Wenn ich so zurückblicke, war es schon meine Idee einmal einen Zwischenschritt zu machen. Obwohl das noch ein bisschen untertrieben ist, weil der Sprung von Österreich nach Holland schon ein großer Schritt war. Aber ich wollte von Salzburg nicht direkt in eine Topliga wechseln, auch wenn die Möglichkeit dagewesen wäre. Ich wollte zu einem guten Verein wechseln, der einerseits wirtschaftlich gut dasteht und international mitspielt. Da hat sich Twente gemeldet und ich habe mich dafür entschieden.


Wie schwer ist dir der Umstieg von der österreichischen auf die holländische Liga gefallen?

Es ist natürlich schnell ein Unterschied festzumachen in Sachen Technik, Spielschnelligkeit und auch im taktischen Bereich. Das heißt jetzt nicht, dass in Österreich gar nichts vorhanden ist, aber wenn ich es mit der Zeit in Holland vergleiche, dann wurde dort schon sehr viel taktisch gearbeitet in den Trainingseinheiten. Sehr viele taktische Schulungen und Theoriestunden fanden dort mit der Mannschaft statt und es wurde auch am Feld explizit erklärt, was der Trainer genau von einem will. Das ist rückbetrachtend eigentlich der größte Unterschied zu Österreich.


Ist es für dich als Spieler wichtig, dass du genaue Vorgaben bekommst vom Trainer?

Auf jeden Fall. Ich habe ja auch schon in Mannschaften gespielt, wo vom Trainer nicht viel Wert auf Taktik gelegt wurde. Aber der Fußball entwickelt sich dahin, dass man den Gegner früher unter Druck setzen will, dass die Wege zum Tor nicht mehr so lang sind. Und wenn man da jetzt nicht organisiert zum Pressing kommt, rennt man sich vorne als Stürmer die Lunge aus dem Leib, ohne, dass man effektiv Druck aufbauen kann. Aus meiner Warte sind taktische Vorgaben das um und auf im modernen Fußball aber auch für die Zukunft. Ohne Taktik geht, glaube ich, gar nichts mehr.



„Jeder im Team muss genau wissen was der andere macht"

 

Du hast nach der Bestellung von Marcel Koller davon gesprochen, dass du jetzt endlich deine Laufwege im Team kennst. Wie war das gemeint?

Ich habe das so gemeint, dass die Mannschaft jetzt genau weiß, wie wir pressen wollen. Also weniger, dass ich jetzt in der Offensive weiß wo ich hinrennen soll, sondern, dass wir als gesamte Mannschaft jetzt klar organisiert sind. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein Erfolg mit der österreichischen Nationalmannschaft nur über das kollektive Defensivverhalten möglich ist. Jeder muss wissen, was der andere genau macht. Und auch wie und wann man einen Gegner wo pressen muss, um den Ball zu gewinnen. Wenn man da keinen Plan hat und die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, dann rennt man fast immer im Kreis. Oft waren die Ballgewinne nur auf Zufall aufgebaut. Wenn man taktisch besser abgestimmt ist, kann man die Zufälle minimieren und das erhöht die Ballgewinne.

 

Das heißt: du hast einen Unterschied beim Wechsel von Constantini auf Koller bemerkt?

Jeder Trainer hat seine Eigenheiten, deshalb sind Vergleiche auch irgendwo unfair. Aber es ist halt offensichtlich – und das hat der Dietmar Constantini auch immer wieder betont – dass er nicht so viel Wert auf Taktik legt. Er ist halt eher den Weg über die Motivationsschiene gegangen, das ist sein gutes Recht. Er hat sicherlich auch manches gut gemacht, wenn ich zum Beispiel an David Alaba denke, dem er die Chance gegeben hat. Und heute spricht ganz Österreich über Alaba. Er war einer von denen, die ihn entdeckt und auch gefördert haben. Auch das muss erwähnt werden.

 

Teamchef Marcel Koller hat den Trainingsschwerpunkt auf die Defensive gelegt und Automatismen einstudiert. Bekommst du auch als Stürmer genaue Vorgaben?

Nein. Wie du richtig sagst, haben wir die letzten Tage dazu genützt, dass wir als ganze Mannschaft – und das fängt bei mir vorne an – versuchen, den Gegner auf eine Seite zu locken oder wenn ein Pass unsauber gespielt wird, dass wir den Gegner unter Druck setzen. Für uns ist es dadurch leichter, den Gegner zu Ballverlusten zu zwingen. Und das fängt vorne bei mir an. Bis jetzt hat nicht alles funktioniert, aber wir können darauf aufbauen. Ich glaube, dass wir als gesamte Mannschaft gut verteidigen müssen um zu Erfolgen zu kommen.

 


„Ich glaube nicht, dass ich von Prohaska objektiv bewertet wurde, sondern dass etwas anderes mitgespielt hat"

 

Du hast bei Salzburg 39 Treffer in einer Saison erzielt, bei Twente in jedem zweiten Spiel getroffen und auch bei Porto sofort genetzt. Herbert Prohaska sagt trotzdem: Marc Janko muss sich einmal wo durchsetzen. Was geht dir da durch den Kopf?

Ich kann mit dieser Aussage von ihm nichts anfangen. Wenn man sich meine Torstatistik und meine Einsatzzeiten ansieht, dann spricht das eine eindeutige Sprache. Da ist nicht viel mehr möglich. Ich glaube nicht, dass das von Prohaska objektiv bewertet war, sondern, dass da etwas anderes mitgespielt hat. Aber was das genau war, weiß ich auch nicht.

 

Warum denkst du, dass vor allem von Altinternationalen immer wieder Sticheleien in deine Richtung kommen?

Ich weiß es nicht. Aber da möchte ich mich auch gar nicht darauf einlassen. Sie haben sicher ihre Gründe, warum sie gewisse Sachen negativ sehen oder negativ sehen wollen. Ich sage immer: Statistik kann man nicht fälschen. Wenn ich in drei Jahren 10 Tore geschossen hätte, dann könnte ich so eine Aussage nachvollziehen. Aber so einen Torschnitt wie ich haben nicht viele Stürmer vorzuweisen.

 

Man hat in Österreich auch immer wieder den Eindruck, dass Trainer sich an ihren Spielern abputzen, wenn es nicht läuft. Das war auch zum Teil bei dir so. Ist es umgekehrt auch möglich, dass der Spieler intern Kritik am Trainer übt, wenn ihm im Training etwas fehlt?

Ich verfolge 90minuten.at regelmäßig und du hast letztens in deiner Kolumne richtig erwähnt, dass es in Österreich ein Tabu ist, den eigenen Trainer zu kritisieren. Und dem schließe ich mich an. So lange man zusammen arbeitet, sollte man Kritik intern schon kommunizieren können, aber nie so, dass man den Trainer vor der Mannschaft bloßstellt. So etwas geht nur in einem Vieraugen-Gespräch und man muss es ganz vorsichtig anschneiden. Da muss man einen guten Spagat zwischen Psychologie und der Wahrheit finden, weil nicht jeder Trainer sehr erfreut ist, wenn man ihm sagt, was er tun müsste. Aber im Endeffekt ist der Trainer das letzte Glied in der Kette, wie auch Dietmar Constantini immer gesagt hat, und daher verstehe ich auch, dass er sich nichts einreden lassen wollte.


Danke für das Gespräch.

 

g.gossmann@90minuten.at

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